Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Da die Römer für die Sternkunde nichts Erhebliches gethan haben, so finden sich weitere Bemühungen um diese Wissenschaft erst vom neunten Jahrhundert nach C. G. an unter den Arabern oder Saracenen. Sie sind aber nicht von großem Erfolg gewesen. Obgleich verschiedene Califen, besonders Al-mamon zu Bagdad, die Wissenschaften eifrig unterstützten, auch die arabischen Astronomen häufig griechische Werke in ihre Sprache übersetzten, commentirten, und hin und wieder durch Vergleichung mit neuern Beobachtungen zu berichtigen suchten; so vermischten sie doch die Astronomie mit vielen willkührlichen Hypothesen und astrologischen Thorheiten. Die Verfertigung der alphonsinischen Tafeln in der Mitte des dreyzehnten Jahrhunderts ist die berühmteste astronomische Unternehmung des mittlern Zeitalters; allein diese Tafeln wichen im Jahr 1660 für einige Planeten fast um 2 Grad von dem wahren Himmelslauf ab. Inzwischen hat man den Arabern die Ueberlieferung der astronomischen Kenntnisse an den Occident größtentheils zu verdanken, wovon die Menge der noch gebräuchlichen arabischen Kunstworte ein deutlicher Beweis ist. Im funfzehnten Jahrhunderte ward das Studium der Sternkunde vorzüglich im Deutschland durch Purbach und Regiomontan belebt, welche sich um Rechnungen, Beobachtungen, Ephemeriden und Ausbreitung der griechischen Schriften unvergeßliche Verdienste erworben haben. Im sechszehnten Jahrhunderte stellte Copernikus das Ansehen der richtigern Weltordnung der Pythagoräer wieder her, welche über die Sternkunde ein ganz neues Licht zu verbreiten anfieng, ob ihr gleich die Urtheile der scholastischen Weltweisen und die übeln Auslegungen einiger Stellen der heil. Schrift noch lange Zeit entgegenstanden. Tycho de Brahe verbesserte in der letzten Helfte dieses Zeitraums die Werkzeuge und Methoden der Beobachtung. Er sammelte den Schatz von Beobachtungen, aus welchem im Anfange des siebzehnten Jahrhunderts
Da die Roͤmer fuͤr die Sternkunde nichts Erhebliches gethan haben, ſo finden ſich weitere Bemuͤhungen um dieſe Wiſſenſchaft erſt vom neunten Jahrhundert nach C. G. an unter den Arabern oder Saracenen. Sie ſind aber nicht von großem Erfolg geweſen. Obgleich verſchiedene Califen, beſonders Al-mamon zu Bagdad, die Wiſſenſchaften eifrig unterſtuͤtzten, auch die arabiſchen Aſtronomen haͤufig griechiſche Werke in ihre Sprache uͤberſetzten, commentirten, und hin und wieder durch Vergleichung mit neuern Beobachtungen zu berichtigen ſuchten; ſo vermiſchten ſie doch die Aſtronomie mit vielen willkuͤhrlichen Hypotheſen und aſtrologiſchen Thorheiten. Die Verfertigung der alphonſiniſchen Tafeln in der Mitte des dreyzehnten Jahrhunderts iſt die beruͤhmteſte aſtronomiſche Unternehmung des mittlern Zeitalters; allein dieſe Tafeln wichen im Jahr 1660 fuͤr einige Planeten faſt um 2 Grad von dem wahren Himmelslauf ab. Inzwiſchen hat man den Arabern die Ueberlieferung der aſtronomiſchen Kenntniſſe an den Occident groͤßtentheils zu verdanken, wovon die Menge der noch gebraͤuchlichen arabiſchen Kunſtworte ein deutlicher Beweis iſt. Im funfzehnten Jahrhunderte ward das Studium der Sternkunde vorzuͤglich im Deutſchland durch Purbach und Regiomontan belebt, welche ſich um Rechnungen, Beobachtungen, Ephemeriden und Ausbreitung der griechiſchen Schriften unvergeßliche Verdienſte erworben haben. Im ſechszehnten Jahrhunderte ſtellte Copernikus das Anſehen der richtigern Weltordnung der Pythagoraͤer wieder her, welche uͤber die Sternkunde ein ganz neues Licht zu verbreiten anfieng, ob ihr gleich die Urtheile der ſcholaſtiſchen Weltweiſen und die uͤbeln Auslegungen einiger Stellen der heil. Schrift noch lange Zeit entgegenſtanden. Tycho de Brahe verbeſſerte in der letzten Helfte dieſes Zeitraums die Werkzeuge und Methoden der Beobachtung. Er ſammelte den Schatz von Beobachtungen, aus welchem im Anfange des ſiebzehnten Jahrhunderts <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0157" xml:id="P.1.143" n="143"/><lb/> den Namen der <hi rendition="#b">ptolemaͤiſchen Weltordnung</hi> erhalten hat.</p> <p>Da die Roͤmer fuͤr die Sternkunde nichts Erhebliches gethan haben, ſo finden ſich weitere Bemuͤhungen um dieſe Wiſſenſchaft erſt vom neunten Jahrhundert nach C. G. an unter den Arabern oder Saracenen. Sie ſind aber nicht von großem Erfolg geweſen. Obgleich verſchiedene Califen, beſonders <hi rendition="#b">Al-mamon</hi> zu Bagdad, die Wiſſenſchaften eifrig unterſtuͤtzten, auch die arabiſchen Aſtronomen haͤufig griechiſche Werke in ihre Sprache uͤberſetzten, commentirten, und hin und wieder durch Vergleichung mit neuern Beobachtungen zu berichtigen ſuchten; ſo vermiſchten ſie doch die Aſtronomie mit vielen willkuͤhrlichen Hypotheſen und aſtrologiſchen Thorheiten. Die Verfertigung der <hi rendition="#b">alphonſiniſchen</hi> Tafeln in der Mitte des dreyzehnten Jahrhunderts iſt die beruͤhmteſte aſtronomiſche Unternehmung des mittlern Zeitalters; allein dieſe Tafeln wichen im Jahr 1660 fuͤr einige Planeten faſt um 2 Grad von dem wahren Himmelslauf ab. Inzwiſchen hat man den Arabern die Ueberlieferung der aſtronomiſchen Kenntniſſe an den Occident groͤßtentheils zu verdanken, wovon die Menge der noch gebraͤuchlichen arabiſchen Kunſtworte ein deutlicher Beweis iſt.</p> <p>Im funfzehnten Jahrhunderte ward das Studium der Sternkunde vorzuͤglich im Deutſchland durch <hi rendition="#b">Purbach</hi> und <hi rendition="#b">Regiomontan</hi> belebt, welche ſich um Rechnungen, Beobachtungen, Ephemeriden und Ausbreitung der griechiſchen Schriften unvergeßliche Verdienſte erworben haben. Im ſechszehnten Jahrhunderte ſtellte <hi rendition="#b">Copernikus</hi> das Anſehen der richtigern Weltordnung der Pythagoraͤer wieder her, welche uͤber die Sternkunde ein ganz neues Licht zu verbreiten anfieng, ob ihr gleich die Urtheile der ſcholaſtiſchen Weltweiſen und die uͤbeln Auslegungen einiger Stellen der heil. Schrift noch lange Zeit entgegenſtanden. <hi rendition="#b">Tycho de Brahe</hi> verbeſſerte in der letzten Helfte dieſes Zeitraums die Werkzeuge und Methoden der Beobachtung. Er ſammelte den Schatz von Beobachtungen, aus welchem im Anfange des ſiebzehnten Jahrhunderts<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [143/0157]
den Namen der ptolemaͤiſchen Weltordnung erhalten hat.
Da die Roͤmer fuͤr die Sternkunde nichts Erhebliches gethan haben, ſo finden ſich weitere Bemuͤhungen um dieſe Wiſſenſchaft erſt vom neunten Jahrhundert nach C. G. an unter den Arabern oder Saracenen. Sie ſind aber nicht von großem Erfolg geweſen. Obgleich verſchiedene Califen, beſonders Al-mamon zu Bagdad, die Wiſſenſchaften eifrig unterſtuͤtzten, auch die arabiſchen Aſtronomen haͤufig griechiſche Werke in ihre Sprache uͤberſetzten, commentirten, und hin und wieder durch Vergleichung mit neuern Beobachtungen zu berichtigen ſuchten; ſo vermiſchten ſie doch die Aſtronomie mit vielen willkuͤhrlichen Hypotheſen und aſtrologiſchen Thorheiten. Die Verfertigung der alphonſiniſchen Tafeln in der Mitte des dreyzehnten Jahrhunderts iſt die beruͤhmteſte aſtronomiſche Unternehmung des mittlern Zeitalters; allein dieſe Tafeln wichen im Jahr 1660 fuͤr einige Planeten faſt um 2 Grad von dem wahren Himmelslauf ab. Inzwiſchen hat man den Arabern die Ueberlieferung der aſtronomiſchen Kenntniſſe an den Occident groͤßtentheils zu verdanken, wovon die Menge der noch gebraͤuchlichen arabiſchen Kunſtworte ein deutlicher Beweis iſt.
Im funfzehnten Jahrhunderte ward das Studium der Sternkunde vorzuͤglich im Deutſchland durch Purbach und Regiomontan belebt, welche ſich um Rechnungen, Beobachtungen, Ephemeriden und Ausbreitung der griechiſchen Schriften unvergeßliche Verdienſte erworben haben. Im ſechszehnten Jahrhunderte ſtellte Copernikus das Anſehen der richtigern Weltordnung der Pythagoraͤer wieder her, welche uͤber die Sternkunde ein ganz neues Licht zu verbreiten anfieng, ob ihr gleich die Urtheile der ſcholaſtiſchen Weltweiſen und die uͤbeln Auslegungen einiger Stellen der heil. Schrift noch lange Zeit entgegenſtanden. Tycho de Brahe verbeſſerte in der letzten Helfte dieſes Zeitraums die Werkzeuge und Methoden der Beobachtung. Er ſammelte den Schatz von Beobachtungen, aus welchem im Anfange des ſiebzehnten Jahrhunderts
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