desto weniger wird es von der ersten haben, be- sonders von den unfruchtbaren Gegenständen, mit denen man gemeiniglich den Unterricht an- fängt. Eine Seele, die mit wirklichen Bildern von Dingen erfüllt ist, wird sich sehr ungern von denselben zu bloßen Worten wegwenden, die es nicht versteht; und je lebhaftere Eindrücke es be- kömmt, mit desto größerm Widerwillen wird es sich die Gewalt anthun, Sachen zu behalten, die ohne alle Eindrücke sind.
Die Geschichte der Genies hat diese Anmer- kung bestätigt, und oft das Urtheil ihrer ersten Schullehrer widerlegt.
Nur noch zwey Worte über diese ganze Ma- terie.
Erstlich. Es ist nichts schwerer, als die Em- pfindungen anderer zu beurtheilen oder zu verglei- chen. Unsre Sprache drückt das sinnliche Bild bloß durch den Namen des Gegenstandes aus. Jeder erinnert sich also bey dem Worte an seine eigne Idee, aber keiner erfährt die Idee des an- dern. Die Mittheilung der Gedanken besteht
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der Faͤhigkeiten.
deſto weniger wird es von der erſten haben, be- ſonders von den unfruchtbaren Gegenſtaͤnden, mit denen man gemeiniglich den Unterricht an- faͤngt. Eine Seele, die mit wirklichen Bildern von Dingen erfuͤllt iſt, wird ſich ſehr ungern von denſelben zu bloßen Worten wegwenden, die es nicht verſteht; und je lebhaftere Eindruͤcke es be- koͤmmt, mit deſto groͤßerm Widerwillen wird es ſich die Gewalt anthun, Sachen zu behalten, die ohne alle Eindruͤcke ſind.
Die Geſchichte der Genies hat dieſe Anmer- kung beſtaͤtigt, und oft das Urtheil ihrer erſten Schullehrer widerlegt.
Nur noch zwey Worte uͤber dieſe ganze Ma- terie.
Erſtlich. Es iſt nichts ſchwerer, als die Em- pfindungen anderer zu beurtheilen oder zu verglei- chen. Unſre Sprache druͤckt das ſinnliche Bild bloß durch den Namen des Gegenſtandes aus. Jeder erinnert ſich alſo bey dem Worte an ſeine eigne Idee, aber keiner erfaͤhrt die Idee des an- dern. Die Mittheilung der Gedanken beſteht
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der Faͤhigkeiten.
deſto weniger wird es von der erſten haben, be-
ſonders von den unfruchtbaren Gegenſtaͤnden,
mit denen man gemeiniglich den Unterricht an-
faͤngt. Eine Seele, die mit wirklichen Bildern
von Dingen erfuͤllt iſt, wird ſich ſehr ungern von
denſelben zu bloßen Worten wegwenden, die es
nicht verſteht; und je lebhaftere Eindruͤcke es be-
koͤmmt, mit deſto groͤßerm Widerwillen wird es
ſich die Gewalt anthun, Sachen zu behalten, die
ohne alle Eindruͤcke ſind.
Die Geſchichte der Genies hat dieſe Anmer-
kung beſtaͤtigt, und oft das Urtheil ihrer erſten
Schullehrer widerlegt.
Nur noch zwey Worte uͤber dieſe ganze Ma-
terie.
Erſtlich. Es iſt nichts ſchwerer, als die Em-
pfindungen anderer zu beurtheilen oder zu verglei-
chen. Unſre Sprache druͤckt das ſinnliche Bild
bloß durch den Namen des Gegenſtandes aus.
Jeder erinnert ſich alſo bey dem Worte an ſeine
eigne Idee, aber keiner erfaͤhrt die Idee des an-
dern. Die Mittheilung der Gedanken beſteht
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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/31>, abgerufen am 24.11.2024.
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