Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Brillen, Perspicilla, Lunettes, Besicles. Erhaben geschliffene Gläser, deren sich die Weitsichtigen oder Presbyten bedienen, um nahe Gegenstände deutlich zu sehen. Der Fehler weitsichtiger Augen oder die Presbyopie besteht darinn, daß in Vergleichung mit der allzuschwachen Brechung durch die Krystallinse die Markhaut nicht entfernt genug liegt, um die Bilder naher Gegenstände aufzunehmen. Die Punkte naher Gegenstände nemlich senden auf den Augenstern Stralen, welche starkdivergiren, deren Vereinigungspunkt also weit hinter der Krystallinse liegt, daher sie die allzunahe Markhaut erreichen, noch ehe sie sich vereiniget haben, s. Auge. Erhabne Gläser vermindern diese Divergenz der Stralen, daher wird das Vorhalten einer Brille die Vereinigungspunkte der Stralen von nahen Punkten weiter vorwärts und der Markhaut des Presbyten näher bringen, und ihm also das deutliche Sehen naher Gegenstände erleichtern. Ein erhabnes Glas, dessen Brennweite=f ist, bringt Stralen aus einem um die Weite b entlegnen Punkte in der Vereinigungsweite (bf/b--f) zusammen, s. Linsengläser. Nun sey die Weite, auf welche das bloße Auge eines Presbyten deutlich sieht (distantia visionis distinctae), = d, so bedarf er eines Glases, das, von nahen Gegenständen um die Weite b abgehalten, ihm die Stralen so ins Auge bringe, als ob sie aus der Weite d kämen, d. i. eines Glases, dessen vorwärts liegende oder negative Vereinigungsweite = d ist. Für ein solches Glas muß demnach (--bf/b--f)=d seyn, woraus f=(bd/d--b) folgt; oder der Presbyt muß Brillengläser gebrauchen, deren Brennweite gleich ist dem Producte der Weite des deutlichen Sehens in die Weite des Gegenstands
Brillen, Perſpicilla, Lunettes, Beſicles. Erhaben geſchliffene Glaͤſer, deren ſich die Weitſichtigen oder Presbyten bedienen, um nahe Gegenſtaͤnde deutlich zu ſehen. Der Fehler weitſichtiger Augen oder die Presbyopie beſteht darinn, daß in Vergleichung mit der allzuſchwachen Brechung durch die Kryſtallinſe die Markhaut nicht entfernt genug liegt, um die Bilder naher Gegenſtaͤnde aufzunehmen. Die Punkte naher Gegenſtaͤnde nemlich ſenden auf den Augenſtern Stralen, welche ſtarkdivergiren, deren Vereinigungspunkt alſo weit hinter der Kryſtallinſe liegt, daher ſie die allzunahe Markhaut erreichen, noch ehe ſie ſich vereiniget haben, ſ. Auge. Erhabne Glaͤſer vermindern dieſe Divergenz der Stralen, daher wird das Vorhalten einer Brille die Vereinigungspunkte der Stralen von nahen Punkten weiter vorwaͤrts und der Markhaut des Presbyten naͤher bringen, und ihm alſo das deutliche Sehen naher Gegenſtaͤnde erleichtern. Ein erhabnes Glas, deſſen Brennweite=f iſt, bringt Stralen aus einem um die Weite b entlegnen Punkte in der Vereinigungsweite (bf/b—f) zuſammen, ſ. Linſenglaͤſer. Nun ſey die Weite, auf welche das bloße Auge eines Presbyten deutlich ſieht (diſtantia viſionis diſtinctae), = d, ſo bedarf er eines Glaſes, das, von nahen Gegenſtaͤnden um die Weite b abgehalten, ihm die Stralen ſo ins Auge bringe, als ob ſie aus der Weite d kaͤmen, d. i. eines Glaſes, deſſen vorwaͤrts liegende oder negative Vereinigungsweite = d iſt. Fuͤr ein ſolches Glas muß demnach (—bf/b—f)=d ſeyn, woraus f=(bd/d—b) folgt; oder der Presbyt muß Brillenglaͤſer gebrauchen, deren Brennweite gleich iſt dem Producte der Weite des deutlichen Sehens in die Weite des Gegenſtands <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0476" xml:id="P.1.462" n="462"/><lb/> oder ein Licht erleuchtet, einigermaßen als eine Abbildung angeſehen werden kan.</p> </div> <div n="2"> <head>Brillen, <name type="subjectIndexTerm"><foreign xml:lang="lat"><hi rendition="#aq">Perſpicilla</hi></foreign></name>, <name type="subjectIndexTerm"><foreign xml:lang="fra"><hi rendition="#aq #i">Lunettes, Beſicles</hi></foreign></name>.</head><lb/> <p>Erhaben geſchliffene Glaͤſer, deren ſich die Weitſichtigen oder Presbyten bedienen, um nahe Gegenſtaͤnde deutlich zu ſehen.</p> <p>Der Fehler weitſichtiger Augen oder die Presbyopie beſteht darinn, daß in Vergleichung mit der allzuſchwachen Brechung durch die Kryſtallinſe die Markhaut nicht entfernt genug liegt, um die Bilder naher Gegenſtaͤnde aufzunehmen. Die Punkte naher Gegenſtaͤnde nemlich ſenden auf den Augenſtern Stralen, welche ſtarkdivergiren, deren Vereinigungspunkt alſo weit hinter der Kryſtallinſe liegt, daher ſie die allzunahe Markhaut erreichen, noch ehe ſie ſich vereiniget haben, <hi rendition="#b">ſ. Auge.</hi> Erhabne Glaͤſer vermindern dieſe Divergenz der Stralen, daher wird das Vorhalten einer Brille die Vereinigungspunkte der Stralen von nahen Punkten weiter vorwaͤrts und der Markhaut des Presbyten naͤher bringen, und ihm alſo das deutliche Sehen naher Gegenſtaͤnde erleichtern.</p> <p>Ein erhabnes Glas, deſſen Brennweite<hi rendition="#aq">=f</hi> iſt, bringt Stralen aus einem um die Weite <hi rendition="#aq">b</hi> entlegnen Punkte in der Vereinigungsweite <hi rendition="#aq">(bf/b—f)</hi> zuſammen, <hi rendition="#b">ſ. Linſenglaͤſer.</hi> Nun ſey die Weite, auf welche das bloße Auge eines Presbyten deutlich ſieht <hi rendition="#aq">(diſtantia viſionis diſtinctae), = d,</hi> ſo bedarf er eines Glaſes, das, von nahen Gegenſtaͤnden um die Weite <hi rendition="#aq">b</hi> abgehalten, ihm die Stralen ſo ins Auge bringe, als ob ſie aus der Weite <hi rendition="#aq">d</hi> kaͤmen, d. i. eines Glaſes, deſſen <hi rendition="#b">vorwaͤrts</hi> liegende oder negative Vereinigungsweite <hi rendition="#aq">= d</hi> iſt. Fuͤr ein ſolches Glas muß demnach <hi rendition="#aq">(—bf/b—f)=d</hi> ſeyn, woraus <hi rendition="#aq">f=(bd/d—b)</hi> folgt; oder der Presbyt muß Brillenglaͤſer gebrauchen, deren <hi rendition="#b">Brennweite</hi> gleich iſt <hi rendition="#b">dem Producte der Weite des deutlichen Sehens</hi> in <hi rendition="#b">die Weite des Gegenſtands<lb/></hi></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [462/0476]
oder ein Licht erleuchtet, einigermaßen als eine Abbildung angeſehen werden kan.
Brillen, Perſpicilla, Lunettes, Beſicles.
Erhaben geſchliffene Glaͤſer, deren ſich die Weitſichtigen oder Presbyten bedienen, um nahe Gegenſtaͤnde deutlich zu ſehen.
Der Fehler weitſichtiger Augen oder die Presbyopie beſteht darinn, daß in Vergleichung mit der allzuſchwachen Brechung durch die Kryſtallinſe die Markhaut nicht entfernt genug liegt, um die Bilder naher Gegenſtaͤnde aufzunehmen. Die Punkte naher Gegenſtaͤnde nemlich ſenden auf den Augenſtern Stralen, welche ſtarkdivergiren, deren Vereinigungspunkt alſo weit hinter der Kryſtallinſe liegt, daher ſie die allzunahe Markhaut erreichen, noch ehe ſie ſich vereiniget haben, ſ. Auge. Erhabne Glaͤſer vermindern dieſe Divergenz der Stralen, daher wird das Vorhalten einer Brille die Vereinigungspunkte der Stralen von nahen Punkten weiter vorwaͤrts und der Markhaut des Presbyten naͤher bringen, und ihm alſo das deutliche Sehen naher Gegenſtaͤnde erleichtern.
Ein erhabnes Glas, deſſen Brennweite=f iſt, bringt Stralen aus einem um die Weite b entlegnen Punkte in der Vereinigungsweite (bf/b—f) zuſammen, ſ. Linſenglaͤſer. Nun ſey die Weite, auf welche das bloße Auge eines Presbyten deutlich ſieht (diſtantia viſionis diſtinctae), = d, ſo bedarf er eines Glaſes, das, von nahen Gegenſtaͤnden um die Weite b abgehalten, ihm die Stralen ſo ins Auge bringe, als ob ſie aus der Weite d kaͤmen, d. i. eines Glaſes, deſſen vorwaͤrts liegende oder negative Vereinigungsweite = d iſt. Fuͤr ein ſolches Glas muß demnach (—bf/b—f)=d ſeyn, woraus f=(bd/d—b) folgt; oder der Presbyt muß Brillenglaͤſer gebrauchen, deren Brennweite gleich iſt dem Producte der Weite des deutlichen Sehens in die Weite des Gegenſtands
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |