besser und lebhafter die Bilder sind, die die Seele durch die Empfindungen erhält, desto größer ist das Vergnügen über dieselben, und desto größer das Verlangen nach neuen.
Die Begierde also, mit welcher wir gewisse Seelen immer neue und neue Gegenstände ihrer Empfindung aufsuchen sehen, und die Behendig- keit, die diese Begierde allen ihren Handlungen giebt, könnte ein Beweis von der Güte ihrer Em- pfindungen seyn, wenn nur diese Munterkeit nicht oft einer gewissen Beharrlichkeit entgegen wäre, welche jedem Eindrucke Zeit genug läßt, sich in den Seelen festzusetzen, ehe ein neuer auf ihn folgt. Ein schneller Uebergang von einer Sache zur andern zeigt freylich eine wirksame Seele, aber er löscht zu leicht einen Eindruck durch den andern aus, und zersiört die Wirkung, indem er den Gegenstand zu oft abändert.
Man sieht also, wie leicht hier der Irrthum ist. Ein langsamer Fortgang von einem Gegen- stande zum andern, der bey Kindern oft für Dummheit angesehen wird, kann eben die Ursache
Ueber die Pruͤfung
beſſer und lebhafter die Bilder ſind, die die Seele durch die Empfindungen erhaͤlt, deſto groͤßer iſt das Vergnuͤgen uͤber dieſelben, und deſto groͤßer das Verlangen nach neuen.
Die Begierde alſo, mit welcher wir gewiſſe Seelen immer neue und neue Gegenſtaͤnde ihrer Empfindung aufſuchen ſehen, und die Behendig- keit, die dieſe Begierde allen ihren Handlungen giebt, koͤnnte ein Beweis von der Guͤte ihrer Em- pfindungen ſeyn, wenn nur dieſe Munterkeit nicht oft einer gewiſſen Beharrlichkeit entgegen waͤre, welche jedem Eindrucke Zeit genug laͤßt, ſich in den Seelen feſtzuſetzen, ehe ein neuer auf ihn folgt. Ein ſchneller Uebergang von einer Sache zur andern zeigt freylich eine wirkſame Seele, aber er loͤſcht zu leicht einen Eindruck durch den andern aus, und zerſioͤrt die Wirkung, indem er den Gegenſtand zu oft abaͤndert.
Man ſieht alſo, wie leicht hier der Irrthum iſt. Ein langſamer Fortgang von einem Gegen- ſtande zum andern, der bey Kindern oft fuͤr Dummheit angeſehen wird, kann eben die Urſache
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Ueber die Pruͤfung
beſſer und lebhafter die Bilder ſind, die die Seele
durch die Empfindungen erhaͤlt, deſto groͤßer iſt
das Vergnuͤgen uͤber dieſelben, und deſto groͤßer
das Verlangen nach neuen.
Die Begierde alſo, mit welcher wir gewiſſe
Seelen immer neue und neue Gegenſtaͤnde ihrer
Empfindung aufſuchen ſehen, und die Behendig-
keit, die dieſe Begierde allen ihren Handlungen
giebt, koͤnnte ein Beweis von der Guͤte ihrer Em-
pfindungen ſeyn, wenn nur dieſe Munterkeit nicht
oft einer gewiſſen Beharrlichkeit entgegen waͤre,
welche jedem Eindrucke Zeit genug laͤßt, ſich in
den Seelen feſtzuſetzen, ehe ein neuer auf ihn
folgt. Ein ſchneller Uebergang von einer Sache
zur andern zeigt freylich eine wirkſame Seele,
aber er loͤſcht zu leicht einen Eindruck durch den
andern aus, und zerſioͤrt die Wirkung, indem er
den Gegenſtand zu oft abaͤndert.
Man ſieht alſo, wie leicht hier der Irrthum
iſt. Ein langſamer Fortgang von einem Gegen-
ſtande zum andern, der bey Kindern oft fuͤr
Dummheit angeſehen wird, kann eben die Urſache
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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/24>, abgerufen am 23.11.2024.
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