Seele erleuchtet, ohne sie aufzulösen, ist für ihn nicht gemacht. Was er also nicht zu sagen weiß, davon hat er auch gewiß keine Vorstel- lung.
Die reine Mathematik ist ein rechter Probier- stein für diese Köpfe. Da sie fast die einzige Wis- senschaft ist, wo nur eine Idee, (die Idee der Größe,) durchaus entwickelt wird; da in ihr nir- gends Einbildung, aber allenthalben Verstand herrscht; da hier das Nachdenken durch keine von den Schwierigkeiten aufgehalten wird, die in der Philosophie den Fortgang so langsam und oft die Schritte so unsicher machen: so muß diese Wissen- schaft dieser Art von Verstande angemessen seyn. Wer also bey ihrer Erklärung die Beweise leicht einsieht, dem Lehrer in seinen Schlüssen zuvor- kömmt, und zuweilen von dem Satze, der vorge- tragen wird, schon die Beweise vorhersieht, der hat diesen Verstand gewiß. Sollte dieß nicht ein Grund mehr seyn, warum die Mathematik sehr bequem wäre, um damit den Unterricht eines künf- tigen Gelehrten anzufangen?
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der Faͤhigkeiten.
Seele erleuchtet, ohne ſie aufzuloͤſen, iſt fuͤr ihn nicht gemacht. Was er alſo nicht zu ſagen weiß, davon hat er auch gewiß keine Vorſtel- lung.
Die reine Mathematik iſt ein rechter Probier- ſtein fuͤr dieſe Koͤpfe. Da ſie faſt die einzige Wiſ- ſenſchaft iſt, wo nur eine Idee, (die Idee der Groͤße,) durchaus entwickelt wird; da in ihr nir- gends Einbildung, aber allenthalben Verſtand herrſcht; da hier das Nachdenken durch keine von den Schwierigkeiten aufgehalten wird, die in der Philoſophie den Fortgang ſo langſam und oft die Schritte ſo unſicher machen: ſo muß dieſe Wiſſen- ſchaft dieſer Art von Verſtande angemeſſen ſeyn. Wer alſo bey ihrer Erklaͤrung die Beweiſe leicht einſieht, dem Lehrer in ſeinen Schluͤſſen zuvor- koͤmmt, und zuweilen von dem Satze, der vorge- tragen wird, ſchon die Beweiſe vorherſieht, der hat dieſen Verſtand gewiß. Sollte dieß nicht ein Grund mehr ſeyn, warum die Mathematik ſehr bequem waͤre, um damit den Unterricht eines kuͤnf- tigen Gelehrten anzufangen?
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der Faͤhigkeiten.
Seele erleuchtet, ohne ſie aufzuloͤſen, iſt fuͤr
ihn nicht gemacht. Was er alſo nicht zu ſagen
weiß, davon hat er auch gewiß keine Vorſtel-
lung.
Die reine Mathematik iſt ein rechter Probier-
ſtein fuͤr dieſe Koͤpfe. Da ſie faſt die einzige Wiſ-
ſenſchaft iſt, wo nur eine Idee, (die Idee der
Groͤße,) durchaus entwickelt wird; da in ihr nir-
gends Einbildung, aber allenthalben Verſtand
herrſcht; da hier das Nachdenken durch keine von
den Schwierigkeiten aufgehalten wird, die in der
Philoſophie den Fortgang ſo langſam und oft die
Schritte ſo unſicher machen: ſo muß dieſe Wiſſen-
ſchaft dieſer Art von Verſtande angemeſſen ſeyn.
Wer alſo bey ihrer Erklaͤrung die Beweiſe leicht
einſieht, dem Lehrer in ſeinen Schluͤſſen zuvor-
koͤmmt, und zuweilen von dem Satze, der vorge-
tragen wird, ſchon die Beweiſe vorherſieht, der
hat dieſen Verſtand gewiß. Sollte dieß nicht ein
Grund mehr ſeyn, warum die Mathematik ſehr
bequem waͤre, um damit den Unterricht eines kuͤnf-
tigen Gelehrten anzufangen?
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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/73>, abgerufen am 23.11.2024.
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