Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.Dehnbarkeit, Streckbarkeit oft auch Zähigkeit, Geschmeidigkeit, Ductilitas, Ductilite. Die Eigenschaft der Körper, da man ihren Theilen allerley Lagen gegen einander geben kan, ohne daß sie ihren Zusammenhang unter einander verlieren. Die Theile dehnbarer oder zäher Körper müssen immer gleich stark zusammenhängen, man bringe sie, in welche Lage man immer wolle. So läst sich das Gold in die feinsten Fäden ziehen, und der nasse Thon oder das weiche Wachs in jede Gestalt drücken. Bey festen Körpern wird diese Eigenschaft in eigentlichem Verstande Dehnbarkeit, Streckbarkeit oder Geschmeidigkeit genannt, und der Sprödigkeit entgegen gesetzt; bey weichen Körpern, die sich der Natur der flüßigen nähern, heißt sie gewöhnlicher Zähigkeit. So nennt man die Metalle dehnbar oder geschmeidig, Thon und weiches oder geschmolzenes Wachs zähe. Die Metalle besitzen einen vorzüglich hohen Grad der Dehnbarkeit, und unter ihnen das Gold den stärksten. Es läst sich unter dem Hammer zu Blättchen strecken, deren Dicke nach Reaumur (Mem. de Paris, 1713.) nicht mehr als den dreyßigtausendsten Theil einer Pariser Linie beträgt. Bey der Verfertigung der Goldtressen, welche aus einem nur auf der Oberfläche vergoldeten Silberfaden bestehen, zeigt sich die Dehnbarkeit des aufliegenden Goldblättchens noch weit stärker. Es wird dabey eine 15 Lin. dicke und 22 Zoll lange Silberstange, welche 45 Mark wiegt, zu den gemeinen Lyonischen Tressen mit einer einzigen Unze Gold überzogen oder vergoldet. Diese Silberstange wird mit Gewalt durch mehrere runde Löcher in stählernen Platten gezogen, wovon das nächstfolgende immer enger, als das vorhergehende, ist. Sie wird dadurch nach und nach immer dünner und länger; dabey bleibt die Oberfläche jederzeit mit Gold bedeckt, und das Silber kömmt aus dem Innern nie unbedeckt hervor, bis zuletzt das Ganze ein sehr feiner vergoldeter Silberfaden wird. Reaumur berechnet (a. a. O.), daß die ganze Stange von 45 Mark dadurch in einen Faden ausgezogen werde, Dehnbarkeit, Streckbarkeit oft auch Zaͤhigkeit, Geſchmeidigkeit, Ductilitas, Ductilité. Die Eigenſchaft der Koͤrper, da man ihren Theilen allerley Lagen gegen einander geben kan, ohne daß ſie ihren Zuſammenhang unter einander verlieren. Die Theile dehnbarer oder zaͤher Koͤrper muͤſſen immer gleich ſtark zuſammenhaͤngen, man bringe ſie, in welche Lage man immer wolle. So laͤſt ſich das Gold in die feinſten Faͤden ziehen, und der naſſe Thon oder das weiche Wachs in jede Geſtalt druͤcken. Bey feſten Koͤrpern wird dieſe Eigenſchaft in eigentlichem Verſtande Dehnbarkeit, Streckbarkeit oder Geſchmeidigkeit genannt, und der Sproͤdigkeit entgegen geſetzt; bey weichen Koͤrpern, die ſich der Natur der fluͤßigen naͤhern, heißt ſie gewoͤhnlicher Zaͤhigkeit. So nennt man die Metalle dehnbar oder geſchmeidig, Thon und weiches oder geſchmolzenes Wachs zaͤhe. Die Metalle beſitzen einen vorzuͤglich hohen Grad der Dehnbarkeit, und unter ihnen das Gold den ſtaͤrkſten. Es laͤſt ſich unter dem Hammer zu Blaͤttchen ſtrecken, deren Dicke nach Reaumur (Mém. de Paris, 1713.) nicht mehr als den dreyßigtauſendſten Theil einer Pariſer Linie betraͤgt. Bey der Verfertigung der Goldtreſſen, welche aus einem nur auf der Oberflaͤche vergoldeten Silberfaden beſtehen, zeigt ſich die Dehnbarkeit des aufliegenden Goldblaͤttchens noch weit ſtaͤrker. Es wird dabey eine 15 Lin. dicke und 22 Zoll lange Silberſtange, welche 45 Mark wiegt, zu den gemeinen Lyoniſchen Treſſen mit einer einzigen Unze Gold uͤberzogen oder vergoldet. Dieſe Silberſtange wird mit Gewalt durch mehrere runde Loͤcher in ſtaͤhlernen Platten gezogen, wovon das naͤchſtfolgende immer enger, als das vorhergehende, iſt. Sie wird dadurch nach und nach immer duͤnner und laͤnger; dabey bleibt die Oberflaͤche jederzeit mit Gold bedeckt, und das Silber koͤmmt aus dem Innern nie unbedeckt hervor, bis zuletzt das Ganze ein ſehr feiner vergoldeter Silberfaden wird. Reaumur berechnet (a. a. 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Dehnbarkeit, Streckbarkeit
oft auch Zaͤhigkeit, Geſchmeidigkeit, Ductilitas, Ductilité. Die Eigenſchaft der Koͤrper, da man ihren Theilen allerley Lagen gegen einander geben kan, ohne daß ſie ihren Zuſammenhang unter einander verlieren. Die Theile dehnbarer oder zaͤher Koͤrper muͤſſen immer gleich ſtark zuſammenhaͤngen, man bringe ſie, in welche Lage man immer wolle. So laͤſt ſich das Gold in die feinſten Faͤden ziehen, und der naſſe Thon oder das weiche Wachs in jede Geſtalt druͤcken. Bey feſten Koͤrpern wird dieſe Eigenſchaft in eigentlichem Verſtande Dehnbarkeit, Streckbarkeit oder Geſchmeidigkeit genannt, und der Sproͤdigkeit entgegen geſetzt; bey weichen Koͤrpern, die ſich der Natur der fluͤßigen naͤhern, heißt ſie gewoͤhnlicher Zaͤhigkeit. So nennt man die Metalle dehnbar oder geſchmeidig, Thon und weiches oder geſchmolzenes Wachs zaͤhe.
Die Metalle beſitzen einen vorzuͤglich hohen Grad der Dehnbarkeit, und unter ihnen das Gold den ſtaͤrkſten. Es laͤſt ſich unter dem Hammer zu Blaͤttchen ſtrecken, deren Dicke nach Reaumur (Mém. de Paris, 1713.) nicht mehr als den dreyßigtauſendſten Theil einer Pariſer Linie betraͤgt. Bey der Verfertigung der Goldtreſſen, welche aus einem nur auf der Oberflaͤche vergoldeten Silberfaden beſtehen, zeigt ſich die Dehnbarkeit des aufliegenden Goldblaͤttchens noch weit ſtaͤrker. Es wird dabey eine 15 Lin. dicke und 22 Zoll lange Silberſtange, welche 45 Mark wiegt, zu den gemeinen Lyoniſchen Treſſen mit einer einzigen Unze Gold uͤberzogen oder vergoldet. Dieſe Silberſtange wird mit Gewalt durch mehrere runde Loͤcher in ſtaͤhlernen Platten gezogen, wovon das naͤchſtfolgende immer enger, als das vorhergehende, iſt. Sie wird dadurch nach und nach immer duͤnner und laͤnger; dabey bleibt die Oberflaͤche jederzeit mit Gold bedeckt, und das Silber koͤmmt aus dem Innern nie unbedeckt hervor, bis zuletzt das Ganze ein ſehr feiner vergoldeter Silberfaden wird. Reaumur berechnet (a. a. O.), daß die ganze Stange von 45 Mark dadurch in einen Faden ausgezogen werde,
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