Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


les courbes anaclastiques, Mem. de l'Academ. roy. des Sc. ann. 1740.)
die Krümmungen, welche gerade Linien oder ebne Flächen anzunehmen scheinen, wenn sie durch gebrochne Stralen gesehen werden, wenn z. B. der Boden eines mit Wasser gefüllten Gefäßes von einem Auge in der Luft, oder die Decke des Zimmers von einem im Wasser stehenden oder durch ein Glas sehenden Auge betrachtet wird.

Anaklastisches Werkzeug

Instrumentum anaclasticum, Instrument anaclastique. Ein Werkzeug, womit man die Größe der Stralenbrechung in verschiedenen durchsichtigen Mitteln, und bey verschiedenen Einfallswinkeln, messen kan..

Die alten Optiker (man s. Kircher Ars magna lucis et umbrae, Romae 1686. p. 681. und Priestley Geschichte der Optik, durch Klügel, S. 86.) bedienten sich hiezu einer Halbkugel mit einem auf ihrem Rande stehenden Quadranten, und einer um dessen Mittelpunkt beweglichen Regel. Man füllte die Halbkugel mit der durchsichtigen flüßigen Materie an, neigete die Regel unter einen gewissen Einfallswinkel, und bemerkte die Stelle, wo sie wegen der Brechung den untern Theil der Kugel zu berühren schien.

Kepler (Dioptr. Aug. Vind. 1611. 4. L. I. c. 3.) beschreibt ein anderes Instrument, welches Wolf aus ihm anführt, durch den es in die Experimentalgeräthschaft der neuern Physiker gekommen ist. Ein gläserner Würfel HCBEGF (Taf. I. Fig. 13.) wird in den Winkel zweyer rechtwinklicht zusammengesetzten Breter ABIN und INOP gesetzt, von welchen das eine ABIN um das Stück CAHN vor dem Würfel vorraget, übrigens aber mit ihm eine gleiche Höhe hat. Setzt man dieses Instrument horizontal gegen die Sonne, so wird der Schatten des Bretes ABIN außer dem Würfel bis ML, innerhalb desselben aber nur bis KQ reichen. Man kan alsdann die Linien HL und HK messen, und aus ihnen nebst HC, durch trigonometrische Auflösung der Dreyecke HCL und HCK, die Winkel


les courbes anaclaſtiques, Mém. de l'Academ. roy. des Sc. ann. 1740.)
die Kruͤmmungen, welche gerade Linien oder ebne Flaͤchen anzunehmen ſcheinen, wenn ſie durch gebrochne Stralen geſehen werden, wenn z. B. der Boden eines mit Waſſer gefuͤllten Gefaͤßes von einem Auge in der Luft, oder die Decke des Zimmers von einem im Waſſer ſtehenden oder durch ein Glas ſehenden Auge betrachtet wird.

Anaklaſtiſches Werkzeug

Inſtrumentum anaclaſticum, Inſtrument anaclaſtique. Ein Werkzeug, womit man die Groͤße der Stralenbrechung in verſchiedenen durchſichtigen Mitteln, und bey verſchiedenen Einfallswinkeln, meſſen kan..

Die alten Optiker (man ſ. Kircher Ars magna lucis et umbrae, Romae 1686. p. 681. und Prieſtley Geſchichte der Optik, durch Kluͤgel, S. 86.) bedienten ſich hiezu einer Halbkugel mit einem auf ihrem Rande ſtehenden Quadranten, und einer um deſſen Mittelpunkt beweglichen Regel. Man fuͤllte die Halbkugel mit der durchſichtigen fluͤßigen Materie an, neigete die Regel unter einen gewiſſen Einfallswinkel, und bemerkte die Stelle, wo ſie wegen der Brechung den untern Theil der Kugel zu beruͤhren ſchien.

Kepler (Dioptr. Aug. Vind. 1611. 4. L. I. c. 3.) beſchreibt ein anderes Inſtrument, welches Wolf aus ihm anfuͤhrt, durch den es in die Experimentalgeraͤthſchaft der neuern Phyſiker gekommen iſt. Ein glaͤſerner Wuͤrfel HCBEGF (Taf. I. Fig. 13.) wird in den Winkel zweyer rechtwinklicht zuſammengeſetzten Breter ABIN und INOP geſetzt, von welchen das eine ABIN um das Stuͤck CAHN vor dem Wuͤrfel vorraget, uͤbrigens aber mit ihm eine gleiche Hoͤhe hat. Setzt man dieſes Inſtrument horizontal gegen die Sonne, ſo wird der Schatten des Bretes ABIN außer dem Wuͤrfel bis ML, innerhalb deſſelben aber nur bis KQ reichen. Man kan alsdann die Linien HL und HK meſſen, und aus ihnen nebſt HC, durch trigonometriſche Aufloͤſung der Dreyecke HCL und HCK, die Winkel

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><hi rendition="#aq"><pb facs="#f0111" xml:id="P.1.97" n="97"/><lb/>
les courbes anacla&#x017F;tiques, Mém. de l'Academ. roy. des Sc. ann. 1740.)</hi> die Kru&#x0364;mmungen, welche gerade Linien oder ebne Fla&#x0364;chen anzunehmen &#x017F;cheinen, wenn &#x017F;ie durch gebrochne Stralen ge&#x017F;ehen werden, wenn z. B. der Boden eines mit Wa&#x017F;&#x017F;er gefu&#x0364;llten Gefa&#x0364;ßes von einem Auge in der Luft, oder die Decke des Zimmers von einem im Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;tehenden oder durch ein Glas &#x017F;ehenden Auge betrachtet wird.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head>Anakla&#x017F;ti&#x017F;ches Werkzeug</head><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">In&#x017F;trumentum anacla&#x017F;ticum, <hi rendition="#i">In&#x017F;trument anacla&#x017F;tique.</hi></hi> Ein Werkzeug, womit man die Gro&#x0364;ße der Stralenbrechung in ver&#x017F;chiedenen durch&#x017F;ichtigen Mitteln, und bey ver&#x017F;chiedenen Einfallswinkeln, me&#x017F;&#x017F;en kan..</p>
          <p>Die alten Optiker (man &#x017F;. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Kircher</hi> Ars magna lucis et umbrae, Romae 1686. p. 681.</hi> und <hi rendition="#b">Prie&#x017F;tley</hi> Ge&#x017F;chichte der Optik, durch <hi rendition="#b">Klu&#x0364;gel,</hi> S. 86.) bedienten &#x017F;ich hiezu einer Halbkugel mit einem auf ihrem Rande &#x017F;tehenden Quadranten, und einer um de&#x017F;&#x017F;en Mittelpunkt beweglichen Regel. Man fu&#x0364;llte die Halbkugel mit der durch&#x017F;ichtigen flu&#x0364;ßigen Materie an, neigete die Regel unter einen gewi&#x017F;&#x017F;en Einfallswinkel, und bemerkte die Stelle, wo &#x017F;ie wegen der Brechung den untern Theil der Kugel zu beru&#x0364;hren &#x017F;chien.</p>
          <p><hi rendition="#b">Kepler</hi><hi rendition="#aq">(Dioptr. Aug. Vind. 1611. 4. L. I. c. 3.)</hi> be&#x017F;chreibt ein anderes In&#x017F;trument, welches <hi rendition="#b">Wolf</hi> aus ihm anfu&#x0364;hrt, durch den es in die Experimentalgera&#x0364;th&#x017F;chaft der neuern Phy&#x017F;iker gekommen i&#x017F;t. Ein gla&#x0364;&#x017F;erner Wu&#x0364;rfel <hi rendition="#aq">HCBEGF</hi> (Taf. <hi rendition="#aq">I.</hi> Fig. 13.) wird in den Winkel zweyer rechtwinklicht zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten Breter <hi rendition="#aq">ABIN</hi> und <hi rendition="#aq">INOP</hi> ge&#x017F;etzt, von welchen das eine <hi rendition="#aq">ABIN</hi> um das Stu&#x0364;ck <hi rendition="#aq">CAHN</hi> vor dem Wu&#x0364;rfel vorraget, u&#x0364;brigens aber mit ihm eine gleiche Ho&#x0364;he hat. Setzt man die&#x017F;es In&#x017F;trument horizontal gegen die Sonne, &#x017F;o wird der Schatten des Bretes <hi rendition="#aq">ABIN</hi> außer dem Wu&#x0364;rfel bis <hi rendition="#aq">ML,</hi> innerhalb de&#x017F;&#x017F;elben aber nur bis <hi rendition="#aq">KQ</hi> reichen. Man kan alsdann die Linien <hi rendition="#aq">HL</hi> und <hi rendition="#aq">HK</hi> me&#x017F;&#x017F;en, und aus ihnen neb&#x017F;t <hi rendition="#aq">HC,</hi> durch trigonometri&#x017F;che Auflo&#x0364;&#x017F;ung der Dreyecke <hi rendition="#aq">HCL</hi> und <hi rendition="#aq">HCK,</hi> die Winkel<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[97/0111] les courbes anaclaſtiques, Mém. de l'Academ. roy. des Sc. ann. 1740.) die Kruͤmmungen, welche gerade Linien oder ebne Flaͤchen anzunehmen ſcheinen, wenn ſie durch gebrochne Stralen geſehen werden, wenn z. B. der Boden eines mit Waſſer gefuͤllten Gefaͤßes von einem Auge in der Luft, oder die Decke des Zimmers von einem im Waſſer ſtehenden oder durch ein Glas ſehenden Auge betrachtet wird. Anaklaſtiſches Werkzeug Inſtrumentum anaclaſticum, Inſtrument anaclaſtique. Ein Werkzeug, womit man die Groͤße der Stralenbrechung in verſchiedenen durchſichtigen Mitteln, und bey verſchiedenen Einfallswinkeln, meſſen kan.. Die alten Optiker (man ſ. Kircher Ars magna lucis et umbrae, Romae 1686. p. 681. und Prieſtley Geſchichte der Optik, durch Kluͤgel, S. 86.) bedienten ſich hiezu einer Halbkugel mit einem auf ihrem Rande ſtehenden Quadranten, und einer um deſſen Mittelpunkt beweglichen Regel. Man fuͤllte die Halbkugel mit der durchſichtigen fluͤßigen Materie an, neigete die Regel unter einen gewiſſen Einfallswinkel, und bemerkte die Stelle, wo ſie wegen der Brechung den untern Theil der Kugel zu beruͤhren ſchien. Kepler (Dioptr. Aug. Vind. 1611. 4. L. I. c. 3.) beſchreibt ein anderes Inſtrument, welches Wolf aus ihm anfuͤhrt, durch den es in die Experimentalgeraͤthſchaft der neuern Phyſiker gekommen iſt. Ein glaͤſerner Wuͤrfel HCBEGF (Taf. I. Fig. 13.) wird in den Winkel zweyer rechtwinklicht zuſammengeſetzten Breter ABIN und INOP geſetzt, von welchen das eine ABIN um das Stuͤck CAHN vor dem Wuͤrfel vorraget, uͤbrigens aber mit ihm eine gleiche Hoͤhe hat. Setzt man dieſes Inſtrument horizontal gegen die Sonne, ſo wird der Schatten des Bretes ABIN außer dem Wuͤrfel bis ML, innerhalb deſſelben aber nur bis KQ reichen. Man kan alsdann die Linien HL und HK meſſen, und aus ihnen nebſt HC, durch trigonometriſche Aufloͤſung der Dreyecke HCL und HCK, die Winkel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/111
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/111>, abgerufen am 12.12.2024.