Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Wenn gar keine Bedeckung gebraucht ward, so fand sich der wirksamste Punkt des Brennraums 10 Schuh 10 Zoll 1 Lin. weit vom Mittelpunkte der Linse.

Die Wirkungen dieser Glaslinse waren weit stärker, als die des Tschirnhausenschen der Akademie gehörigen Brennglases. Sie schmolz ohne Collectivglas in einer halben Minute kupferne Geldstücke, die jenes Brennglas in drey Minuten noch nicht in Fluß gebracht hatte. Mit einem Collectivglase von 8 1/2 Zoll Durchmesser und 1 Schuh 10 Zoll 8 Lin. Brennweite gab sie einen Brennraum von 8 Lin. Durchmesser, in welchem Abgänge von geschmiedetem Eisen auf einer Kohle fast augenblicklich schmolzen, aufwalleten, und wie geschmolzener Salpeter verpuften, so daß die Funken, wie bey einem Feuerrade, herumsprühten. Das Eisen gab dabey einen brennenden Rauch von sich, der am untern Theile eine wahre Flamme war, und verwandlete sich zuletzt in eine schwarze verglasete Schlacke. Durch allmähliches Hinzuthun konnte man nach und nach in wenigen Minuten ziemliche Massen von Eisen in Fluß bringen. Platina in Körnern schmolz auf einer Kohle in eine einzige Masse, ohne jedoch recht flüßig zu werden und einen sphärischen Tropfen zu bilden. Sie ward nachher nicht mehr vom Magnet gezogen. Platina, vom Grafen von Sickingen gereiniget, rauchte heftig, nahm stark am Volumen ab, und vereinigte sich in eine Masse, ohne jedoch völlig in Fluß zu kommen.

Schon an dem Orte des Stralenkegels, wo das Collectivglas stand, war die Hitze so heftig, daß ein darüber gedecktes Bret oft anbrannte, obgleich der Kegel hier noch 8 Zoll breit war. Sonderbar schien es, daß dieses Bret an den Rändern des Stralenkreises stärker versengt ward, als in der Mitte. Dies beweiset nach Brisson, daß die vonden Rändern der Linse kommenden Stralen mehr Hitze, als die in der Axe einfallenden, erregen. Wenn also bey Fernröhren die Stralen an der Axe die brauchbarsten sind, so sind es bey Brenngläsern die an den Rändern.

Diese Hitze verdarb verschiedene Collectivgläser. Glaslinsen mit Liquoren gefüllt, zersprangen bald, wenn


Wenn gar keine Bedeckung gebraucht ward, ſo fand ſich der wirkſamſte Punkt des Brennraums 10 Schuh 10 Zoll 1 Lin. weit vom Mittelpunkte der Linſe.

Die Wirkungen dieſer Glaslinſe waren weit ſtaͤrker, als die des Tſchirnhauſenſchen der Akademie gehoͤrigen Brennglaſes. Sie ſchmolz ohne Collectivglas in einer halben Minute kupferne Geldſtuͤcke, die jenes Brennglas in drey Minuten noch nicht in Fluß gebracht hatte. Mit einem Collectivglaſe von 8 1/2 Zoll Durchmeſſer und 1 Schuh 10 Zoll 8 Lin. Brennweite gab ſie einen Brennraum von 8 Lin. Durchmeſſer, in welchem Abgaͤnge von geſchmiedetem Eiſen auf einer Kohle faſt augenblicklich ſchmolzen, aufwalleten, und wie geſchmolzener Salpeter verpuften, ſo daß die Funken, wie bey einem Feuerrade, herumſpruͤhten. Das Eiſen gab dabey einen brennenden Rauch von ſich, der am untern Theile eine wahre Flamme war, und verwandlete ſich zuletzt in eine ſchwarze verglaſete Schlacke. Durch allmaͤhliches Hinzuthun konnte man nach und nach in wenigen Minuten ziemliche Maſſen von Eiſen in Fluß bringen. Platina in Koͤrnern ſchmolz auf einer Kohle in eine einzige Maſſe, ohne jedoch recht fluͤßig zu werden und einen ſphaͤriſchen Tropfen zu bilden. Sie ward nachher nicht mehr vom Magnet gezogen. Platina, vom Grafen von Sickingen gereiniget, rauchte heftig, nahm ſtark am Volumen ab, und vereinigte ſich in eine Maſſe, ohne jedoch voͤllig in Fluß zu kommen.

Schon an dem Orte des Stralenkegels, wo das Collectivglas ſtand, war die Hitze ſo heftig, daß ein daruͤber gedecktes Bret oft anbrannte, obgleich der Kegel hier noch 8 Zoll breit war. Sonderbar ſchien es, daß dieſes Bret an den Raͤndern des Stralenkreiſes ſtaͤrker verſengt ward, als in der Mitte. Dies beweiſet nach Briſſon, daß die vonden Raͤndern der Linſe kommenden Stralen mehr Hitze, als die in der Axe einfallenden, erregen. Wenn alſo bey Fernroͤhren die Stralen an der Axe die brauchbarſten ſind, ſo ſind es bey Brennglaͤſern die an den Raͤndern.

Dieſe Hitze verdarb verſchiedene Collectivglaͤſer. Glaslinſen mit Liquoren gefuͤllt, zerſprangen bald, wenn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p>
            <pb facs="#f0461" xml:id="P.1.447" n="447"/><lb/>
          </p>
          <p>Wenn gar keine Bedeckung gebraucht ward, &#x017F;o fand &#x017F;ich der wirk&#x017F;am&#x017F;te Punkt des Brennraums 10 Schuh 10 Zoll 1 Lin. weit vom Mittelpunkte der Lin&#x017F;e.</p>
          <p>Die Wirkungen die&#x017F;er Glaslin&#x017F;e waren weit &#x017F;ta&#x0364;rker, als die des T&#x017F;chirnhau&#x017F;en&#x017F;chen der Akademie geho&#x0364;rigen Brenngla&#x017F;es. Sie &#x017F;chmolz ohne Collectivglas in einer halben Minute kupferne Geld&#x017F;tu&#x0364;cke, die jenes Brennglas in drey Minuten noch nicht in Fluß gebracht hatte. Mit einem Collectivgla&#x017F;e von 8 1/2 Zoll Durchme&#x017F;&#x017F;er und 1 Schuh 10 Zoll 8 Lin. Brennweite gab &#x017F;ie einen Brennraum von 8 Lin. Durchme&#x017F;&#x017F;er, in welchem Abga&#x0364;nge von ge&#x017F;chmiedetem Ei&#x017F;en auf einer Kohle fa&#x017F;t augenblicklich &#x017F;chmolzen, aufwalleten, und wie ge&#x017F;chmolzener Salpeter verpuften, &#x017F;o daß die Funken, wie bey einem Feuerrade, herum&#x017F;pru&#x0364;hten. Das Ei&#x017F;en gab dabey einen brennenden Rauch von &#x017F;ich, der am untern Theile eine wahre Flamme war, und verwandlete &#x017F;ich zuletzt in eine &#x017F;chwarze vergla&#x017F;ete Schlacke. Durch allma&#x0364;hliches Hinzuthun konnte man nach und nach in wenigen Minuten ziemliche Ma&#x017F;&#x017F;en von Ei&#x017F;en in Fluß bringen. Platina in Ko&#x0364;rnern &#x017F;chmolz auf einer Kohle in eine einzige Ma&#x017F;&#x017F;e, ohne jedoch recht flu&#x0364;ßig zu werden und einen &#x017F;pha&#x0364;ri&#x017F;chen Tropfen zu bilden. Sie ward nachher nicht mehr vom Magnet gezogen. Platina, vom Grafen von Sickingen gereiniget, rauchte heftig, nahm &#x017F;tark am Volumen ab, und vereinigte &#x017F;ich in eine Ma&#x017F;&#x017F;e, ohne jedoch vo&#x0364;llig in Fluß zu kommen.</p>
          <p>Schon an dem Orte des Stralenkegels, wo das Collectivglas &#x017F;tand, war die Hitze &#x017F;o heftig, daß ein daru&#x0364;ber gedecktes Bret oft anbrannte, obgleich der Kegel hier noch 8 Zoll breit war. Sonderbar &#x017F;chien es, daß die&#x017F;es Bret an den Ra&#x0364;ndern des Stralenkrei&#x017F;es &#x017F;ta&#x0364;rker ver&#x017F;engt ward, als in der Mitte. Dies bewei&#x017F;et nach <hi rendition="#b">Bri&#x017F;&#x017F;on,</hi> daß die vonden Ra&#x0364;ndern der Lin&#x017F;e kommenden Stralen mehr Hitze, als die in der Axe einfallenden, erregen. Wenn al&#x017F;o bey Fernro&#x0364;hren die Stralen an der Axe die brauchbar&#x017F;ten &#x017F;ind, &#x017F;o &#x017F;ind es bey Brenngla&#x0364;&#x017F;ern die an den Ra&#x0364;ndern.</p>
          <p>Die&#x017F;e Hitze verdarb ver&#x017F;chiedene Collectivgla&#x0364;&#x017F;er. Glaslin&#x017F;en mit Liquoren gefu&#x0364;llt, zer&#x017F;prangen bald, wenn<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[447/0461] Wenn gar keine Bedeckung gebraucht ward, ſo fand ſich der wirkſamſte Punkt des Brennraums 10 Schuh 10 Zoll 1 Lin. weit vom Mittelpunkte der Linſe. Die Wirkungen dieſer Glaslinſe waren weit ſtaͤrker, als die des Tſchirnhauſenſchen der Akademie gehoͤrigen Brennglaſes. Sie ſchmolz ohne Collectivglas in einer halben Minute kupferne Geldſtuͤcke, die jenes Brennglas in drey Minuten noch nicht in Fluß gebracht hatte. Mit einem Collectivglaſe von 8 1/2 Zoll Durchmeſſer und 1 Schuh 10 Zoll 8 Lin. Brennweite gab ſie einen Brennraum von 8 Lin. Durchmeſſer, in welchem Abgaͤnge von geſchmiedetem Eiſen auf einer Kohle faſt augenblicklich ſchmolzen, aufwalleten, und wie geſchmolzener Salpeter verpuften, ſo daß die Funken, wie bey einem Feuerrade, herumſpruͤhten. Das Eiſen gab dabey einen brennenden Rauch von ſich, der am untern Theile eine wahre Flamme war, und verwandlete ſich zuletzt in eine ſchwarze verglaſete Schlacke. Durch allmaͤhliches Hinzuthun konnte man nach und nach in wenigen Minuten ziemliche Maſſen von Eiſen in Fluß bringen. Platina in Koͤrnern ſchmolz auf einer Kohle in eine einzige Maſſe, ohne jedoch recht fluͤßig zu werden und einen ſphaͤriſchen Tropfen zu bilden. Sie ward nachher nicht mehr vom Magnet gezogen. Platina, vom Grafen von Sickingen gereiniget, rauchte heftig, nahm ſtark am Volumen ab, und vereinigte ſich in eine Maſſe, ohne jedoch voͤllig in Fluß zu kommen. Schon an dem Orte des Stralenkegels, wo das Collectivglas ſtand, war die Hitze ſo heftig, daß ein daruͤber gedecktes Bret oft anbrannte, obgleich der Kegel hier noch 8 Zoll breit war. Sonderbar ſchien es, daß dieſes Bret an den Raͤndern des Stralenkreiſes ſtaͤrker verſengt ward, als in der Mitte. Dies beweiſet nach Briſſon, daß die vonden Raͤndern der Linſe kommenden Stralen mehr Hitze, als die in der Axe einfallenden, erregen. Wenn alſo bey Fernroͤhren die Stralen an der Axe die brauchbarſten ſind, ſo ſind es bey Brennglaͤſern die an den Raͤndern. Dieſe Hitze verdarb verſchiedene Collectivglaͤſer. Glaslinſen mit Liquoren gefuͤllt, zerſprangen bald, wenn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/461
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/461>, abgerufen am 22.11.2024.