Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.Anmerkungen über Gellerts Moral, dieß müssen wir auf dem Wege zu diesen Absichtennothwendig eine Menge Menschen finden, die sich uns widersetzen, und die wir mit Gewalt oder List bey Seite schaffen müssen, wenn es uns durchaus darum zu thun ist, jene Absichten zu erreichen. Denjenigen können wir durchaus nicht lieben, der uns in der Erreichung unsrer Absichten verhindert. Haben wir nun solche Absichten, in denen wir ge- stört werden, und welche wir beynahe nur errei- chen können, insofern wir andre darinn stören: so müssen wir über lang oder kurz hassen oder ge- haßt werden. Die ganze Welt ist ein Schauspiel dieses Krieges. Menschenliebe aber und Gütigkeit, die lezte Anmerkungen uͤber Gellerts Moral, dieß muͤſſen wir auf dem Wege zu dieſen Abſichtennothwendig eine Menge Menſchen finden, die ſich uns widerſetzen, und die wir mit Gewalt oder Liſt bey Seite ſchaffen muͤſſen, wenn es uns durchaus darum zu thun iſt, jene Abſichten zu erreichen. Denjenigen koͤnnen wir durchaus nicht lieben, der uns in der Erreichung unſrer Abſichten verhindert. Haben wir nun ſolche Abſichten, in denen wir ge- ſtoͤrt werden, und welche wir beynahe nur errei- chen koͤnnen, inſofern wir andre darinn ſtoͤren: ſo muͤſſen wir uͤber lang oder kurz haſſen oder ge- haßt werden. Die ganze Welt iſt ein Schauſpiel dieſes Krieges. Menſchenliebe aber und Guͤtigkeit, die lezte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0254" n="248"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anmerkungen uͤber Gellerts Moral,</hi></fw><lb/> dieß muͤſſen wir auf dem Wege zu dieſen Abſichten<lb/> nothwendig eine Menge Menſchen finden, die ſich<lb/> uns widerſetzen, und die wir mit Gewalt oder Liſt<lb/> bey Seite ſchaffen muͤſſen, wenn es uns durchaus<lb/> darum zu thun iſt, jene Abſichten zu erreichen.<lb/> Denjenigen koͤnnen wir durchaus nicht lieben, der<lb/> uns in der Erreichung unſrer Abſichten verhindert.<lb/> Haben wir nun ſolche Abſichten, in denen wir ge-<lb/> ſtoͤrt werden, und welche wir beynahe nur errei-<lb/> chen koͤnnen, inſofern wir andre darinn ſtoͤren:<lb/> ſo muͤſſen wir uͤber lang oder kurz haſſen oder ge-<lb/> haßt werden. Die ganze Welt iſt ein Schauſpiel<lb/> dieſes Krieges.</p><lb/> <p>Menſchenliebe aber und Guͤtigkeit, die lezte<lb/> Frucht der Tugend, und das Werkzeug, durch<lb/> welche ſie zum Beſten der Welt wirkſam wird, war<lb/> eine der ſichtbarſten Eigenſchaften in Gellerts Cha-<lb/> rakter. Er that von einem geringen Vermoͤgen<lb/> viel Gutes: aber er leiſtete noch weit mehr perſoͤn-<lb/> liche Dienſte; und perſoͤnliche Dienſte ſind immer<lb/> die beſſern Wohlthaten. Er war ſehr geneigt,<lb/> andre fuͤr gut anzunehmen, von denen er nichts<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [248/0254]
Anmerkungen uͤber Gellerts Moral,
dieß muͤſſen wir auf dem Wege zu dieſen Abſichten
nothwendig eine Menge Menſchen finden, die ſich
uns widerſetzen, und die wir mit Gewalt oder Liſt
bey Seite ſchaffen muͤſſen, wenn es uns durchaus
darum zu thun iſt, jene Abſichten zu erreichen.
Denjenigen koͤnnen wir durchaus nicht lieben, der
uns in der Erreichung unſrer Abſichten verhindert.
Haben wir nun ſolche Abſichten, in denen wir ge-
ſtoͤrt werden, und welche wir beynahe nur errei-
chen koͤnnen, inſofern wir andre darinn ſtoͤren:
ſo muͤſſen wir uͤber lang oder kurz haſſen oder ge-
haßt werden. Die ganze Welt iſt ein Schauſpiel
dieſes Krieges.
Menſchenliebe aber und Guͤtigkeit, die lezte
Frucht der Tugend, und das Werkzeug, durch
welche ſie zum Beſten der Welt wirkſam wird, war
eine der ſichtbarſten Eigenſchaften in Gellerts Cha-
rakter. Er that von einem geringen Vermoͤgen
viel Gutes: aber er leiſtete noch weit mehr perſoͤn-
liche Dienſte; und perſoͤnliche Dienſte ſind immer
die beſſern Wohlthaten. Er war ſehr geneigt,
andre fuͤr gut anzunehmen, von denen er nichts
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