man Feuer anzünden könne, und damit an der Sonne die Rechnungen ausschmelzen, die man ihm zur Bezahlung vorlege. Sokrates belehrt ihn, es sey kein Stein, sondern Glas. Man sieht wohl, daß von einer Schrift auf Wachstafeln die Rede sey, wobey der Gebrauch eines Brennspiegels höchst unbequem wäre, da hingegen das Brennglas die Absicht leicht erfüllt. Der Scholiast setzt hinzu, es sey ein rundes dickes Glas gemeint, das besonders hiezu verfertigt, mit Oel gerieben, heiß gemacht werde, und eine angehaltene Lunte anzünde. So unvollkommen seine Begriffe hievon gewefen seyn mögen, so bezeichnet doch sein Ausdruck deutlich das erhabne Glas, nicht den hohlen Spiegel. Das Oel hat man vielleicht zur Glättung gebraucht. Vom Brennen gläserner und krystallener Kugeln redet auch Plinius(Hist. natur. L. XXXVI. 26. XXXVII. 2.), und Lactantius(de ira Dei) erwähnt, eine gläserne mit Wasser gefüllte Kugel zünde an der Sonne, auch in der grösten Kälte, Feuer an. Im mittlern Zeitalter müssen die Brenngläser bekannter geworden seyn, da die optischen Schriftsteller dieser Zeiten alle von ihnen reden, und die Erfindung der Brillen nothwendig auch auf ihren Gebrauch zum Brennen führen muste. Doch hat man sich noch bis in das vorige Jahrhundert zu größern Wirkungen vornehmlich der Brennspiegel bedient, weil sich so große und schwere Glasmassen, als zu Linsen von beträchtlicher Fläche nöthig sind, nur mit vielen Schwierigkeiten bearbeiten lassen.
Der Herr von Tschirnhausen, dem der Gebrauch der Gläser mehr zu versprechen schien, arbeitete zu Ende des vorigen Jahrhunderts diesen Schwierigkeiten mit unbeschreiblicher Anstrengung entgegen. Er legte mit vielen Kosten auf seinen in der Oberlausitz gelegenen Gütern eine Mühle zum Schleifen großer Brenngläser an, und brachte dadurch einige Linsen von beträchtlicher Größe zu Stande, deren Wirkungen er (Act. erud.Lips. 1691. p. 517. 1697. p. 414 sq.) ausführlich beschrieben hat. Man sagt, daß ihm überhaupt nur vier von diesen größern Gläsern beym Schleifen und Poliren ganz geblieben wären. Zwo davon
man Feuer anzuͤnden koͤnne, und damit an der Sonne die Rechnungen ausſchmelzen, die man ihm zur Bezahlung vorlege. Sokrates belehrt ihn, es ſey kein Stein, ſondern Glas. Man ſieht wohl, daß von einer Schrift auf Wachstafeln die Rede ſey, wobey der Gebrauch eines Brennſpiegels hoͤchſt unbequem waͤre, da hingegen das Brennglas die Abſicht leicht erfuͤllt. Der Scholiaſt ſetzt hinzu, es ſey ein rundes dickes Glas gemeint, das beſonders hiezu verfertigt, mit Oel gerieben, heiß gemacht werde, und eine angehaltene Lunte anzuͤnde. So unvollkommen ſeine Begriffe hievon gewefen ſeyn moͤgen, ſo bezeichnet doch ſein Ausdruck deutlich das erhabne Glas, nicht den hohlen Spiegel. Das Oel hat man vielleicht zur Glaͤttung gebraucht. Vom Brennen glaͤſerner und kryſtallener Kugeln redet auch Plinius(Hiſt. natur. L. XXXVI. 26. XXXVII. 2.), und Lactantius(de ira Dei) erwaͤhnt, eine glaͤſerne mit Waſſer gefuͤllte Kugel zuͤnde an der Sonne, auch in der groͤſten Kaͤlte, Feuer an. Im mittlern Zeitalter muͤſſen die Brennglaͤſer bekannter geworden ſeyn, da die optiſchen Schriftſteller dieſer Zeiten alle von ihnen reden, und die Erfindung der Brillen nothwendig auch auf ihren Gebrauch zum Brennen fuͤhren muſte. Doch hat man ſich noch bis in das vorige Jahrhundert zu groͤßern Wirkungen vornehmlich der Brennſpiegel bedient, weil ſich ſo große und ſchwere Glasmaſſen, als zu Linſen von betraͤchtlicher Flaͤche noͤthig ſind, nur mit vielen Schwierigkeiten bearbeiten laſſen.
Der Herr von Tſchirnhauſen, dem der Gebrauch der Glaͤſer mehr zu verſprechen ſchien, arbeitete zu Ende des vorigen Jahrhunderts dieſen Schwierigkeiten mit unbeſchreiblicher Anſtrengung entgegen. Er legte mit vielen Koſten auf ſeinen in der Oberlauſitz gelegenen Guͤtern eine Muͤhle zum Schleifen großer Brennglaͤſer an, und brachte dadurch einige Linſen von betraͤchtlicher Groͤße zu Stande, deren Wirkungen er (Act. erud.Lipſ. 1691. p. 517. 1697. p. 414 ſq.) ausfuͤhrlich beſchrieben hat. Man ſagt, daß ihm uͤberhaupt nur vier von dieſen groͤßern Glaͤſern beym Schleifen und Poliren ganz geblieben waͤren. Zwo davon
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man Feuer anzuͤnden koͤnne, und damit an der Sonne die Rechnungen ausſchmelzen, die man ihm zur Bezahlung vorlege. Sokrates belehrt ihn, es ſey kein Stein, ſondern Glas. Man ſieht wohl, daß von einer Schrift auf Wachstafeln die Rede ſey, wobey der Gebrauch eines Brennſpiegels hoͤchſt unbequem waͤre, da hingegen das Brennglas die Abſicht leicht erfuͤllt. Der Scholiaſt ſetzt hinzu, es ſey ein rundes dickes Glas gemeint, das beſonders hiezu verfertigt, mit Oel gerieben, heiß gemacht werde, und eine angehaltene Lunte anzuͤnde. So unvollkommen ſeine Begriffe hievon gewefen ſeyn moͤgen, ſo bezeichnet doch ſein Ausdruck deutlich das erhabne Glas, nicht den hohlen Spiegel. Das Oel hat man vielleicht zur Glaͤttung gebraucht. Vom Brennen glaͤſerner und kryſtallener Kugeln redet auch Plinius (Hiſt. natur. L. XXXVI. 26. XXXVII. 2.), und Lactantius (de ira Dei) erwaͤhnt, eine glaͤſerne mit Waſſer gefuͤllte Kugel zuͤnde an der Sonne, auch in der groͤſten Kaͤlte, Feuer an. Im mittlern Zeitalter muͤſſen die Brennglaͤſer bekannter geworden ſeyn, da die optiſchen Schriftſteller dieſer Zeiten alle von ihnen reden, und die Erfindung der Brillen nothwendig auch auf ihren Gebrauch zum Brennen fuͤhren muſte. Doch hat man ſich noch bis in das vorige Jahrhundert zu groͤßern Wirkungen vornehmlich der Brennſpiegel bedient, weil ſich ſo große und ſchwere Glasmaſſen, als zu Linſen von betraͤchtlicher Flaͤche noͤthig ſind, nur mit vielen Schwierigkeiten bearbeiten laſſen.
Der Herr von Tſchirnhauſen, dem der Gebrauch der Glaͤſer mehr zu verſprechen ſchien, arbeitete zu Ende des vorigen Jahrhunderts dieſen Schwierigkeiten mit unbeſchreiblicher Anſtrengung entgegen. Er legte mit vielen Koſten auf ſeinen in der Oberlauſitz gelegenen Guͤtern eine Muͤhle zum Schleifen großer Brennglaͤſer an, und brachte dadurch einige Linſen von betraͤchtlicher Groͤße zu Stande, deren Wirkungen er (Act. erud.Lipſ. 1691. p. 517. 1697. p. 414 ſq.) ausfuͤhrlich beſchrieben hat. Man ſagt, daß ihm uͤberhaupt nur vier von dieſen groͤßern Glaͤſern beym Schleifen und Poliren ganz geblieben waͤren. Zwo davon
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/456>, abgerufen am 22.11.2024.
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