Physiker haben dergleichen Bläschen bey ihren Erklärungendes Aufsteigens der Dünste zu Hülfe genommen.
Musschenbroek(Introd. ad philos. nat. To. II. §. 2297.) glaubt, die Bewegung der Theile durch den Stoß des Feuers allein reiche zur Erklärung nicht hin; die Dünste müsten sonst so schnell, als der abgeschossene Schrot, aufsteigen, welches man doch nie wahrnehme; auch verlasse das Feuer dünne Körper bald. Das Feuer dringe vielleicht in die Theilchen ein, vergrößere ihren Durchmesser, und verwandle sie in Bläschen, in welchen eine dünne Wasserhaut etwas weniges Feuer umschließe. Werde der Durchmesser nur 10mal vergrößert, so werde das Theilchen in den 1000fachen Raum ausgedehnt, also 1000mal leichter. Er hält aber doch das Daseyn der Bläschen nicht ganz für erwiesen, zumal, da das Eindringen der Luft selbst in solche hohle Körperchen die ganze Wirkung wieder vereiteln würde; er nimmt daher noch eine schon von Descartes angenommene umdrehende Bewegung der Wassertheilchen zu Hülfe, und schließt endlich doch, das Feuer allein könne nicht die Ursache des Aufsteigens der Dünste bis in die Region der Wolken seyn. Es komme daher noch die Elektricität zu Hülfe, woraus auch Desaguliers (Philos. Transact. no. 407. und Course of exper. philos. To. II. lect. 10.) die Sache erklärt hat; wenn kleine Körper von dieser umgeben wären, würden sie von der ebenfalls elektrischen Luft angezogen; so sey das Feuer (ignis mas) die Ursache des ersten Herausgehens, und die Elektricität (ignis femina) die Ursache des fernern Aufsteigens der Dünste, wozu er denn auch noch das unterirdische Feuer, die Gährungen im Innern der Erde, die Winde rc. hinzusetzt. Diese kurze Darstellung der Musschenbroekischen Meinungen wird zeigen, wie ungewiß man damals über die Ursachen der Ausdünstung war, und mich darüber rechtfertigen, daß ich nicht noch mehrere Hypothesen hinzusetze.
Die Akademie der Wissenschaften zu Vordeaux setzte im Jahre 1743 einen Preis auf die Erklärung des Aufsteigens der Dünste, welchen Kratzenstein (Abhol. vom
Phyſiker haben dergleichen Blaͤschen bey ihren Erklaͤrungendes Aufſteigens der Duͤnſte zu Huͤlfe genommen.
Muſſchenbroek(Introd. ad philoſ. nat. To. II. §. 2297.) glaubt, die Bewegung der Theile durch den Stoß des Feuers allein reiche zur Erklaͤrung nicht hin; die Duͤnſte muͤſten ſonſt ſo ſchnell, als der abgeſchoſſene Schrot, aufſteigen, welches man doch nie wahrnehme; auch verlaſſe das Feuer duͤnne Koͤrper bald. Das Feuer dringe vielleicht in die Theilchen ein, vergroͤßere ihren Durchmeſſer, und verwandle ſie in Blaͤschen, in welchen eine duͤnne Waſſerhaut etwas weniges Feuer umſchließe. Werde der Durchmeſſer nur 10mal vergroͤßert, ſo werde das Theilchen in den 1000fachen Raum ausgedehnt, alſo 1000mal leichter. Er haͤlt aber doch das Daſeyn der Blaͤschen nicht ganz fuͤr erwieſen, zumal, da das Eindringen der Luft ſelbſt in ſolche hohle Koͤrperchen die ganze Wirkung wieder vereiteln wuͤrde; er nimmt daher noch eine ſchon von Descartes angenommene umdrehende Bewegung der Waſſertheilchen zu Huͤlfe, und ſchließt endlich doch, das Feuer allein koͤnne nicht die Urſache des Aufſteigens der Duͤnſte bis in die Region der Wolken ſeyn. Es komme daher noch die Elektricitaͤt zu Huͤlfe, woraus auch Deſaguliers (Philoſ. Transact. no. 407. und Courſe of exper. philoſ. To. II. lect. 10.) die Sache erklaͤrt hat; wenn kleine Koͤrper von dieſer umgeben waͤren, wuͤrden ſie von der ebenfalls elektriſchen Luft angezogen; ſo ſey das Feuer (ignis mas) die Urſache des erſten Herausgehens, und die Elektricitaͤt (ignis femina) die Urſache des fernern Aufſteigens der Duͤnſte, wozu er denn auch noch das unterirdiſche Feuer, die Gaͤhrungen im Innern der Erde, die Winde rc. hinzuſetzt. Dieſe kurze Darſtellung der Muſſchenbroekiſchen Meinungen wird zeigen, wie ungewiß man damals uͤber die Urſachen der Ausduͤnſtung war, und mich daruͤber rechtfertigen, daß ich nicht noch mehrere Hypotheſen hinzuſetze.
Die Akademie der Wiſſenſchaften zu Vordeaux ſetzte im Jahre 1743 einen Preis auf die Erklaͤrung des Aufſteigens der Duͤnſte, welchen Kratzenſtein (Abhol. vom
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Phyſiker haben dergleichen Blaͤschen bey ihren Erklaͤrungendes Aufſteigens der Duͤnſte zu Huͤlfe genommen.
Muſſchenbroek (Introd. ad philoſ. nat. To. II. §. 2297.) glaubt, die Bewegung der Theile durch den Stoß des Feuers allein reiche zur Erklaͤrung nicht hin; die Duͤnſte muͤſten ſonſt ſo ſchnell, als der abgeſchoſſene Schrot, aufſteigen, welches man doch nie wahrnehme; auch verlaſſe das Feuer duͤnne Koͤrper bald. Das Feuer dringe vielleicht in die Theilchen ein, vergroͤßere ihren Durchmeſſer, und verwandle ſie in Blaͤschen, in welchen eine duͤnne Waſſerhaut etwas weniges Feuer umſchließe. Werde der Durchmeſſer nur 10mal vergroͤßert, ſo werde das Theilchen in den 1000fachen Raum ausgedehnt, alſo 1000mal leichter. Er haͤlt aber doch das Daſeyn der Blaͤschen nicht ganz fuͤr erwieſen, zumal, da das Eindringen der Luft ſelbſt in ſolche hohle Koͤrperchen die ganze Wirkung wieder vereiteln wuͤrde; er nimmt daher noch eine ſchon von Descartes angenommene umdrehende Bewegung der Waſſertheilchen zu Huͤlfe, und ſchließt endlich doch, das Feuer allein koͤnne nicht die Urſache des Aufſteigens der Duͤnſte bis in die Region der Wolken ſeyn. Es komme daher noch die Elektricitaͤt zu Huͤlfe, woraus auch Deſaguliers (Philoſ. Transact. no. 407. und Courſe of exper. philoſ. To. II. lect. 10.) die Sache erklaͤrt hat; wenn kleine Koͤrper von dieſer umgeben waͤren, wuͤrden ſie von der ebenfalls elektriſchen Luft angezogen; ſo ſey das Feuer (ignis mas) die Urſache des erſten Herausgehens, und die Elektricitaͤt (ignis femina) die Urſache des fernern Aufſteigens der Duͤnſte, wozu er denn auch noch das unterirdiſche Feuer, die Gaͤhrungen im Innern der Erde, die Winde rc. hinzuſetzt. Dieſe kurze Darſtellung der Muſſchenbroekiſchen Meinungen wird zeigen, wie ungewiß man damals uͤber die Urſachen der Ausduͤnſtung war, und mich daruͤber rechtfertigen, daß ich nicht noch mehrere Hypotheſen hinzuſetze.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/223>, abgerufen am 16.02.2025.
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