Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Daniel Bernoulli (Hydrodynam. Sect. X.) glaubt, die zunehmende unterirdische Wärme treibe Luft aus den Höhlen der Erde, dadurch werde die Atmosphäre vermehrt, und das Barometer steige rc. Allein die unterirdische Temperatur bleibt sich ziemlich gleich, wir bemerken keine so gewaltsamen aus der Erde kommenden Luftströme, und die Erfahrung lehrt, daß das Barometer vielmehr bey zunehmender Wärme falle. De Lüc selbst (Recherches, To. II. Sect. IV. chap. 9.) gründet seine Erklärung der Barometerveränderungen auf den Satz, daß die Dünste specifisch leichter, als die Luft, sind, welchen er weitläufig erweiset, s. Dünste. Wenn diese Dünste, sagt er, in der Luft aufsteigen, so tragen sie zwar durch ihr Gewicht etwas zur Vermehrung des Drucks der Atmosphäre bey, wodurch der Stand des Barometers etwa um 1 Lin. könnte erhöhet werden: allein sie vertreiben dagegen aus den Stellen, welche sie einnehmen, die weit schwerere Luft, welche ihnen ausweichen und in andere Gegenden übergehen muß; daher wird eine mit Dünsten angefüllte Luftsäule jederzeit leichter, als reine Luft, seyn, und das Fallen des Barometers ist eine Folge der Anhäufung der Dünste, wovon auch der Regen eine Folge ist. Fallen die Dünste herab, so kömmt die schwerere reine Luft zurück, und das Barometer steigt mit der Rückkehr des heitern Wetters. Dieses System, welches sich durch seine Simplicität sehr empfiehlt, erklärt doch nicht, warum bisweilen auf ein starkes Fallen des Barometers nicht der geringste Regen oder Sturm folgt; ingleichen, warum unter dem Aequator die Barometerveränderungen fast gänzlich wegfallen, da doch das Aufsteigen
Daniel Bernoulli (Hydrodynam. Sect. X.) glaubt, die zunehmende unterirdiſche Waͤrme treibe Luft aus den Hoͤhlen der Erde, dadurch werde die Atmoſphaͤre vermehrt, und das Barometer ſteige rc. Allein die unterirdiſche Temperatur bleibt ſich ziemlich gleich, wir bemerken keine ſo gewaltſamen aus der Erde kommenden Luftſtroͤme, und die Erfahrung lehrt, daß das Barometer vielmehr bey zunehmender Waͤrme falle. De Luͤc ſelbſt (Recherches, To. II. Sect. IV. chap. 9.) gruͤndet ſeine Erklaͤrung der Barometerveraͤnderungen auf den Satz, daß die Duͤnſte ſpecifiſch leichter, als die Luft, ſind, welchen er weitlaͤufig erweiſet, ſ. Duͤnſte. Wenn dieſe Duͤnſte, ſagt er, in der Luft aufſteigen, ſo tragen ſie zwar durch ihr Gewicht etwas zur Vermehrung des Drucks der Atmoſphaͤre bey, wodurch der Stand des Barometers etwa um 1 Lin. koͤnnte erhoͤhet werden: allein ſie vertreiben dagegen aus den Stellen, welche ſie einnehmen, die weit ſchwerere Luft, welche ihnen ausweichen und in andere Gegenden uͤbergehen muß; daher wird eine mit Duͤnſten angefuͤllte Luftſaͤule jederzeit leichter, als reine Luft, ſeyn, und das Fallen des Barometers iſt eine Folge der Anhaͤufung der Duͤnſte, wovon auch der Regen eine Folge iſt. Fallen die Duͤnſte herab, ſo koͤmmt die ſchwerere reine Luft zuruͤck, und das Barometer ſteigt mit der Ruͤckkehr des heitern Wetters. Dieſes Syſtem, welches ſich durch ſeine Simplicitaͤt ſehr empfiehlt, erklaͤrt doch nicht, warum bisweilen auf ein ſtarkes Fallen des Barometers nicht der geringſte Regen oder Sturm folgt; ingleichen, warum unter dem Aequator die Barometerveraͤnderungen faſt gaͤnzlich wegfallen, da doch das Aufſteigen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0296" xml:id="P.1.282" n="282"/><lb/> der fallende Regen nicht mit der Luft wiege, und daß das Queckſilber im Barometer ſinken muͤſſe, ſobald die Waſſertheilchen in den obern Regionen niederzufallen anfiengen. Allein außer vielen theoretiſchen Einwendungen, die dieſer Erklaͤrung entgegenſtehen, entkraͤftet ſie ſchon dies, daß die Menge des herabfallenden Regens viel zu gering iſt, als daß man die ganzen Barometerveraͤnderungen aus ihr erklaͤren koͤnnte.</p> <p><hi rendition="#b">Daniel Bernoulli</hi><hi rendition="#aq">(Hydrodynam. Sect. X.)</hi> glaubt, die zunehmende unterirdiſche Waͤrme treibe Luft aus den Hoͤhlen der Erde, dadurch werde die Atmoſphaͤre vermehrt, und das Barometer ſteige rc. Allein die unterirdiſche Temperatur bleibt ſich ziemlich gleich, wir bemerken keine ſo gewaltſamen aus der Erde kommenden Luftſtroͤme, und die Erfahrung lehrt, daß das Barometer vielmehr bey zunehmender Waͤrme falle.</p> <p><hi rendition="#b">De Luͤc</hi> ſelbſt <hi rendition="#aq">(Recherches, To. II. Sect. IV. chap. 9.)</hi> gruͤndet ſeine Erklaͤrung der Barometerveraͤnderungen auf den Satz, daß die Duͤnſte ſpecifiſch leichter, als die Luft, ſind, welchen er weitlaͤufig erweiſet, <hi rendition="#b">ſ. Duͤnſte.</hi> Wenn dieſe Duͤnſte, ſagt er, in der Luft aufſteigen, ſo tragen ſie zwar durch ihr Gewicht etwas zur Vermehrung des Drucks der Atmoſphaͤre bey, wodurch der Stand des Barometers etwa um 1 Lin. koͤnnte erhoͤhet werden: allein ſie vertreiben dagegen aus den Stellen, welche ſie einnehmen, die weit ſchwerere Luft, welche ihnen ausweichen und in andere Gegenden uͤbergehen muß; daher wird eine mit Duͤnſten angefuͤllte Luftſaͤule jederzeit leichter, als reine Luft, ſeyn, und das Fallen des Barometers iſt eine Folge der Anhaͤufung der Duͤnſte, wovon auch der Regen eine Folge iſt. Fallen die Duͤnſte herab, ſo koͤmmt die ſchwerere reine Luft zuruͤck, und das Barometer ſteigt mit der Ruͤckkehr des heitern Wetters. Dieſes Syſtem, welches ſich durch ſeine Simplicitaͤt ſehr empfiehlt, erklaͤrt doch nicht, warum bisweilen auf ein ſtarkes Fallen des Barometers nicht der geringſte Regen oder Sturm folgt; ingleichen, warum unter dem Aequator die Barometerveraͤnderungen faſt gaͤnzlich wegfallen, da doch das Aufſteigen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [282/0296]
der fallende Regen nicht mit der Luft wiege, und daß das Queckſilber im Barometer ſinken muͤſſe, ſobald die Waſſertheilchen in den obern Regionen niederzufallen anfiengen. Allein außer vielen theoretiſchen Einwendungen, die dieſer Erklaͤrung entgegenſtehen, entkraͤftet ſie ſchon dies, daß die Menge des herabfallenden Regens viel zu gering iſt, als daß man die ganzen Barometerveraͤnderungen aus ihr erklaͤren koͤnnte.
Daniel Bernoulli (Hydrodynam. Sect. X.) glaubt, die zunehmende unterirdiſche Waͤrme treibe Luft aus den Hoͤhlen der Erde, dadurch werde die Atmoſphaͤre vermehrt, und das Barometer ſteige rc. Allein die unterirdiſche Temperatur bleibt ſich ziemlich gleich, wir bemerken keine ſo gewaltſamen aus der Erde kommenden Luftſtroͤme, und die Erfahrung lehrt, daß das Barometer vielmehr bey zunehmender Waͤrme falle.
De Luͤc ſelbſt (Recherches, To. II. Sect. IV. chap. 9.) gruͤndet ſeine Erklaͤrung der Barometerveraͤnderungen auf den Satz, daß die Duͤnſte ſpecifiſch leichter, als die Luft, ſind, welchen er weitlaͤufig erweiſet, ſ. Duͤnſte. Wenn dieſe Duͤnſte, ſagt er, in der Luft aufſteigen, ſo tragen ſie zwar durch ihr Gewicht etwas zur Vermehrung des Drucks der Atmoſphaͤre bey, wodurch der Stand des Barometers etwa um 1 Lin. koͤnnte erhoͤhet werden: allein ſie vertreiben dagegen aus den Stellen, welche ſie einnehmen, die weit ſchwerere Luft, welche ihnen ausweichen und in andere Gegenden uͤbergehen muß; daher wird eine mit Duͤnſten angefuͤllte Luftſaͤule jederzeit leichter, als reine Luft, ſeyn, und das Fallen des Barometers iſt eine Folge der Anhaͤufung der Duͤnſte, wovon auch der Regen eine Folge iſt. Fallen die Duͤnſte herab, ſo koͤmmt die ſchwerere reine Luft zuruͤck, und das Barometer ſteigt mit der Ruͤckkehr des heitern Wetters. Dieſes Syſtem, welches ſich durch ſeine Simplicitaͤt ſehr empfiehlt, erklaͤrt doch nicht, warum bisweilen auf ein ſtarkes Fallen des Barometers nicht der geringſte Regen oder Sturm folgt; ingleichen, warum unter dem Aequator die Barometerveraͤnderungen faſt gaͤnzlich wegfallen, da doch das Aufſteigen
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