Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.Es scheint sich aus den bisherigen Beobachtungen und Versuchen der Grundsatz zu ergeben: daß der Zusammenhang desto stärker sey, je größer die Menge der Berührungspunkte ist. Wenigstens trift dieser Satz bey zween verschiedenen Körpern zu, welche einander mit glatten Flächen berühren. Diese hängen jederzeit desto stärker zusammen, je glätter die Flächen sind, oder je stärker man durch andere Mittel die Menge der Punkte, an welchen sie sich berühren, vermehrt hat. Man nehme z. B. zween massive Cylinder von Bley, deren Durchmesser etwa 2 Lin. beträgt, schabe mit einem scharfen Messer die Grundfläche glatt, und drücke sie mit einiger Wendung zusammen. Sie werden sogleich an einander anhangen, und man wird bis über 20 Pfund Gewicht brauchen, um sie aus einander zu reißen. Noch fester verbinden sie sich, wenn man eine flüßige Materie zwischen die Grundflächen bringt, welche die noch rauhen Theile ausfüllt und die Berührungspunkte vermehret. Man weiß, daß die erdigten Theile der Pflanzen durch eine ölichte Materie verbunden sind, die sie nicht durchs Trocknen oder Kochen, wohl aber durchs Verbrennen verlieren. Daher scheint auch der Zusammenhang, der sich beym Trocknen und Kochen nicht verliert, durch die Verbrennung aufgehoben zu werden. Knochen, im Papinischen Digestor gekocht, werden sehr weich und zerbrechlich, in Oel getaucht aber erhalten sie ihre vorige Consistenz wieder. Musschenbroek nahm Cylinder von verschiedenen Metallen, deren Durchmesser (1 11/12) rheinländ. Zoll betrug, tauchte sie mit ihren Grundflächen in geschmolzenes Pech, setzte sie dann an einander und ließ sie erkalten. An jedem Cylinder war ein eiserner Haken, durch welchen ein (3/10) Zoll dicker Ring gieng. Er hieng den einen Cylinder an seinem Ringe auf, und brachte an den Ring des untern Gewichte. Die messingenen Cylinder hielten eine Last von 1400 Pfunden, wovon Ringe und Haken abrissen, die Cylinder aber beysammen blieben (Introd. ad cohaerent. corp. firm. c. I. §. 5.). Es ſcheint ſich aus den bisherigen Beobachtungen und Verſuchen der Grundſatz zu ergeben: daß der Zuſammenhang deſto ſtaͤrker ſey, je groͤßer die Menge der Beruͤhrungspunkte iſt. Wenigſtens trift dieſer Satz bey zween verſchiedenen Koͤrpern zu, welche einander mit glatten Flaͤchen beruͤhren. Dieſe haͤngen jederzeit deſto ſtaͤrker zuſammen, je glaͤtter die Flaͤchen ſind, oder je ſtaͤrker man durch andere Mittel die Menge der Punkte, an welchen ſie ſich beruͤhren, vermehrt hat. Man nehme z. B. zween maſſive Cylinder von Bley, deren Durchmeſſer etwa 2 Lin. betraͤgt, ſchabe mit einem ſcharfen Meſſer die Grundflaͤche glatt, und druͤcke ſie mit einiger Wendung zuſammen. Sie werden ſogleich an einander anhangen, und man wird bis uͤber 20 Pfund Gewicht brauchen, um ſie aus einander zu reißen. Noch feſter verbinden ſie ſich, wenn man eine fluͤßige Materie zwiſchen die Grundflaͤchen bringt, welche die noch rauhen Theile ausfuͤllt und die Beruͤhrungspunkte vermehret. Man weiß, daß die erdigten Theile der Pflanzen durch eine oͤlichte Materie verbunden ſind, die ſie nicht durchs Trocknen oder Kochen, wohl aber durchs Verbrennen verlieren. Daher ſcheint auch der Zuſammenhang, der ſich beym Trocknen und Kochen nicht verliert, durch die Verbrennung aufgehoben zu werden. Knochen, im Papiniſchen Digeſtor gekocht, werden ſehr weich und zerbrechlich, in Oel getaucht aber erhalten ſie ihre vorige Conſiſtenz wieder. Muſſchenbroek nahm Cylinder von verſchiedenen Metallen, deren Durchmeſſer (1 11/12) rheinlaͤnd. Zoll betrug, tauchte ſie mit ihren Grundflaͤchen in geſchmolzenes Pech, ſetzte ſie dann an einander und ließ ſie erkalten. An jedem Cylinder war ein eiſerner Haken, durch welchen ein (3/10) Zoll dicker Ring gieng. Er hieng den einen Cylinder an ſeinem Ringe auf, und brachte an den Ring des untern Gewichte. Die meſſingenen Cylinder hielten eine Laſt von 1400 Pfunden, wovon Ringe und Haken abriſſen, die Cylinder aber beyſammen blieben (Introd. ad cohaerent. corp. firm. c. I. §. 5.). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p> <pb facs="#f0533" xml:id="P.1.519" n="519"/><lb/> </p> <p>Es ſcheint ſich aus den bisherigen Beobachtungen und Verſuchen der Grundſatz zu ergeben: daß <hi rendition="#b">der Zuſammenhang deſto ſtaͤrker ſey, je groͤßer die Menge der Beruͤhrungspunkte iſt.</hi> Wenigſtens trift dieſer Satz bey zween verſchiedenen Koͤrpern zu, welche einander mit glatten Flaͤchen beruͤhren. Dieſe haͤngen jederzeit deſto ſtaͤrker zuſammen, je glaͤtter die Flaͤchen ſind, oder je ſtaͤrker man durch andere Mittel die Menge der Punkte, an welchen ſie ſich beruͤhren, vermehrt hat.</p> <p>Man nehme z. B. zween maſſive Cylinder von Bley, deren Durchmeſſer etwa 2 Lin. betraͤgt, ſchabe mit einem ſcharfen Meſſer die Grundflaͤche glatt, und druͤcke ſie mit einiger Wendung zuſammen. Sie werden ſogleich an einander anhangen, und man wird bis uͤber 20 Pfund Gewicht brauchen, um ſie aus einander zu reißen. Noch feſter verbinden ſie ſich, wenn man eine fluͤßige Materie zwiſchen die Grundflaͤchen bringt, welche die noch rauhen Theile ausfuͤllt und die Beruͤhrungspunkte vermehret. Man weiß, daß die erdigten Theile der Pflanzen durch eine oͤlichte Materie verbunden ſind, die ſie nicht durchs Trocknen oder Kochen, wohl aber durchs Verbrennen verlieren. Daher ſcheint auch der Zuſammenhang, der ſich beym Trocknen und Kochen nicht verliert, durch die Verbrennung aufgehoben zu werden. Knochen, im Papiniſchen Digeſtor gekocht, werden ſehr weich und zerbrechlich, in Oel getaucht aber erhalten ſie ihre vorige Conſiſtenz wieder.</p> <p><hi rendition="#b">Muſſchenbroek</hi> nahm Cylinder von verſchiedenen Metallen, deren Durchmeſſer (1 11/12) rheinlaͤnd. Zoll betrug, tauchte ſie mit ihren Grundflaͤchen in geſchmolzenes Pech, ſetzte ſie dann an einander und ließ ſie erkalten. An jedem Cylinder war ein eiſerner Haken, durch welchen ein (3/10) Zoll dicker Ring gieng. Er hieng den einen Cylinder an ſeinem Ringe auf, und brachte an den Ring des untern Gewichte. Die meſſingenen Cylinder hielten eine Laſt von 1400 Pfunden, wovon Ringe und Haken abriſſen, die Cylinder aber beyſammen blieben <hi rendition="#aq">(Introd. ad cohaerent. corp. firm. c. I. §. 5.).</hi><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [519/0533]
Es ſcheint ſich aus den bisherigen Beobachtungen und Verſuchen der Grundſatz zu ergeben: daß der Zuſammenhang deſto ſtaͤrker ſey, je groͤßer die Menge der Beruͤhrungspunkte iſt. Wenigſtens trift dieſer Satz bey zween verſchiedenen Koͤrpern zu, welche einander mit glatten Flaͤchen beruͤhren. Dieſe haͤngen jederzeit deſto ſtaͤrker zuſammen, je glaͤtter die Flaͤchen ſind, oder je ſtaͤrker man durch andere Mittel die Menge der Punkte, an welchen ſie ſich beruͤhren, vermehrt hat.
Man nehme z. B. zween maſſive Cylinder von Bley, deren Durchmeſſer etwa 2 Lin. betraͤgt, ſchabe mit einem ſcharfen Meſſer die Grundflaͤche glatt, und druͤcke ſie mit einiger Wendung zuſammen. Sie werden ſogleich an einander anhangen, und man wird bis uͤber 20 Pfund Gewicht brauchen, um ſie aus einander zu reißen. Noch feſter verbinden ſie ſich, wenn man eine fluͤßige Materie zwiſchen die Grundflaͤchen bringt, welche die noch rauhen Theile ausfuͤllt und die Beruͤhrungspunkte vermehret. Man weiß, daß die erdigten Theile der Pflanzen durch eine oͤlichte Materie verbunden ſind, die ſie nicht durchs Trocknen oder Kochen, wohl aber durchs Verbrennen verlieren. Daher ſcheint auch der Zuſammenhang, der ſich beym Trocknen und Kochen nicht verliert, durch die Verbrennung aufgehoben zu werden. Knochen, im Papiniſchen Digeſtor gekocht, werden ſehr weich und zerbrechlich, in Oel getaucht aber erhalten ſie ihre vorige Conſiſtenz wieder.
Muſſchenbroek nahm Cylinder von verſchiedenen Metallen, deren Durchmeſſer (1 11/12) rheinlaͤnd. Zoll betrug, tauchte ſie mit ihren Grundflaͤchen in geſchmolzenes Pech, ſetzte ſie dann an einander und ließ ſie erkalten. An jedem Cylinder war ein eiſerner Haken, durch welchen ein (3/10) Zoll dicker Ring gieng. Er hieng den einen Cylinder an ſeinem Ringe auf, und brachte an den Ring des untern Gewichte. Die meſſingenen Cylinder hielten eine Laſt von 1400 Pfunden, wovon Ringe und Haken abriſſen, die Cylinder aber beyſammen blieben (Introd. ad cohaerent. corp. firm. c. I. §. 5.).
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |