erfüllten Raum(plein absolu) des Descartes, und wenn einige seiner Schüler und deren Ausschreiber aus Misverstand, zum Theil aus Unverstand, weiter gegangen sind, so muß man ihre kühnen Aussprüche nicht für Behauptungen des weit bescheidnern und vorsichtigern Lehrers halten.
Euler macht sich vom Aether, der ihm zu seiner Theorie vom Lichte unentbehrlich ist, die Vorstellung, daß er eine höchst feine, flüßige, elastische Materie sey, und vermöge seiner Elasticität die Himmelsräume sowohl, als die Zwischenräume der Körper erfülle. Er erklärt durch die Schwingungen desselben das Licht und die Farben, aus seiner Elasticität die elektrischen Erscheinungen und viele andere Phänomene der Natur. Der Beyfall, den die Eulerische Theorie des Lichts unter den Naturforschern gefunden hat, hat auch dieser Idee vom Aether eine fast allgemeine Aufnahme verschaft; und in der That kan man eben so wenig gegen die Wahrscheinlichkeit des Daseyns einer solchen Flüßigkeit etwas einwenden, als man unmittelbare Beweise dafür anführen oder Versuche über ihre Natur anstellen kan. Daß die Himmelsräume nicht leer sind, und daß selbst in luftleeren Räumen noch etwas weit Feineres, als Luft, vorhanden sey, läßt sich gar nicht läugnen: daß man dieses Etwas Aether nenne, dawider ist nichts einzuwenden, wenn man nur zugleich gestehet, daß wir nicht viel von diesem Etwas wissen.
Einige Astronomen haben in den Bewegungen der Planeten Veränderungen finden wollen, welche einigen Widerstand des Mittels, in welchem sie laufen, anzuzeigen scheinen. Euler(De relaxatione motus planetarum a resistentia aetheris orta, in Opusc. To. I. no. 4.) setzt sie hauptsächlich in eine Verkürzung der großen Axe ihrer Bahnen und der Umlaufszeiten; er nimmt an, das Sonnenjahr werde alle Jahrhunderte etwa um 5 Secunden kürzer. Die Pariser Akademie der Wissenschaften hatte für 1762 die Frage aufgegeben, ob dergleichen Widerstand vorhanden wäre, und was er für Wirkungen hätte. Der Abbe Bossut erhielt den Preis und Herr Albert Euler
erfuͤllten Raum(plein abſolu) des Descartes, und wenn einige ſeiner Schuͤler und deren Ausſchreiber aus Misverſtand, zum Theil aus Unverſtand, weiter gegangen ſind, ſo muß man ihre kuͤhnen Ausſpruͤche nicht fuͤr Behauptungen des weit beſcheidnern und vorſichtigern Lehrers halten.
Euler macht ſich vom Aether, der ihm zu ſeiner Theorie vom Lichte unentbehrlich iſt, die Vorſtellung, daß er eine hoͤchſt feine, fluͤßige, elaſtiſche Materie ſey, und vermoͤge ſeiner Elaſticitaͤt die Himmelsraͤume ſowohl, als die Zwiſchenraͤume der Koͤrper erfuͤlle. Er erklaͤrt durch die Schwingungen deſſelben das Licht und die Farben, aus ſeiner Elaſticitaͤt die elektriſchen Erſcheinungen und viele andere Phaͤnomene der Natur. Der Beyfall, den die Euleriſche Theorie des Lichts unter den Naturforſchern gefunden hat, hat auch dieſer Idee vom Aether eine faſt allgemeine Aufnahme verſchaft; und in der That kan man eben ſo wenig gegen die Wahrſcheinlichkeit des Daſeyns einer ſolchen Fluͤßigkeit etwas einwenden, als man unmittelbare Beweiſe dafuͤr anfuͤhren oder Verſuche uͤber ihre Natur anſtellen kan. Daß die Himmelsraͤume nicht leer ſind, und daß ſelbſt in luftleeren Raͤumen noch etwas weit Feineres, als Luft, vorhanden ſey, laͤßt ſich gar nicht laͤugnen: daß man dieſes Etwas Aether nenne, dawider iſt nichts einzuwenden, wenn man nur zugleich geſtehet, daß wir nicht viel von dieſem Etwas wiſſen.
Einige Aſtronomen haben in den Bewegungen der Planeten Veraͤnderungen finden wollen, welche einigen Widerſtand des Mittels, in welchem ſie laufen, anzuzeigen ſcheinen. Euler(De relaxatione motus planetarum a reſiſtentia aetheris orta, in Opuſc. To. I. no. 4.) ſetzt ſie hauptſaͤchlich in eine Verkuͤrzung der großen Axe ihrer Bahnen und der Umlaufszeiten; er nimmt an, das Sonnenjahr werde alle Jahrhunderte etwa um 5 Secunden kuͤrzer. Die Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften hatte fuͤr 1762 die Frage aufgegeben, ob dergleichen Widerſtand vorhanden waͤre, und was er fuͤr Wirkungen haͤtte. Der Abbé Boſſut erhielt den Preis und Herr Albert Euler
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0100"xml:id="P.1.86"n="86"/><lb/><hirendition="#b">erfuͤllten Raum</hi><hirendition="#aq">(<hirendition="#i">plein abſolu</hi>)</hi> des <hirendition="#b">Descartes,</hi> und wenn einige ſeiner Schuͤler und deren Ausſchreiber aus Misverſtand, zum Theil aus Unverſtand, weiter gegangen ſind, ſo muß man ihre kuͤhnen Ausſpruͤche nicht fuͤr Behauptungen des weit beſcheidnern und vorſichtigern Lehrers halten.</p><p><hirendition="#b">Euler</hi> macht ſich vom <hirendition="#b">Aether,</hi> der ihm zu ſeiner Theorie vom Lichte unentbehrlich iſt, die Vorſtellung, daß er eine hoͤchſt feine, fluͤßige, elaſtiſche Materie ſey, und vermoͤge ſeiner Elaſticitaͤt die Himmelsraͤume ſowohl, als die Zwiſchenraͤume der Koͤrper erfuͤlle. Er erklaͤrt durch die Schwingungen deſſelben das Licht und die Farben, aus ſeiner Elaſticitaͤt die elektriſchen Erſcheinungen und viele andere Phaͤnomene der Natur. Der Beyfall, den die Euleriſche Theorie des Lichts unter den Naturforſchern gefunden hat, hat auch dieſer Idee vom Aether eine faſt allgemeine Aufnahme verſchaft; und in der That kan man eben ſo wenig gegen die Wahrſcheinlichkeit des Daſeyns einer ſolchen Fluͤßigkeit etwas einwenden, als man unmittelbare Beweiſe dafuͤr anfuͤhren oder Verſuche uͤber ihre Natur anſtellen kan. Daß die Himmelsraͤume nicht leer ſind, und daß ſelbſt in luftleeren Raͤumen noch etwas weit Feineres, als Luft, vorhanden ſey, laͤßt ſich gar nicht laͤugnen: daß man dieſes Etwas <hirendition="#b">Aether</hi> nenne, dawider iſt nichts einzuwenden, wenn man nur zugleich geſtehet, daß wir nicht viel von dieſem Etwas wiſſen.</p><p>Einige Aſtronomen haben in den Bewegungen der Planeten Veraͤnderungen finden wollen, welche einigen Widerſtand des Mittels, in welchem ſie laufen, anzuzeigen ſcheinen. <hirendition="#b">Euler</hi><hirendition="#aq">(De relaxatione motus planetarum a reſiſtentia aetheris orta, in Opuſc. To. I. no. 4.)</hi>ſetzt ſie hauptſaͤchlich in eine Verkuͤrzung der großen Axe ihrer Bahnen und der Umlaufszeiten; er nimmt an, das Sonnenjahr werde alle Jahrhunderte etwa um 5 Secunden kuͤrzer. Die Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften hatte fuͤr 1762 die Frage aufgegeben, ob dergleichen Widerſtand vorhanden waͤre, und was er fuͤr Wirkungen haͤtte. Der Abbé <hirendition="#b">Boſſut</hi> erhielt den Preis und Herr <hirendition="#b">Albert Euler</hi><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[86/0100]
erfuͤllten Raum (plein abſolu) des Descartes, und wenn einige ſeiner Schuͤler und deren Ausſchreiber aus Misverſtand, zum Theil aus Unverſtand, weiter gegangen ſind, ſo muß man ihre kuͤhnen Ausſpruͤche nicht fuͤr Behauptungen des weit beſcheidnern und vorſichtigern Lehrers halten.
Euler macht ſich vom Aether, der ihm zu ſeiner Theorie vom Lichte unentbehrlich iſt, die Vorſtellung, daß er eine hoͤchſt feine, fluͤßige, elaſtiſche Materie ſey, und vermoͤge ſeiner Elaſticitaͤt die Himmelsraͤume ſowohl, als die Zwiſchenraͤume der Koͤrper erfuͤlle. Er erklaͤrt durch die Schwingungen deſſelben das Licht und die Farben, aus ſeiner Elaſticitaͤt die elektriſchen Erſcheinungen und viele andere Phaͤnomene der Natur. Der Beyfall, den die Euleriſche Theorie des Lichts unter den Naturforſchern gefunden hat, hat auch dieſer Idee vom Aether eine faſt allgemeine Aufnahme verſchaft; und in der That kan man eben ſo wenig gegen die Wahrſcheinlichkeit des Daſeyns einer ſolchen Fluͤßigkeit etwas einwenden, als man unmittelbare Beweiſe dafuͤr anfuͤhren oder Verſuche uͤber ihre Natur anſtellen kan. Daß die Himmelsraͤume nicht leer ſind, und daß ſelbſt in luftleeren Raͤumen noch etwas weit Feineres, als Luft, vorhanden ſey, laͤßt ſich gar nicht laͤugnen: daß man dieſes Etwas Aether nenne, dawider iſt nichts einzuwenden, wenn man nur zugleich geſtehet, daß wir nicht viel von dieſem Etwas wiſſen.
Einige Aſtronomen haben in den Bewegungen der Planeten Veraͤnderungen finden wollen, welche einigen Widerſtand des Mittels, in welchem ſie laufen, anzuzeigen ſcheinen. Euler (De relaxatione motus planetarum a reſiſtentia aetheris orta, in Opuſc. To. I. no. 4.) ſetzt ſie hauptſaͤchlich in eine Verkuͤrzung der großen Axe ihrer Bahnen und der Umlaufszeiten; er nimmt an, das Sonnenjahr werde alle Jahrhunderte etwa um 5 Secunden kuͤrzer. Die Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften hatte fuͤr 1762 die Frage aufgegeben, ob dergleichen Widerſtand vorhanden waͤre, und was er fuͤr Wirkungen haͤtte. Der Abbé Boſſut erhielt den Preis und Herr Albert Euler
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: aufgelöst;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: keine Angabe;
Zeichensetzung: keine Angabe;
Zeilenumbrüche markiert: nein;
Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/100>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.