Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


a Neuchatel. 1783. 8. Essai III.)
vorgetragen. Dämpfe oder Dünste sind nach ihm Ausflüsse, welche sich aus den Körpern in die Luft erheben, und in derselben schwebend bleiben, bis sie durch andere Ursachen wieder von ihr getrennt und in gröberer Form mit einander vereiniget werden. Alle Körper können durch Natur oder Kunst in Dämpfe aufgelöset werden; besonders wird das Wasser durch Hülfe des Feuers in den elastischen Dampf verwandelt, welchen man aus ber Aeolipile (s. Windkugel) herausgehen sieht, und der die Dampfmaschinen treibt. Dieser elastische Dampf entsteht durch eine Verbindung des Feuers mit dem Wasser; mit seiner Entstehung hat die Luft nichts zu thun, sie ist vielmehr durch ihren Druck derselben mehr hinderlich, und im luftleeren Raume kan schon die geringe Wärme der Hand das Wasser in Dampf verwandeln, oder zum Sieden bringen, s. Sieden. Diese Auflösung des Wassers im Feuer heißt Verdampfung, s. Dämpfe.

Außerdem aber löset auch die Luft das Wasser auf, und verbindet sich vorzüglich sehr leicht mit dem durchs Feuer hervorgebrachten elastischen Dampfe desselben, wenn er nicht mehr Kraft genug hat, die Luft aus der Stelle zu treiben. Nach Herrn de Saussure soll die Luft das Wasser gar nicht unmittelbar auflösen, sondern blos sich mit dem elastischen Dampfe desselben vermischen, oder es soll keine Ausdünstung ohne Verdampfung geben. Ausdünstung ist also nach ihm Auslösung der elastischen Dämpfe des Wassers in der Luft.

Hieraus erklärt sich nun leicht das Phänomen, daß die Ausdünstung Kälte erzeugt. Richmann (Nov. Comm. Petropol. To. I. p. 290.) und von Mairan (Diss. sur la glace, P. II. Sect. 2. ch. 8. et 9.) hatten schon bemerkt, daß das Thermometer fällt, wenn man seine Kugel aus dem Wasser zieht und an der Luft trocknen läst, oder wenn man sie abwechselnd befeuchtet und trocknen läst, allein sie schrieben das Phänomen nicht der wahren Ursache zu. Cullen (Edinburgische Versuche, Th. II.) leitete es zuerst von der Ausdünstung her. Franklin beschreibt


a Neuchâtel. 1783. 8. Eſſai III.)
vorgetragen. Daͤmpfe oder Duͤnſte ſind nach ihm Ausfluͤſſe, welche ſich aus den Koͤrpern in die Luft erheben, und in derſelben ſchwebend bleiben, bis ſie durch andere Urſachen wieder von ihr getrennt und in groͤberer Form mit einander vereiniget werden. Alle Koͤrper koͤnnen durch Natur oder Kunſt in Daͤmpfe aufgeloͤſet werden; beſonders wird das Waſſer durch Huͤlfe des Feuers in den elaſtiſchen Dampf verwandelt, welchen man aus ber Aeolipile (ſ. Windkugel) herausgehen ſieht, und der die Dampfmaſchinen treibt. Dieſer elaſtiſche Dampf entſteht durch eine Verbindung des Feuers mit dem Waſſer; mit ſeiner Entſtehung hat die Luft nichts zu thun, ſie iſt vielmehr durch ihren Druck derſelben mehr hinderlich, und im luftleeren Raume kan ſchon die geringe Waͤrme der Hand das Waſſer in Dampf verwandeln, oder zum Sieden bringen, ſ. Sieden. Dieſe Aufloͤſung des Waſſers im Feuer heißt Verdampfung, ſ. Daͤmpfe.

Außerdem aber loͤſet auch die Luft das Waſſer auf, und verbindet ſich vorzuͤglich ſehr leicht mit dem durchs Feuer hervorgebrachten elaſtiſchen Dampfe deſſelben, wenn er nicht mehr Kraft genug hat, die Luft aus der Stelle zu treiben. Nach Herrn de Sauſſure ſoll die Luft das Waſſer gar nicht unmittelbar aufloͤſen, ſondern blos ſich mit dem elaſtiſchen Dampfe deſſelben vermiſchen, oder es ſoll keine Ausduͤnſtung ohne Verdampfung geben. Ausduͤnſtung iſt alſo nach ihm Auſloͤſung der elaſtiſchen Daͤmpfe des Waſſers in der Luft.

Hieraus erklaͤrt ſich nun leicht das Phaͤnomen, daß die Ausduͤnſtung Kaͤlte erzeugt. Richmann (Nov. Comm. Petropol. To. I. p. 290.) und von Mairan (Diſſ. ſur la glace, P. II. Sect. 2. ch. 8. et 9.) hatten ſchon bemerkt, daß das Thermometer faͤllt, wenn man ſeine Kugel aus dem Waſſer zieht und an der Luft trocknen laͤſt, oder wenn man ſie abwechſelnd befeuchtet und trocknen laͤſt, allein ſie ſchrieben das Phaͤnomen nicht der wahren Urſache zu. Cullen (Edinburgiſche Verſuche, Th. II.) leitete es zuerſt von der Ausduͤnſtung her. Franklin beſchreibt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><hi rendition="#aq"><pb facs="#f0226" xml:id="P.1.212" n="212"/><lb/>
a Neuchâtel. 1783. 8. E&#x017F;&#x017F;ai III.)</hi> vorgetragen. <hi rendition="#b">Da&#x0364;mpfe</hi> oder <hi rendition="#b">Du&#x0364;n&#x017F;te</hi> &#x017F;ind nach ihm Ausflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, welche &#x017F;ich aus den Ko&#x0364;rpern in die Luft erheben, und in der&#x017F;elben &#x017F;chwebend bleiben, bis &#x017F;ie durch andere Ur&#x017F;achen wieder von ihr getrennt und in gro&#x0364;berer Form mit einander vereiniget werden. Alle Ko&#x0364;rper ko&#x0364;nnen durch Natur oder Kun&#x017F;t in Da&#x0364;mpfe aufgelo&#x0364;&#x017F;et werden; be&#x017F;onders wird das Wa&#x017F;&#x017F;er durch Hu&#x0364;lfe des Feuers in den ela&#x017F;ti&#x017F;chen <hi rendition="#b">Dampf</hi> verwandelt, welchen man aus ber Aeolipile (<hi rendition="#b">&#x017F;. Windkugel</hi>) herausgehen &#x017F;ieht, und der die Dampfma&#x017F;chinen treibt. Die&#x017F;er ela&#x017F;ti&#x017F;che Dampf ent&#x017F;teht durch eine Verbindung des Feuers mit dem Wa&#x017F;&#x017F;er; mit &#x017F;einer Ent&#x017F;tehung hat die Luft nichts zu thun, &#x017F;ie i&#x017F;t vielmehr durch ihren Druck der&#x017F;elben mehr hinderlich, und im luftleeren Raume kan &#x017F;chon die geringe Wa&#x0364;rme der Hand das Wa&#x017F;&#x017F;er in Dampf verwandeln, oder zum Sieden bringen, <hi rendition="#b">&#x017F;. Sieden.</hi> Die&#x017F;e Auflo&#x0364;&#x017F;ung des Wa&#x017F;&#x017F;ers im Feuer heißt <hi rendition="#b">Verdampfung, &#x017F;. Da&#x0364;mpfe.</hi></p>
          <p>Außerdem aber lo&#x0364;&#x017F;et auch die Luft das Wa&#x017F;&#x017F;er auf, und verbindet &#x017F;ich vorzu&#x0364;glich &#x017F;ehr leicht mit dem durchs Feuer hervorgebrachten ela&#x017F;ti&#x017F;chen Dampfe de&#x017F;&#x017F;elben, wenn er nicht mehr Kraft genug hat, die Luft aus der Stelle zu treiben. Nach Herrn de Sau&#x017F;&#x017F;ure &#x017F;oll die Luft das Wa&#x017F;&#x017F;er gar nicht unmittelbar auflo&#x0364;&#x017F;en, &#x017F;ondern blos &#x017F;ich mit dem ela&#x017F;ti&#x017F;chen Dampfe de&#x017F;&#x017F;elben vermi&#x017F;chen, oder es &#x017F;oll keine Ausdu&#x0364;n&#x017F;tung ohne Verdampfung geben. Ausdu&#x0364;n&#x017F;tung i&#x017F;t al&#x017F;o nach ihm Au&#x017F;lo&#x0364;&#x017F;ung der ela&#x017F;ti&#x017F;chen Da&#x0364;mpfe des Wa&#x017F;&#x017F;ers in der Luft.</p>
          <p>Hieraus erkla&#x0364;rt &#x017F;ich nun leicht das Pha&#x0364;nomen, daß die Ausdu&#x0364;n&#x017F;tung Ka&#x0364;lte erzeugt. <hi rendition="#b">Richmann</hi> <hi rendition="#aq">(Nov. Comm. Petropol. To. I. p. 290.)</hi> und <hi rendition="#b">von Mairan</hi> <hi rendition="#aq">(Di&#x017F;&#x017F;. &#x017F;ur la glace, P. II. Sect. 2. ch. 8. et 9.)</hi> hatten &#x017F;chon bemerkt, daß das Thermometer fa&#x0364;llt, wenn man &#x017F;eine Kugel aus dem Wa&#x017F;&#x017F;er zieht und an der Luft trocknen la&#x0364;&#x017F;t, oder wenn man &#x017F;ie abwech&#x017F;elnd befeuchtet und trocknen la&#x0364;&#x017F;t, allein &#x017F;ie &#x017F;chrieben das Pha&#x0364;nomen nicht der wahren Ur&#x017F;ache zu. <hi rendition="#b">Cullen</hi> (Edinburgi&#x017F;che Ver&#x017F;uche, Th. <hi rendition="#aq">II.)</hi> leitete es zuer&#x017F;t von der Ausdu&#x0364;n&#x017F;tung her. <hi rendition="#b">Franklin</hi> be&#x017F;chreibt<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[212/0226] a Neuchâtel. 1783. 8. Eſſai III.) vorgetragen. Daͤmpfe oder Duͤnſte ſind nach ihm Ausfluͤſſe, welche ſich aus den Koͤrpern in die Luft erheben, und in derſelben ſchwebend bleiben, bis ſie durch andere Urſachen wieder von ihr getrennt und in groͤberer Form mit einander vereiniget werden. Alle Koͤrper koͤnnen durch Natur oder Kunſt in Daͤmpfe aufgeloͤſet werden; beſonders wird das Waſſer durch Huͤlfe des Feuers in den elaſtiſchen Dampf verwandelt, welchen man aus ber Aeolipile (ſ. Windkugel) herausgehen ſieht, und der die Dampfmaſchinen treibt. Dieſer elaſtiſche Dampf entſteht durch eine Verbindung des Feuers mit dem Waſſer; mit ſeiner Entſtehung hat die Luft nichts zu thun, ſie iſt vielmehr durch ihren Druck derſelben mehr hinderlich, und im luftleeren Raume kan ſchon die geringe Waͤrme der Hand das Waſſer in Dampf verwandeln, oder zum Sieden bringen, ſ. Sieden. Dieſe Aufloͤſung des Waſſers im Feuer heißt Verdampfung, ſ. Daͤmpfe. Außerdem aber loͤſet auch die Luft das Waſſer auf, und verbindet ſich vorzuͤglich ſehr leicht mit dem durchs Feuer hervorgebrachten elaſtiſchen Dampfe deſſelben, wenn er nicht mehr Kraft genug hat, die Luft aus der Stelle zu treiben. Nach Herrn de Sauſſure ſoll die Luft das Waſſer gar nicht unmittelbar aufloͤſen, ſondern blos ſich mit dem elaſtiſchen Dampfe deſſelben vermiſchen, oder es ſoll keine Ausduͤnſtung ohne Verdampfung geben. Ausduͤnſtung iſt alſo nach ihm Auſloͤſung der elaſtiſchen Daͤmpfe des Waſſers in der Luft. Hieraus erklaͤrt ſich nun leicht das Phaͤnomen, daß die Ausduͤnſtung Kaͤlte erzeugt. Richmann (Nov. Comm. Petropol. To. I. p. 290.) und von Mairan (Diſſ. ſur la glace, P. II. Sect. 2. ch. 8. et 9.) hatten ſchon bemerkt, daß das Thermometer faͤllt, wenn man ſeine Kugel aus dem Waſſer zieht und an der Luft trocknen laͤſt, oder wenn man ſie abwechſelnd befeuchtet und trocknen laͤſt, allein ſie ſchrieben das Phaͤnomen nicht der wahren Urſache zu. Cullen (Edinburgiſche Verſuche, Th. II.) leitete es zuerſt von der Ausduͤnſtung her. Franklin beſchreibt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/226
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/226>, abgerufen am 25.11.2024.