zu Rathe ziehen; die Gegenstände, von denen er seine Begriffe bekommen, die Begebenheiten, durch welche er zur Aufmerksamkeit auf gewisse Begriffe bewogen worden. Dieß ist es, was Er- ziehung heißt.
Alles, was wir von der ersten Erziehung und dem frühern Unterrichte Gellerts wissen, ist bloß das, was sie mit der Erziehung und dem Unter- richte jedes andern jungen Gelehrten gemein hat. In diesem Alter wird der Jüngling, den die Na- tur zum großen Manne bestimmt hat, wenn er nicht von reichen oder vornehmen Aeltern gebo- ren ist, wenig bemerkt. Und wenn er auch be- merkt würde: wer würde der Natur in dieser ih- rer geheimen Werkstätte folgen können? wer wür- de unter der Menge wirklich gemeiner Vorfälle die wichtigen, welche eben so gemein scheinen, herauszufinden, und unter dem Haufen kindi- scher Uebungen, und oft verkehrter Arbeiten, die- jenigen zu unterscheiden wissen, bey welchen das Genie des künftigen Mannes sich zuerst gezeigt hat?
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deſſen Schriften und Charakter.
zu Rathe ziehen; die Gegenſtaͤnde, von denen er ſeine Begriffe bekommen, die Begebenheiten, durch welche er zur Aufmerkſamkeit auf gewiſſe Begriffe bewogen worden. Dieß iſt es, was Er- ziehung heißt.
Alles, was wir von der erſten Erziehung und dem fruͤhern Unterrichte Gellerts wiſſen, iſt bloß das, was ſie mit der Erziehung und dem Unter- richte jedes andern jungen Gelehrten gemein hat. In dieſem Alter wird der Juͤngling, den die Na- tur zum großen Manne beſtimmt hat, wenn er nicht von reichen oder vornehmen Aeltern gebo- ren iſt, wenig bemerkt. Und wenn er auch be- merkt wuͤrde: wer wuͤrde der Natur in dieſer ih- rer geheimen Werkſtaͤtte folgen koͤnnen? wer wuͤr- de unter der Menge wirklich gemeiner Vorfaͤlle die wichtigen, welche eben ſo gemein ſcheinen, herauszufinden, und unter dem Haufen kindi- ſcher Uebungen, und oft verkehrter Arbeiten, die- jenigen zu unterſcheiden wiſſen, bey welchen das Genie des kuͤnftigen Mannes ſich zuerſt gezeigt hat?
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deſſen Schriften und Charakter.
zu Rathe ziehen; die Gegenſtaͤnde, von denen
er ſeine Begriffe bekommen, die Begebenheiten,
durch welche er zur Aufmerkſamkeit auf gewiſſe
Begriffe bewogen worden. Dieß iſt es, was Er-
ziehung heißt.
Alles, was wir von der erſten Erziehung und
dem fruͤhern Unterrichte Gellerts wiſſen, iſt bloß
das, was ſie mit der Erziehung und dem Unter-
richte jedes andern jungen Gelehrten gemein hat.
In dieſem Alter wird der Juͤngling, den die Na-
tur zum großen Manne beſtimmt hat, wenn er
nicht von reichen oder vornehmen Aeltern gebo-
ren iſt, wenig bemerkt. Und wenn er auch be-
merkt wuͤrde: wer wuͤrde der Natur in dieſer ih-
rer geheimen Werkſtaͤtte folgen koͤnnen? wer wuͤr-
de unter der Menge wirklich gemeiner Vorfaͤlle
die wichtigen, welche eben ſo gemein ſcheinen,
herauszufinden, und unter dem Haufen kindi-
ſcher Uebungen, und oft verkehrter Arbeiten, die-
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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/223>, abgerufen am 23.11.2024.
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