nur dadurch, daß beide gemeiniglich bey uns ver- einigt zu seyn pflegen, ist die Absonderung der Stände aufs höchste gestiegen. Das Verhältniß, das der Befehlende gegen den Gehorchenden hat, kann er nur unter gewissen Umständen zeigen, und so lange, als die Art von Handlungen vorkömmt, die er anzuordnen versteht. Hingegen der Unter- schied, den der Reichthum macht, ist beständig, und erstreckt sich auf alles. Wohnung, Haus- geräthe, Kleidung, Aufwand der Tafel, Kostbar- keit der Ergötzungen, alles, was der Reiche hat und thut, ist anders als bey dem Armen. Der eine kann also seine Erhabenheit, und der andre seine Niedrigkeit niemals aus den Augen verlieren. -- Ueberdieß bildet sich durch die lange Abson- derung auch endlich ein Unterschied in dem, was man Anstand und Sitten nennt, in der Art, sich zu betragen und auszudrücken. So willkührlich auch diese Begriffe bald an die eine, bald an die entgegenge ezke Art etwas zu thun und zu sagen verknüpft werden, so sind sie doch das erste, wor- nach wir den Vorzug und die Verdienste des Men-
Verſchiedenheiten in den Werken
nur dadurch, daß beide gemeiniglich bey uns ver- einigt zu ſeyn pflegen, iſt die Abſonderung der Staͤnde aufs hoͤchſte geſtiegen. Das Verhaͤltniß, das der Befehlende gegen den Gehorchenden hat, kann er nur unter gewiſſen Umſtaͤnden zeigen, und ſo lange, als die Art von Handlungen vorkoͤmmt, die er anzuordnen verſteht. Hingegen der Unter- ſchied, den der Reichthum macht, iſt beſtaͤndig, und erſtreckt ſich auf alles. Wohnung, Haus- geraͤthe, Kleidung, Aufwand der Tafel, Koſtbar- keit der Ergoͤtzungen, alles, was der Reiche hat und thut, iſt anders als bey dem Armen. Der eine kann alſo ſeine Erhabenheit, und der andre ſeine Niedrigkeit niemals aus den Augen verlieren. — Ueberdieß bildet ſich durch die lange Abſon- derung auch endlich ein Unterſchied in dem, was man Anſtand und Sitten nennt, in der Art, ſich zu betragen und auszudruͤcken. So willkuͤhrlich auch dieſe Begriffe bald an die eine, bald an die entgegenge ezke Art etwas zu thun und zu ſagen verknuͤpft werden, ſo ſind ſie doch das erſte, wor- nach wir den Vorzug und die Verdienſte des Men-
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Verſchiedenheiten in den Werken
nur dadurch, daß beide gemeiniglich bey uns ver-
einigt zu ſeyn pflegen, iſt die Abſonderung der
Staͤnde aufs hoͤchſte geſtiegen. Das Verhaͤltniß,
das der Befehlende gegen den Gehorchenden hat,
kann er nur unter gewiſſen Umſtaͤnden zeigen, und
ſo lange, als die Art von Handlungen vorkoͤmmt,
die er anzuordnen verſteht. Hingegen der Unter-
ſchied, den der Reichthum macht, iſt beſtaͤndig,
und erſtreckt ſich auf alles. Wohnung, Haus-
geraͤthe, Kleidung, Aufwand der Tafel, Koſtbar-
keit der Ergoͤtzungen, alles, was der Reiche hat
und thut, iſt anders als bey dem Armen. Der
eine kann alſo ſeine Erhabenheit, und der andre
ſeine Niedrigkeit niemals aus den Augen verlieren.
— Ueberdieß bildet ſich durch die lange Abſon-
derung auch endlich ein Unterſchied in dem, was
man Anſtand und Sitten nennt, in der Art, ſich
zu betragen und auszudruͤcken. So willkuͤhrlich
auch dieſe Begriffe bald an die eine, bald an die
entgegenge ezke Art etwas zu thun und zu ſagen
verknuͤpft werden, ſo ſind ſie doch das erſte, wor-
nach wir den Vorzug und die Verdienſte des Men-
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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/132>, abgerufen am 17.07.2024.
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