gensten Zeit, und mit der größten Schonung beyzubringen.
Tentaturum aditus, et quae mollissima fandi Tempora, quis rebus dexter modus.
Aeneas ist also nicht ganz unzärtlich. Aber er ist doch für unsre Empfindung für unsre Sitten zu kalt. Ohnezweifel hat das Alterthum, das in Muth und Entschlossenheit fast alle Tugenden der Männer sezte, und das die Liebe für eine schändlichere Schwachheit derselben ansah als wir, anders davon geurtheilt. Davon aber bin ich noch nicht überzeugt, daß Aeneas nicht für alle Zeitalter interessanter geworden wäre, wenn bey ihm, wo nicht Liebe, doch Dankbar- keit mit der Pflicht des Gehorsams gekämpft hätte.
Dido erfährt die Anstalten zur Abreise, ehe sie noch Aeneas ihr entdeckt.
quis fallere possit amantem?
Die Vorwürfe in die sie ausbricht, da sie ihn sieht, (V. 305 -- 330) die kalte und bloß ver-
uͤber das Intereſſirende.
genſten Zeit, und mit der groͤßten Schonung beyzubringen.
Tentaturum aditus, et quae molliſſima fandi Tempora, quis rebus dexter modus.
Aeneas iſt alſo nicht ganz unzaͤrtlich. Aber er iſt doch fuͤr unſre Empfindung fuͤr unſre Sitten zu kalt. Ohnezweifel hat das Alterthum, das in Muth und Entſchloſſenheit faſt alle Tugenden der Maͤnner ſezte, und das die Liebe fuͤr eine ſchaͤndlichere Schwachheit derſelben anſah als wir, anders davon geurtheilt. Davon aber bin ich noch nicht uͤberzeugt, daß Aeneas nicht fuͤr alle Zeitalter intereſſanter geworden waͤre, wenn bey ihm, wo nicht Liebe, doch Dankbar- keit mit der Pflicht des Gehorſams gekaͤmpft haͤtte.
Dido erfaͤhrt die Anſtalten zur Abreiſe, ehe ſie noch Aeneas ihr entdeckt.
quis fallere poſſit amantem?
Die Vorwuͤrfe in die ſie ausbricht, da ſie ihn ſieht, (V. 305 — 330) die kalte und bloß ver-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0417"n="411"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">uͤber das Intereſſirende.</hi></fw><lb/>
genſten Zeit, und mit der groͤßten Schonung<lb/>
beyzubringen.</p><lb/><cit><quote><hirendition="#aq">Tentaturum aditus, et quae molliſſima fandi<lb/>
Tempora, quis rebus dexter modus.</hi></quote></cit><lb/><p>Aeneas iſt alſo nicht ganz unzaͤrtlich. Aber er<lb/>
iſt doch fuͤr unſre Empfindung fuͤr unſre Sitten<lb/>
zu kalt. Ohnezweifel hat das Alterthum, das<lb/>
in Muth und Entſchloſſenheit faſt alle Tugenden<lb/>
der Maͤnner ſezte, und das die Liebe fuͤr eine<lb/>ſchaͤndlichere Schwachheit derſelben anſah als<lb/>
wir, anders davon geurtheilt. Davon aber<lb/>
bin ich noch nicht uͤberzeugt, daß Aeneas nicht<lb/>
fuͤr alle Zeitalter intereſſanter geworden waͤre,<lb/>
wenn bey ihm, wo nicht Liebe, doch Dankbar-<lb/>
keit mit der Pflicht des Gehorſams gekaͤmpft<lb/>
haͤtte.</p><lb/><p>Dido erfaͤhrt die Anſtalten zur Abreiſe, ehe<lb/>ſie noch Aeneas ihr entdeckt.</p><lb/><cit><quote><hirendition="#et"><hirendition="#aq">quis fallere poſſit amantem?</hi></hi></quote></cit><lb/><p>Die Vorwuͤrfe in die ſie ausbricht, da ſie ihn<lb/>ſieht, (V. 305 — 330) die kalte und bloß ver-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[411/0417]
uͤber das Intereſſirende.
genſten Zeit, und mit der groͤßten Schonung
beyzubringen.
Tentaturum aditus, et quae molliſſima fandi
Tempora, quis rebus dexter modus.
Aeneas iſt alſo nicht ganz unzaͤrtlich. Aber er
iſt doch fuͤr unſre Empfindung fuͤr unſre Sitten
zu kalt. Ohnezweifel hat das Alterthum, das
in Muth und Entſchloſſenheit faſt alle Tugenden
der Maͤnner ſezte, und das die Liebe fuͤr eine
ſchaͤndlichere Schwachheit derſelben anſah als
wir, anders davon geurtheilt. Davon aber
bin ich noch nicht uͤberzeugt, daß Aeneas nicht
fuͤr alle Zeitalter intereſſanter geworden waͤre,
wenn bey ihm, wo nicht Liebe, doch Dankbar-
keit mit der Pflicht des Gehorſams gekaͤmpft
haͤtte.
Dido erfaͤhrt die Anſtalten zur Abreiſe, ehe
ſie noch Aeneas ihr entdeckt.
quis fallere poſſit amantem?
Die Vorwuͤrfe in die ſie ausbricht, da ſie ihn
ſieht, (V. 305 — 330) die kalte und bloß ver-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/417>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.