Gährung, die Entbindungen der elastischen flüßigen Materien oder Gasarten, beständige Ausflüsse. Die Gerüche verbreiten sich durch Ausflüsse aus den riechenden Körpern, welche durch unmittelbare Berührung auf das Werkzeug des Geruchs wirken.
Diese Ausflüsse sind oft von einer bewundernswürdigen Feinheit. Boyle hat Beyspiele hievon in einer eignen Schrift (Exerc. de mira subtilitate essluviorum, in Opp. Genevae 1680. 4.) gesammlet. Ein Gran Moschus kan 20 Jahr lang einen großen Raum mit merklichem Geruch erfüllen, ungeachtet die Luft alle Tage abgeändert wird. Eine Masse Asa fötida verlohr des heftigen Geruchs ohngeachtet in 6 Tagen an freyer Luft nur 1/8 Gran von ihrem Gewichte, woraus Keil(Introd. ad ver. phys. Lect. V.) berechnet, daß die Größe eines jeden Theilchens geringer, als ein 38 Trilliontheilchen eines Cubikfußes gewesen sey. Die Ausflüsse dringen daher oft durch die feinsten Zwischenräume, und werden von andern Körpern, ohne Zweifel durch eine Wirkung der Anziehung, entweder auf der Oberfläche festgehalten oder in das Innere eingesogen. Die verderblichen Ausflüsse kranker Körper haben bisweilen auf wunderbare und fast unbegreifliche Arten Pest und andere ansteckende Krankheiten verbreitet. Sennert(De febribus, L. IV. c. 5.) erzählt, nach der Pest zu Breslau im Jahre 1542 habe ein Pack Leinwand 14 Jahre gelegen, und nach Verlauf dieser Zeit in einer andern Stadt aufgewickelt, noch eine gefährliche Ansteckung an mehrere Orte verbreitet; und nach Diemerbroek(De peste, L. IV.) stieß ein Mann in Nimägen etwas Stroh, worauf ein Pestkranker vor acht Monaten gelegen hatte, das aber den ganzen Winter über der freyen Luft ausgesetzt gewesen war, mit dem Fuße fort, und bekam an diesem Fuße eine Pestbeule, ohne Fieber zu fühlen, oder sonst krank zu seyn.
Die menschlichen und thierischen Körper, so wie die Pflanzen, verlieren durch die Ausflüsse bey ihrer Transspiration unaufhörlich etwas von ihren Bestandtheilen, welches durch Nahrung und andere Zugänge wieder ersetzt
Gaͤhrung, die Entbindungen der elaſtiſchen fluͤßigen Materien oder Gasarten, beſtaͤndige Ausfluͤſſe. Die Geruͤche verbreiten ſich durch Ausfluͤſſe aus den riechenden Koͤrpern, welche durch unmittelbare Beruͤhrung auf das Werkzeug des Geruchs wirken.
Dieſe Ausfluͤſſe ſind oft von einer bewundernswuͤrdigen Feinheit. Boyle hat Beyſpiele hievon in einer eignen Schrift (Exerc. de mira ſubtilitate eſſluviorum, in Opp. Genevae 1680. 4.) geſammlet. Ein Gran Moſchus kan 20 Jahr lang einen großen Raum mit merklichem Geruch erfuͤllen, ungeachtet die Luft alle Tage abgeaͤndert wird. Eine Maſſe Aſa foͤtida verlohr des heftigen Geruchs ohngeachtet in 6 Tagen an freyer Luft nur 1/8 Gran von ihrem Gewichte, woraus Keil(Introd. ad ver. phyſ. Lect. V.) berechnet, daß die Groͤße eines jeden Theilchens geringer, als ein 38 Trilliontheilchen eines Cubikfußes geweſen ſey. Die Ausfluͤſſe dringen daher oft durch die feinſten Zwiſchenraͤume, und werden von andern Koͤrpern, ohne Zweifel durch eine Wirkung der Anziehung, entweder auf der Oberflaͤche feſtgehalten oder in das Innere eingeſogen. Die verderblichen Ausfluͤſſe kranker Koͤrper haben bisweilen auf wunderbare und faſt unbegreifliche Arten Peſt und andere anſteckende Krankheiten verbreitet. Sennert(De febribus, L. IV. c. 5.) erzaͤhlt, nach der Peſt zu Breslau im Jahre 1542 habe ein Pack Leinwand 14 Jahre gelegen, und nach Verlauf dieſer Zeit in einer andern Stadt aufgewickelt, noch eine gefaͤhrliche Anſteckung an mehrere Orte verbreitet; und nach Diemerbroek(De peſte, L. IV.) ſtieß ein Mann in Nimaͤgen etwas Stroh, worauf ein Peſtkranker vor acht Monaten gelegen hatte, das aber den ganzen Winter uͤber der freyen Luft ausgeſetzt geweſen war, mit dem Fuße fort, und bekam an dieſem Fuße eine Peſtbeule, ohne Fieber zu fuͤhlen, oder ſonſt krank zu ſeyn.
Die menſchlichen und thieriſchen Koͤrper, ſo wie die Pflanzen, verlieren durch die Ausfluͤſſe bey ihrer Transſpiration unaufhoͤrlich etwas von ihren Beſtandtheilen, welches durch Nahrung und andere Zugaͤnge wieder erſetzt
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Gaͤhrung, die Entbindungen der elaſtiſchen fluͤßigen Materien oder Gasarten, beſtaͤndige Ausfluͤſſe. Die Geruͤche verbreiten ſich durch Ausfluͤſſe aus den riechenden Koͤrpern, welche durch unmittelbare Beruͤhrung auf das Werkzeug des Geruchs wirken.
Dieſe Ausfluͤſſe ſind oft von einer bewundernswuͤrdigen Feinheit. Boyle hat Beyſpiele hievon in einer eignen Schrift (Exerc. de mira ſubtilitate eſſluviorum, in Opp. Genevae 1680. 4.) geſammlet. Ein Gran Moſchus kan 20 Jahr lang einen großen Raum mit merklichem Geruch erfuͤllen, ungeachtet die Luft alle Tage abgeaͤndert wird. Eine Maſſe Aſa foͤtida verlohr des heftigen Geruchs ohngeachtet in 6 Tagen an freyer Luft nur 1/8 Gran von ihrem Gewichte, woraus Keil (Introd. ad ver. phyſ. Lect. V.) berechnet, daß die Groͤße eines jeden Theilchens geringer, als ein 38 Trilliontheilchen eines Cubikfußes geweſen ſey. Die Ausfluͤſſe dringen daher oft durch die feinſten Zwiſchenraͤume, und werden von andern Koͤrpern, ohne Zweifel durch eine Wirkung der Anziehung, entweder auf der Oberflaͤche feſtgehalten oder in das Innere eingeſogen. Die verderblichen Ausfluͤſſe kranker Koͤrper haben bisweilen auf wunderbare und faſt unbegreifliche Arten Peſt und andere anſteckende Krankheiten verbreitet. Sennert (De febribus, L. IV. c. 5.) erzaͤhlt, nach der Peſt zu Breslau im Jahre 1542 habe ein Pack Leinwand 14 Jahre gelegen, und nach Verlauf dieſer Zeit in einer andern Stadt aufgewickelt, noch eine gefaͤhrliche Anſteckung an mehrere Orte verbreitet; und nach Diemerbroek (De peſte, L. IV.) ſtieß ein Mann in Nimaͤgen etwas Stroh, worauf ein Peſtkranker vor acht Monaten gelegen hatte, das aber den ganzen Winter uͤber der freyen Luft ausgeſetzt geweſen war, mit dem Fuße fort, und bekam an dieſem Fuße eine Peſtbeule, ohne Fieber zu fuͤhlen, oder ſonſt krank zu ſeyn.
Die menſchlichen und thieriſchen Koͤrper, ſo wie die Pflanzen, verlieren durch die Ausfluͤſſe bey ihrer Transſpiration unaufhoͤrlich etwas von ihren Beſtandtheilen, welches durch Nahrung und andere Zugaͤnge wieder erſetzt
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/230>, abgerufen am 16.02.2025.
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