Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.über das Interessirende. das Verlangen nach den übrigen erregt; vielevereinigen sich zu gewissen Ganzen, die sich der Seele auf einmal darstellen, und in welchen sie das Mangelnde aus dem, was vorhanden ist, fühlen lernt. Der indeß immer fortgehende Fluß äußerer und innerer Gegenstände und Vorfälle führet neue Begriffe dazu, verstärket oder modifi- cirt die alten; bis endlich der Körper reif, die Or- ganisation völlig befestiget, die Ideen der meisten und wichtigsten Dinge erlangt, die vornehmsten Freuden und Schmerzen des Lebens empfunden, und der Mensch und die Dinge, die ihn umgeben, durch ihre gegenseitige Operation gegen einander gleichsam abgeformt sind. Alsdann können die neuankommenden Gegenstände nicht mehr die Seele auf ganz neue Weisen erschüttern, sie müs- sen gewissermaßen in die Fußstapfen der alten tre- ten, wenn sie Eindruck machen sollen. Die Seele nimmt nicht mehr alles auf, was sich ihr anbie- tet; sie sucht das, was sich an die Reihen an- schließt, oder in die Ganzen hineinpaßt, die sich in ihr formirt haben, und nach welchen sie alles uͤber das Intereſſirende. das Verlangen nach den uͤbrigen erregt; vielevereinigen ſich zu gewiſſen Ganzen, die ſich der Seele auf einmal darſtellen, und in welchen ſie das Mangelnde aus dem, was vorhanden iſt, fuͤhlen lernt. Der indeß immer fortgehende Fluß aͤußerer und innerer Gegenſtaͤnde und Vorfaͤlle fuͤhret neue Begriffe dazu, verſtaͤrket oder modifi- cirt die alten; bis endlich der Koͤrper reif, die Or- ganiſation voͤllig befeſtiget, die Ideen der meiſten und wichtigſten Dinge erlangt, die vornehmſten Freuden und Schmerzen des Lebens empfunden, und der Menſch und die Dinge, die ihn umgeben, durch ihre gegenſeitige Operation gegen einander gleichſam abgeformt ſind. Alsdann koͤnnen die neuankommenden Gegenſtaͤnde nicht mehr die Seele auf ganz neue Weiſen erſchuͤttern, ſie muͤſ- ſen gewiſſermaßen in die Fußſtapfen der alten tre- ten, wenn ſie Eindruck machen ſollen. Die Seele nimmt nicht mehr alles auf, was ſich ihr anbie- tet; ſie ſucht das, was ſich an die Reihen an- ſchließt, oder in die Ganzen hineinpaßt, die ſich in ihr formirt haben, und nach welchen ſie alles <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0277" n="271"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">uͤber das Intereſſirende.</hi></fw><lb/> das Verlangen nach den uͤbrigen erregt; viele<lb/> vereinigen ſich zu gewiſſen Ganzen, die ſich der<lb/> Seele auf einmal darſtellen, und in welchen ſie<lb/> das Mangelnde aus dem, was vorhanden iſt,<lb/> fuͤhlen lernt. Der indeß immer fortgehende Fluß<lb/> aͤußerer und innerer Gegenſtaͤnde und Vorfaͤlle<lb/> fuͤhret neue Begriffe dazu, verſtaͤrket oder modifi-<lb/> cirt die alten; bis endlich der Koͤrper reif, die Or-<lb/> ganiſation voͤllig befeſtiget, die Ideen der meiſten<lb/> und wichtigſten Dinge erlangt, die vornehmſten<lb/> Freuden und Schmerzen des Lebens empfunden,<lb/> und der Menſch und die Dinge, die ihn umgeben,<lb/> durch ihre gegenſeitige Operation gegen einander<lb/> gleichſam abgeformt ſind. Alsdann koͤnnen die<lb/> neuankommenden Gegenſtaͤnde nicht mehr die<lb/> Seele auf ganz neue Weiſen erſchuͤttern, ſie muͤſ-<lb/> ſen gewiſſermaßen in die Fußſtapfen der alten tre-<lb/> ten, wenn ſie Eindruck machen ſollen. Die Seele<lb/> nimmt nicht mehr alles auf, was ſich ihr anbie-<lb/> tet; ſie ſucht das, was ſich an die Reihen an-<lb/> ſchließt, oder in die Ganzen hineinpaßt, die ſich<lb/> in ihr formirt haben, und nach welchen ſie alles<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [271/0277]
uͤber das Intereſſirende.
das Verlangen nach den uͤbrigen erregt; viele
vereinigen ſich zu gewiſſen Ganzen, die ſich der
Seele auf einmal darſtellen, und in welchen ſie
das Mangelnde aus dem, was vorhanden iſt,
fuͤhlen lernt. Der indeß immer fortgehende Fluß
aͤußerer und innerer Gegenſtaͤnde und Vorfaͤlle
fuͤhret neue Begriffe dazu, verſtaͤrket oder modifi-
cirt die alten; bis endlich der Koͤrper reif, die Or-
ganiſation voͤllig befeſtiget, die Ideen der meiſten
und wichtigſten Dinge erlangt, die vornehmſten
Freuden und Schmerzen des Lebens empfunden,
und der Menſch und die Dinge, die ihn umgeben,
durch ihre gegenſeitige Operation gegen einander
gleichſam abgeformt ſind. Alsdann koͤnnen die
neuankommenden Gegenſtaͤnde nicht mehr die
Seele auf ganz neue Weiſen erſchuͤttern, ſie muͤſ-
ſen gewiſſermaßen in die Fußſtapfen der alten tre-
ten, wenn ſie Eindruck machen ſollen. Die Seele
nimmt nicht mehr alles auf, was ſich ihr anbie-
tet; ſie ſucht das, was ſich an die Reihen an-
ſchließt, oder in die Ganzen hineinpaßt, die ſich
in ihr formirt haben, und nach welchen ſie alles
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