Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Inzwischen will ich gegen die einmal angenommene Benennung nicht streiten, nur erinnern, daß Centrifugalkraft zu einer andern Classe von Ursachen, als Centripetalkraft, gehöre, und daß es undeutliche Begriffe veranlasse, wenn man beyde so unbedingt und ohne weitere Erklärung unter dem Namen der Centralkräfte zusammenstellet. So sehr ich die unangenehmen Folgen dieser Undeutlichkeit selbst empfunden habe, so ist mir doch der Name Schwungkraft wegen der schönen Erfindungen, auf die er geführt hat, werth geworden. Ich würde ihn, als Ausdruck eines mathematischen zum Behuf der Rechnung angenommenen Begrifs, nicht hingeben, wenn ich auch abgeneigt wäre, das, was damit bezeichnet wird, physikalisch für eine Kraft im gewöhnlichen Sinne dieses Worts zu erkennen. Man könnte es vielleicht Schwung um C, Schwung um A u. s. f. nennen, und als den Theil der Bewegung ansehen, welcher den Körper von C, von A rc. während des Zeittheils dt weiter entfernt; übrigens aber nach Newtons und Eulers Beyspiele nur von einer Centralkraft der vi centripeta reden. Eentralkräfte bey der Kreisbewegung.

Bey der 'Kreisbewegung ist, wie im Artikel: Centralbewegung, schon erwiesen worden, die Centripetalkraft f = (c/2ga), wenn c die Geschwindigkeit, a den Halbmesser des Kreises bedeutet. Nach den obigen Sätzen ist die Schwungkraft auch =(c/2ga). Daher sind bey der Kreisbewegung beyde Kräfte gleich.

Hieraus ist schon bey dem Worte: Centralbewegung, gefolgert worden, daß sich die Schwungkraft um den Mittelpunkt des Kreises zur Schwere, wie die doppelte der Geschwindigkeit zugehörige Höhe zum Halbmesser, verhalte.

Um dies mit Ausdrücken, die bey andern Schriftstellern vorkommen, vergleichen zu können, ist zu bemerken:


Inzwiſchen will ich gegen die einmal angenommene Benennung nicht ſtreiten, nur erinnern, daß Centrifugalkraft zu einer andern Claſſe von Urſachen, als Centripetalkraft, gehoͤre, und daß es undeutliche Begriffe veranlaſſe, wenn man beyde ſo unbedingt und ohne weitere Erklaͤrung unter dem Namen der Centralkraͤfte zuſammenſtellet. So ſehr ich die unangenehmen Folgen dieſer Undeutlichkeit ſelbſt empfunden habe, ſo iſt mir doch der Name Schwungkraft wegen der ſchoͤnen Erfindungen, auf die er gefuͤhrt hat, werth geworden. Ich wuͤrde ihn, als Ausdruck eines mathematiſchen zum Behuf der Rechnung angenommenen Begrifs, nicht hingeben, wenn ich auch abgeneigt waͤre, das, was damit bezeichnet wird, phyſikaliſch fuͤr eine Kraft im gewoͤhnlichen Sinne dieſes Worts zu erkennen. Man koͤnnte es vielleicht Schwung um C, Schwung um A u. ſ. f. nennen, und als den Theil der Bewegung anſehen, welcher den Koͤrper von C, von A rc. waͤhrend des Zeittheils dt weiter entfernt; uͤbrigens aber nach Newtons und Eulers Beyſpiele nur von einer Centralkraft der vi centripeta reden. Eentralkraͤfte bey der Kreisbewegung.

Bey der 'Kreisbewegung iſt, wie im Artikel: Centralbewegung, ſchon erwieſen worden, die Centripetalkraft f = (c/2ga), wenn c die Geſchwindigkeit, a den Halbmeſſer des Kreiſes bedeutet. Nach den obigen Saͤtzen iſt die Schwungkraft auch =(c/2ga). Daher ſind bey der Kreisbewegung beyde Kraͤfte gleich.

Hieraus iſt ſchon bey dem Worte: Centralbewegung, gefolgert worden, daß ſich die Schwungkraft um den Mittelpunkt des Kreiſes zur Schwere, wie die doppelte der Geſchwindigkeit zugehoͤrige Hoͤhe zum Halbmeſſer, verhalte.

Um dies mit Ausdruͤcken, die bey andern Schriftſtellern vorkommen, vergleichen zu koͤnnen, iſt zu bemerken:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p>
            <pb facs="#f0509" xml:id="P.1.495" n="495"/><lb/>
          </p>
          <p>Inzwi&#x017F;chen will ich gegen die einmal angenommene Benennung nicht &#x017F;treiten, nur erinnern, daß Centrifugalkraft zu einer andern Cla&#x017F;&#x017F;e von Ur&#x017F;achen, als Centripetalkraft, geho&#x0364;re, und daß es undeutliche Begriffe veranla&#x017F;&#x017F;e, wenn man beyde &#x017F;o unbedingt und ohne weitere Erkla&#x0364;rung unter dem Namen der <hi rendition="#b">Centralkra&#x0364;fte</hi> zu&#x017F;ammen&#x017F;tellet. So &#x017F;ehr ich die unangenehmen Folgen die&#x017F;er Undeutlichkeit &#x017F;elb&#x017F;t empfunden habe, &#x017F;o i&#x017F;t mir doch der Name Schwungkraft wegen der &#x017F;cho&#x0364;nen Erfindungen, auf die er gefu&#x0364;hrt hat, werth geworden. Ich wu&#x0364;rde ihn, als Ausdruck eines mathemati&#x017F;chen zum Behuf der Rechnung angenommenen Begrifs, nicht hingeben, wenn ich auch abgeneigt wa&#x0364;re, das, was damit bezeichnet wird, phy&#x017F;ikali&#x017F;ch fu&#x0364;r eine Kraft im gewo&#x0364;hnlichen Sinne die&#x017F;es Worts zu erkennen. Man ko&#x0364;nnte es vielleicht <hi rendition="#b">Schwung</hi> um <hi rendition="#aq">C,</hi> Schwung um <hi rendition="#aq">A</hi> u. &#x017F;. f. nennen, und als den Theil der Bewegung an&#x017F;ehen, welcher den Ko&#x0364;rper von <hi rendition="#aq">C,</hi> von <hi rendition="#aq">A</hi> rc. wa&#x0364;hrend des Zeittheils <hi rendition="#aq">dt</hi> weiter entfernt; u&#x0364;brigens aber nach <hi rendition="#b">Newtons</hi> und <hi rendition="#b">Eulers</hi> Bey&#x017F;piele nur <hi rendition="#b">von einer</hi> Centralkraft der <hi rendition="#aq">vi centripeta</hi> reden. <hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Eentralkra&#x0364;fte bey der Kreisbewegung.</hi></hi></p>
          <p>Bey der 'Kreisbewegung i&#x017F;t, wie im Artikel: <hi rendition="#b">Centralbewegung,</hi> &#x017F;chon erwie&#x017F;en worden, die <hi rendition="#b">Centripetalkraft</hi> <hi rendition="#aq">f = (c/2ga),</hi> wenn <hi rendition="#aq">c</hi> die Ge&#x017F;chwindigkeit, <hi rendition="#aq">a</hi> den Halbme&#x017F;&#x017F;er des Krei&#x017F;es bedeutet. Nach den obigen Sa&#x0364;tzen i&#x017F;t die Schwungkraft auch <hi rendition="#aq">=(c/2ga).</hi> Daher &#x017F;ind bey der Kreisbewegung beyde Kra&#x0364;fte gleich.</p>
          <p>Hieraus i&#x017F;t &#x017F;chon bey dem Worte: <hi rendition="#b">Centralbewegung,</hi> gefolgert worden, daß &#x017F;ich die Schwungkraft um den Mittelpunkt des Krei&#x017F;es zur Schwere, wie die doppelte der Ge&#x017F;chwindigkeit zugeho&#x0364;rige Ho&#x0364;he zum Halbme&#x017F;&#x017F;er, verhalte.</p>
          <p>Um dies mit Ausdru&#x0364;cken, die bey andern Schrift&#x017F;tellern vorkommen, vergleichen zu ko&#x0364;nnen, i&#x017F;t zu bemerken:<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[495/0509] Inzwiſchen will ich gegen die einmal angenommene Benennung nicht ſtreiten, nur erinnern, daß Centrifugalkraft zu einer andern Claſſe von Urſachen, als Centripetalkraft, gehoͤre, und daß es undeutliche Begriffe veranlaſſe, wenn man beyde ſo unbedingt und ohne weitere Erklaͤrung unter dem Namen der Centralkraͤfte zuſammenſtellet. So ſehr ich die unangenehmen Folgen dieſer Undeutlichkeit ſelbſt empfunden habe, ſo iſt mir doch der Name Schwungkraft wegen der ſchoͤnen Erfindungen, auf die er gefuͤhrt hat, werth geworden. Ich wuͤrde ihn, als Ausdruck eines mathematiſchen zum Behuf der Rechnung angenommenen Begrifs, nicht hingeben, wenn ich auch abgeneigt waͤre, das, was damit bezeichnet wird, phyſikaliſch fuͤr eine Kraft im gewoͤhnlichen Sinne dieſes Worts zu erkennen. Man koͤnnte es vielleicht Schwung um C, Schwung um A u. ſ. f. nennen, und als den Theil der Bewegung anſehen, welcher den Koͤrper von C, von A rc. waͤhrend des Zeittheils dt weiter entfernt; uͤbrigens aber nach Newtons und Eulers Beyſpiele nur von einer Centralkraft der vi centripeta reden. Eentralkraͤfte bey der Kreisbewegung. Bey der 'Kreisbewegung iſt, wie im Artikel: Centralbewegung, ſchon erwieſen worden, die Centripetalkraft f = (c/2ga), wenn c die Geſchwindigkeit, a den Halbmeſſer des Kreiſes bedeutet. Nach den obigen Saͤtzen iſt die Schwungkraft auch =(c/2ga). Daher ſind bey der Kreisbewegung beyde Kraͤfte gleich. Hieraus iſt ſchon bey dem Worte: Centralbewegung, gefolgert worden, daß ſich die Schwungkraft um den Mittelpunkt des Kreiſes zur Schwere, wie die doppelte der Geſchwindigkeit zugehoͤrige Hoͤhe zum Halbmeſſer, verhalte. Um dies mit Ausdruͤcken, die bey andern Schriftſtellern vorkommen, vergleichen zu koͤnnen, iſt zu bemerken:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/509
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/509>, abgerufen am 25.11.2024.