machen, war bey den Alten und Neuen nicht der- selbe. Die Sinne unterrichten den Verstand mehr bey den ersten, und der Verstand die Sinne mehr bey den andern. -- Aber um das, was jeder von Begriffen sich gesammlet hat, mitzutheilen, dazu gehören auch noch Bewegungsgründe, und die sind wieder bey beiden verschieden.
In der Kindheit des Menschen und der menschlichen Gesellschaft kannte man die Lange- weile nicht; man fühlte keine Bedürfnisse, sich durch seinen Witz Zeitvertreibe zu verschaffen. Bey allen den Menschen, deren Arbeit in Be- wegung besteht, ist Ruhe eine hinlängliche Erho- lung. -- Erst alsdann, da es Beschäftigungen im Kabinete gab, bey denen der Geist sich erschöpfte und der Körper nicht ermüdete, brauchte man Er- holungen, die nicht in dem Aufhören der Beschäf- tigung, sondern in ihrer Abwechselung bestunden; solche, wo nur an die Stelle von der Anwendung der einen Fähigkeit die Anwendung einer andern, an die Stelle von Vorstellungen des Verstandes und des Nachdenkens sinnliche und imaginative
Verſchiedenheiten in den Werken
machen, war bey den Alten und Neuen nicht der- ſelbe. Die Sinne unterrichten den Verſtand mehr bey den erſten, und der Verſtand die Sinne mehr bey den andern. — Aber um das, was jeder von Begriffen ſich geſammlet hat, mitzutheilen, dazu gehoͤren auch noch Bewegungsgruͤnde, und die ſind wieder bey beiden verſchieden.
In der Kindheit des Menſchen und der menſchlichen Geſellſchaft kannte man die Lange- weile nicht; man fuͤhlte keine Beduͤrfniſſe, ſich durch ſeinen Witz Zeitvertreibe zu verſchaffen. Bey allen den Menſchen, deren Arbeit in Be- wegung beſteht, iſt Ruhe eine hinlaͤngliche Erho- lung. — Erſt alsdann, da es Beſchaͤftigungen im Kabinete gab, bey denen der Geiſt ſich erſchoͤpfte und der Koͤrper nicht ermuͤdete, brauchte man Er- holungen, die nicht in dem Aufhoͤren der Beſchaͤf- tigung, ſondern in ihrer Abwechſelung beſtunden; ſolche, wo nur an die Stelle von der Anwendung der einen Faͤhigkeit die Anwendung einer andern, an die Stelle von Vorſtellungen des Verſtandes und des Nachdenkens ſinnliche und imaginative
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Verſchiedenheiten in den Werken
machen, war bey den Alten und Neuen nicht der-
ſelbe. Die Sinne unterrichten den Verſtand mehr
bey den erſten, und der Verſtand die Sinne mehr
bey den andern. — Aber um das, was jeder von
Begriffen ſich geſammlet hat, mitzutheilen, dazu
gehoͤren auch noch Bewegungsgruͤnde, und die
ſind wieder bey beiden verſchieden.
In der Kindheit des Menſchen und der
menſchlichen Geſellſchaft kannte man die Lange-
weile nicht; man fuͤhlte keine Beduͤrfniſſe, ſich
durch ſeinen Witz Zeitvertreibe zu verſchaffen.
Bey allen den Menſchen, deren Arbeit in Be-
wegung beſteht, iſt Ruhe eine hinlaͤngliche Erho-
lung. — Erſt alsdann, da es Beſchaͤftigungen
im Kabinete gab, bey denen der Geiſt ſich erſchoͤpfte
und der Koͤrper nicht ermuͤdete, brauchte man Er-
holungen, die nicht in dem Aufhoͤren der Beſchaͤf-
tigung, ſondern in ihrer Abwechſelung beſtunden;
ſolche, wo nur an die Stelle von der Anwendung
der einen Faͤhigkeit die Anwendung einer andern,
an die Stelle von Vorſtellungen des Verſtandes
und des Nachdenkens ſinnliche und imaginative
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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/142>, abgerufen am 23.11.2024.
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