Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.der Fähigkeiten. wisse Theile, niemals den ganzen Eindruck be-zeichnen. Plato sezt deswegen die Staatsmänner und den Wahrsager in eine Klasse, und leitet bey beiden diese Gabe, das Zukünftige ohne Schlüsse zu entscheiden, (weil sich die Wirkungen der Seele dabey nicht erklären lassen,) von dem Einflusse ei- ner höhern Macht her; denn, sagt Sokrates, daß diese Gabe nicht unter die Wissenschaften gehöret, sehen wir augenscheinlich. Wem würden Perikles und Themistokles eher diese Kunst gelehrt haben, wenn sie sich lernen ließe, als ihren Söhnen, die doch ohne Ansehn und Einfluß in Griechenland waren? Fünftens. Diese Art von Verstand macht D 5
der Faͤhigkeiten. wiſſe Theile, niemals den ganzen Eindruck be-zeichnen. Plato ſezt deswegen die Staatsmaͤnner und den Wahrſager in eine Klaſſe, und leitet bey beiden dieſe Gabe, das Zukuͤnftige ohne Schluͤſſe zu entſcheiden, (weil ſich die Wirkungen der Seele dabey nicht erklaͤren laſſen,) von dem Einfluſſe ei- ner hoͤhern Macht her; denn, ſagt Sokrates, daß dieſe Gabe nicht unter die Wiſſenſchaften gehoͤret, ſehen wir augenſcheinlich. Wem wuͤrden Perikles und Themiſtokles eher dieſe Kunſt gelehrt haben, wenn ſie ſich lernen ließe, als ihren Soͤhnen, die doch ohne Anſehn und Einfluß in Griechenland waren? Fuͤnftens. Dieſe Art von Verſtand macht D 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0063" n="57"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Faͤhigkeiten.</hi></fw><lb/> wiſſe Theile, niemals den ganzen Eindruck be-<lb/> zeichnen. Plato ſezt deswegen die Staatsmaͤnner<lb/> und den Wahrſager in eine Klaſſe, und leitet bey<lb/> beiden dieſe Gabe, das Zukuͤnftige ohne Schluͤſſe<lb/> zu entſcheiden, (weil ſich die Wirkungen der Seele<lb/> dabey nicht erklaͤren laſſen,) von dem Einfluſſe ei-<lb/> ner hoͤhern Macht her; denn, ſagt Sokrates, daß<lb/> dieſe Gabe nicht unter die Wiſſenſchaften gehoͤret,<lb/> ſehen wir augenſcheinlich. Wem wuͤrden Perikles<lb/> und Themiſtokles eher dieſe Kunſt gelehrt haben,<lb/> wenn ſie ſich lernen ließe, als ihren Soͤhnen, die<lb/> doch ohne Anſehn und Einfluß in Griechenland<lb/> waren?</p><lb/> <p>Fuͤnftens. Dieſe Art von Verſtand macht<lb/> endlich, daß der Menſch uͤber Begebenheiten, Per-<lb/> ſonen und Handlungen richtige Urtheile faͤllen<lb/> kann, unerachtet er verlegen iſt, wenn er die Ei-<lb/> genſchaften, die er den Dingen beylegt, erklaͤren,<lb/> oder die Gruͤnde anfuͤhren ſoll, warum ihnen die-<lb/> ſelbe zukommen. Er iſt deswegen ein genauer<lb/> Beobachter der Unſchicklichkeit in dem Betragen<lb/> anderer, empfindet das Laͤcherliche leicht und ge-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">D 5</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [57/0063]
der Faͤhigkeiten.
wiſſe Theile, niemals den ganzen Eindruck be-
zeichnen. Plato ſezt deswegen die Staatsmaͤnner
und den Wahrſager in eine Klaſſe, und leitet bey
beiden dieſe Gabe, das Zukuͤnftige ohne Schluͤſſe
zu entſcheiden, (weil ſich die Wirkungen der Seele
dabey nicht erklaͤren laſſen,) von dem Einfluſſe ei-
ner hoͤhern Macht her; denn, ſagt Sokrates, daß
dieſe Gabe nicht unter die Wiſſenſchaften gehoͤret,
ſehen wir augenſcheinlich. Wem wuͤrden Perikles
und Themiſtokles eher dieſe Kunſt gelehrt haben,
wenn ſie ſich lernen ließe, als ihren Soͤhnen, die
doch ohne Anſehn und Einfluß in Griechenland
waren?
Fuͤnftens. Dieſe Art von Verſtand macht
endlich, daß der Menſch uͤber Begebenheiten, Per-
ſonen und Handlungen richtige Urtheile faͤllen
kann, unerachtet er verlegen iſt, wenn er die Ei-
genſchaften, die er den Dingen beylegt, erklaͤren,
oder die Gruͤnde anfuͤhren ſoll, warum ihnen die-
ſelbe zukommen. Er iſt deswegen ein genauer
Beobachter der Unſchicklichkeit in dem Betragen
anderer, empfindet das Laͤcherliche leicht und ge-
D 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |