Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Herr de Saussure vermuthet zu Folge der Versuche des Lavoisier (Mem. de Paris. 1777.), daß sowohl die Luftgattungen, als die Dämpfe, ihre Elasticität dem mit ihren übrigen Bestandtheilen verbundenen Elementarfeuer zu danken haben. Wenigstens ist nach ihm durch diese Versuche erwiesen, daß die Entbindung der Luftarten eben sowohl als die Erzeugung der Dämpfe eine beträchtliche Menge Elementarfeuer aufzehre, und daß man dieses Feuer deutlich wiederfinde, sobald beyderley Materien ihre Elasticität verlieren. Vielleicht, sagt er, sind Luftgattungen und Dämpfe nur dadurch verschieden, daß jene stärker und inniger, diese schwächer, mit dem Feuer verbunden sind. Die Luft scheint zu dieser Erzeugung der Dämpfe nichts beyzutragen; sie ist ihr vielmehr durch ihren Druck einigermaßen hinderlich. Die Entstehung der Dämpfe nemlich erfordert außer dem nöthigen Grade der Hitze auch einen gewissen Grad der Freyheit von äußerm Druck, so daß bey starkem Drucke eine große Hitze nöthig ist, um Dämpfe zu erzeugen, bey völlig aufgehobnem Drucke hingegen, wie z. B. im luftleeren Raume, eine geringe Wärme schon Dämpfe hervorbringt, daher auch das Quecksilber im Barometer, wo es ein Vacuum über sich hat, bey mäßiger Wärme verdampft. Aus eben dieser Ursache erfordert das Sieden oder Kochen, welches eine Folge der Verdampfung ist, desto mehr Hitze, wenn die zu kochende Materie eingeschlossen oder stärker gedrückt ist, da hingegen im luftleeren Raume das Wasser bey geringer Wärme kocht, s. Sieden. Der Druck der Atmosphäre setzt daher der Verdampfung jederzeit einigen Widerstand entgegen. Ist die Hitze stark genug, diesen oder jeden andern äußern Widerstand zu überwinden, so verwandlet sie das Wasser in einen ganz reinen elastischen Dampf, der die Luft aus den Gefäßen, worinn es kocht, austreibt, die Gefäße anfüllt, und bey anhaltendem Feuer, wodurch er sich immer mehr ausbreitet, die stärksten Wirkungen hervorbringen kan. Ist das Feuer oder die Wärme zu schwach,
Herr de Sauſſure vermuthet zu Folge der Verſuche des Lavoiſier (Mém. de Paris. 1777.), daß ſowohl die Luftgattungen, als die Daͤmpfe, ihre Elaſticitaͤt dem mit ihren uͤbrigen Beſtandtheilen verbundenen Elementarfeuer zu danken haben. Wenigſtens iſt nach ihm durch dieſe Verſuche erwieſen, daß die Entbindung der Luftarten eben ſowohl als die Erzeugung der Daͤmpfe eine betraͤchtliche Menge Elementarfeuer aufzehre, und daß man dieſes Feuer deutlich wiederfinde, ſobald beyderley Materien ihre Elaſticitaͤt verlieren. Vielleicht, ſagt er, ſind Luftgattungen und Daͤmpfe nur dadurch verſchieden, daß jene ſtaͤrker und inniger, dieſe ſchwaͤcher, mit dem Feuer verbunden ſind. Die Luft ſcheint zu dieſer Erzeugung der Daͤmpfe nichts beyzutragen; ſie iſt ihr vielmehr durch ihren Druck einigermaßen hinderlich. Die Entſtehung der Daͤmpfe nemlich erfordert außer dem noͤthigen Grade der Hitze auch einen gewiſſen Grad der Freyheit von aͤußerm Druck, ſo daß bey ſtarkem Drucke eine große Hitze noͤthig iſt, um Daͤmpfe zu erzeugen, bey voͤllig aufgehobnem Drucke hingegen, wie z. B. im luftleeren Raume, eine geringe Waͤrme ſchon Daͤmpfe hervorbringt, daher auch das Queckſilber im Barometer, wo es ein Vacuum uͤber ſich hat, bey maͤßiger Waͤrme verdampft. Aus eben dieſer Urſache erfordert das Sieden oder Kochen, welches eine Folge der Verdampfung iſt, deſto mehr Hitze, wenn die zu kochende Materie eingeſchloſſen oder ſtaͤrker gedruͤckt iſt, da hingegen im luftleeren Raume das Waſſer bey geringer Waͤrme kocht, ſ. Sieden. Der Druck der Atmoſphaͤre ſetzt daher der Verdampfung jederzeit einigen Widerſtand entgegen. Iſt die Hitze ſtark genug, dieſen oder jeden andern aͤußern Widerſtand zu uͤberwinden, ſo verwandlet ſie das Waſſer in einen ganz reinen elaſtiſchen Dampf, der die Luft aus den Gefaͤßen, worinn es kocht, austreibt, die Gefaͤße anfuͤllt, und bey anhaltendem Feuer, wodurch er ſich immer mehr ausbreitet, die ſtaͤrkſten Wirkungen hervorbringen kan. Iſt das Feuer oder die Waͤrme zu ſchwach, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0572" xml:id="P.1.558" n="558"/><lb/> woraus erhellet, daß jede Fluͤßigkeit durch einen gewiſſen Grad der Hitze in Daͤmpfe aufgeloͤſet werde.</p> <p>Herr <hi rendition="#b">de Sauſſure</hi> vermuthet zu Folge der Verſuche des <hi rendition="#b">Lavoiſier</hi> <hi rendition="#aq">(Mém. de Paris. 1777.),</hi> daß ſowohl die Luftgattungen, als die Daͤmpfe, ihre Elaſticitaͤt dem mit ihren uͤbrigen Beſtandtheilen verbundenen Elementarfeuer zu danken haben. Wenigſtens iſt nach ihm durch dieſe Verſuche erwieſen, daß die Entbindung der Luftarten eben ſowohl als die Erzeugung der Daͤmpfe eine betraͤchtliche Menge Elementarfeuer aufzehre, und daß man dieſes Feuer deutlich wiederfinde, ſobald beyderley Materien ihre Elaſticitaͤt verlieren. Vielleicht, ſagt er, ſind Luftgattungen und Daͤmpfe nur dadurch verſchieden, daß jene ſtaͤrker und inniger, dieſe ſchwaͤcher, mit dem Feuer verbunden ſind.</p> <p>Die <hi rendition="#b">Luft</hi> ſcheint zu dieſer Erzeugung der Daͤmpfe nichts beyzutragen; ſie iſt ihr vielmehr durch ihren Druck einigermaßen hinderlich. Die Entſtehung der Daͤmpfe nemlich erfordert außer dem noͤthigen Grade der Hitze auch einen gewiſſen Grad der Freyheit von aͤußerm Druck, ſo daß bey ſtarkem Drucke eine große Hitze noͤthig iſt, um Daͤmpfe zu erzeugen, bey voͤllig aufgehobnem Drucke hingegen, wie z. B. im luftleeren Raume, eine geringe Waͤrme ſchon Daͤmpfe hervorbringt, daher auch das Queckſilber im Barometer, wo es ein Vacuum uͤber ſich hat, bey maͤßiger Waͤrme verdampft. Aus eben dieſer Urſache erfordert das <hi rendition="#b">Sieden</hi> oder <hi rendition="#b">Kochen,</hi> welches eine Folge der Verdampfung iſt, deſto mehr Hitze, wenn die zu kochende Materie eingeſchloſſen oder ſtaͤrker gedruͤckt iſt, da hingegen im luftleeren Raume das Waſſer bey geringer Waͤrme kocht, <hi rendition="#b">ſ. Sieden.</hi> Der Druck der Atmoſphaͤre ſetzt daher der Verdampfung jederzeit einigen Widerſtand entgegen. Iſt die Hitze ſtark genug, dieſen oder jeden andern aͤußern Widerſtand zu uͤberwinden, ſo verwandlet ſie das Waſſer in einen ganz <hi rendition="#b">reinen elaſtiſchen Dampf,</hi> der die Luft aus den Gefaͤßen, worinn es kocht, austreibt, die Gefaͤße anfuͤllt, und bey anhaltendem Feuer, wodurch er ſich immer mehr ausbreitet, die ſtaͤrkſten Wirkungen hervorbringen kan. Iſt das Feuer oder die Waͤrme zu ſchwach,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [558/0572]
woraus erhellet, daß jede Fluͤßigkeit durch einen gewiſſen Grad der Hitze in Daͤmpfe aufgeloͤſet werde.
Herr de Sauſſure vermuthet zu Folge der Verſuche des Lavoiſier (Mém. de Paris. 1777.), daß ſowohl die Luftgattungen, als die Daͤmpfe, ihre Elaſticitaͤt dem mit ihren uͤbrigen Beſtandtheilen verbundenen Elementarfeuer zu danken haben. Wenigſtens iſt nach ihm durch dieſe Verſuche erwieſen, daß die Entbindung der Luftarten eben ſowohl als die Erzeugung der Daͤmpfe eine betraͤchtliche Menge Elementarfeuer aufzehre, und daß man dieſes Feuer deutlich wiederfinde, ſobald beyderley Materien ihre Elaſticitaͤt verlieren. Vielleicht, ſagt er, ſind Luftgattungen und Daͤmpfe nur dadurch verſchieden, daß jene ſtaͤrker und inniger, dieſe ſchwaͤcher, mit dem Feuer verbunden ſind.
Die Luft ſcheint zu dieſer Erzeugung der Daͤmpfe nichts beyzutragen; ſie iſt ihr vielmehr durch ihren Druck einigermaßen hinderlich. Die Entſtehung der Daͤmpfe nemlich erfordert außer dem noͤthigen Grade der Hitze auch einen gewiſſen Grad der Freyheit von aͤußerm Druck, ſo daß bey ſtarkem Drucke eine große Hitze noͤthig iſt, um Daͤmpfe zu erzeugen, bey voͤllig aufgehobnem Drucke hingegen, wie z. B. im luftleeren Raume, eine geringe Waͤrme ſchon Daͤmpfe hervorbringt, daher auch das Queckſilber im Barometer, wo es ein Vacuum uͤber ſich hat, bey maͤßiger Waͤrme verdampft. Aus eben dieſer Urſache erfordert das Sieden oder Kochen, welches eine Folge der Verdampfung iſt, deſto mehr Hitze, wenn die zu kochende Materie eingeſchloſſen oder ſtaͤrker gedruͤckt iſt, da hingegen im luftleeren Raume das Waſſer bey geringer Waͤrme kocht, ſ. Sieden. Der Druck der Atmoſphaͤre ſetzt daher der Verdampfung jederzeit einigen Widerſtand entgegen. Iſt die Hitze ſtark genug, dieſen oder jeden andern aͤußern Widerſtand zu uͤberwinden, ſo verwandlet ſie das Waſſer in einen ganz reinen elaſtiſchen Dampf, der die Luft aus den Gefaͤßen, worinn es kocht, austreibt, die Gefaͤße anfuͤllt, und bey anhaltendem Feuer, wodurch er ſich immer mehr ausbreitet, die ſtaͤrkſten Wirkungen hervorbringen kan. Iſt das Feuer oder die Waͤrme zu ſchwach,
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