Jede Empfindung bezieht sich auf einen ein- zelnen Gegenstand. Wenn also die Empfindung die einzige Art von Vorstellungen ist, so muß sie entweder so weit ausgebreitet seyn, wie die Na- tur selbst; alsdann würde sie die allgemeinen Be- griffe unnöthig machen, aber sie ist nur eine Ei- genschaft der Gottheit; oder sie ist nur auf Einen Gegenstand eingeschränkt, alsdann macht sie allen Fortgang der Erkenntniß unmöglich, und ist das Unterscheidende des Thiers. Um also unsrer Ein- schränkung zu Hülfe zu kommen, mußten wir die Geschicklichkeit erhalten, die unendliche Menge von einzelnen Gegenständen, die sich uns nach und nach durch die Sinnen darstellen, unter gewisse Klassen und gleichsam in große Gruppen zu brin- gen, wir mußten ein Mittel haben, aus unsern Empfindungen, die für sich abgesonderte und im- mer neue Ganze ausmachten, einen gewissen Theil herauszuziehen, der der Seele zurückbliebe, wenn die Empfindung selbst schon lange vergessen wäre; und die unermeßliche Mannichfaltigkeit von Ei- genschaften, die mit jedem einzelnen Dinge sich
Ueber die Pruͤfung
Jede Empfindung bezieht ſich auf einen ein- zelnen Gegenſtand. Wenn alſo die Empfindung die einzige Art von Vorſtellungen iſt, ſo muß ſie entweder ſo weit ausgebreitet ſeyn, wie die Na- tur ſelbſt; alsdann wuͤrde ſie die allgemeinen Be- griffe unnoͤthig machen, aber ſie iſt nur eine Ei- genſchaft der Gottheit; oder ſie iſt nur auf Einen Gegenſtand eingeſchraͤnkt, alsdann macht ſie allen Fortgang der Erkenntniß unmoͤglich, und iſt das Unterſcheidende des Thiers. Um alſo unſrer Ein- ſchraͤnkung zu Huͤlfe zu kommen, mußten wir die Geſchicklichkeit erhalten, die unendliche Menge von einzelnen Gegenſtaͤnden, die ſich uns nach und nach durch die Sinnen darſtellen, unter gewiſſe Klaſſen und gleichſam in große Gruppen zu brin- gen, wir mußten ein Mittel haben, aus unſern Empfindungen, die fuͤr ſich abgeſonderte und im- mer neue Ganze ausmachten, einen gewiſſen Theil herauszuziehen, der der Seele zuruͤckbliebe, wenn die Empfindung ſelbſt ſchon lange vergeſſen waͤre; und die unermeßliche Mannichfaltigkeit von Ei- genſchaften, die mit jedem einzelnen Dinge ſich
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Ueber die Pruͤfung
Jede Empfindung bezieht ſich auf einen ein-
zelnen Gegenſtand. Wenn alſo die Empfindung
die einzige Art von Vorſtellungen iſt, ſo muß ſie
entweder ſo weit ausgebreitet ſeyn, wie die Na-
tur ſelbſt; alsdann wuͤrde ſie die allgemeinen Be-
griffe unnoͤthig machen, aber ſie iſt nur eine Ei-
genſchaft der Gottheit; oder ſie iſt nur auf Einen
Gegenſtand eingeſchraͤnkt, alsdann macht ſie allen
Fortgang der Erkenntniß unmoͤglich, und iſt das
Unterſcheidende des Thiers. Um alſo unſrer Ein-
ſchraͤnkung zu Huͤlfe zu kommen, mußten wir die
Geſchicklichkeit erhalten, die unendliche Menge
von einzelnen Gegenſtaͤnden, die ſich uns nach und
nach durch die Sinnen darſtellen, unter gewiſſe
Klaſſen und gleichſam in große Gruppen zu brin-
gen, wir mußten ein Mittel haben, aus unſern
Empfindungen, die fuͤr ſich abgeſonderte und im-
mer neue Ganze ausmachten, einen gewiſſen Theil
herauszuziehen, der der Seele zuruͤckbliebe, wenn
die Empfindung ſelbſt ſchon lange vergeſſen waͤre;
und die unermeßliche Mannichfaltigkeit von Ei-
genſchaften, die mit jedem einzelnen Dinge ſich
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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/54>, abgerufen am 23.11.2024.
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