Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.Verschiedenheiten in den Werken Auf einer andern Seite aber sind wir in der Thatmehr von ihnen abgesondert, als in dem frühesten Zeitpunkte der Gesellschaft. Itzo kennt jeder Mensch nur einige wenige Menschen seines Stan- des, von seiner Denkungsart, von seinen Gesin- nungen. Alle übrigen Klassen und Stände der Menschen, sammt ihren Begriffen und ihren Em- pfindungen bleiben ihm Zeitlebens fremde, wenn er sie nicht höchstens aus Büchern lernt. Der Um- gang mit andern Menschen ist ein Recht geworden, das uns nur gegen die zusteht, mit welchen wir gleiches Ranges sind. Wenn wir mit Höhern umgehen wollen, so müssen wir uns dieß erst durch gewisse Vorzüge, die Aufsehen machen, verdient haben. Jeder entfernt sich von denen, die unter ihm sind, und zu denen, die über ihm sind, darf er sich nicht nahen. Oder wenn auch zuweilen der Eigennutz der Geringern, oder die Begierde be- lustigt zu werden bey den Vornehmern, oder end- lich eine edlere, minder eingeschränkte Denkungs- art auf beiden Seiten diese Gränzen überspringt;; so bleibt doch der Umgang frostig, ohne diejenige Verſchiedenheiten in den Werken Auf einer andern Seite aber ſind wir in der Thatmehr von ihnen abgeſondert, als in dem fruͤheſten Zeitpunkte der Geſellſchaft. Itzo kennt jeder Menſch nur einige wenige Menſchen ſeines Stan- des, von ſeiner Denkungsart, von ſeinen Geſin- nungen. Alle uͤbrigen Klaſſen und Staͤnde der Menſchen, ſammt ihren Begriffen und ihren Em- pfindungen bleiben ihm Zeitlebens fremde, wenn er ſie nicht hoͤchſtens aus Buͤchern lernt. Der Um- gang mit andern Menſchen iſt ein Recht geworden, das uns nur gegen die zuſteht, mit welchen wir gleiches Ranges ſind. Wenn wir mit Hoͤhern umgehen wollen, ſo muͤſſen wir uns dieß erſt durch gewiſſe Vorzuͤge, die Aufſehen machen, verdient haben. Jeder entfernt ſich von denen, die unter ihm ſind, und zu denen, die uͤber ihm ſind, darf er ſich nicht nahen. Oder wenn auch zuweilen der Eigennutz der Geringern, oder die Begierde be- luſtigt zu werden bey den Vornehmern, oder end- lich eine edlere, minder eingeſchraͤnkte Denkungs- art auf beiden Seiten dieſe Graͤnzen uͤberſpringt;; ſo bleibt doch der Umgang froſtig, ohne diejenige <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0130" n="124"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Verſchiedenheiten in den Werken</hi></fw><lb/> Auf einer andern Seite aber ſind wir in der That<lb/> mehr von ihnen abgeſondert, als in dem fruͤheſten<lb/> Zeitpunkte der Geſellſchaft. Itzo kennt jeder<lb/> Menſch nur einige wenige Menſchen ſeines Stan-<lb/> des, von ſeiner Denkungsart, von ſeinen Geſin-<lb/> nungen. Alle uͤbrigen Klaſſen und Staͤnde der<lb/> Menſchen, ſammt ihren Begriffen und ihren Em-<lb/> pfindungen bleiben ihm Zeitlebens fremde, wenn<lb/> er ſie nicht hoͤchſtens aus Buͤchern lernt. Der Um-<lb/> gang mit andern Menſchen iſt ein Recht geworden,<lb/> das uns nur gegen die zuſteht, mit welchen wir<lb/> gleiches Ranges ſind. Wenn wir mit Hoͤhern<lb/> umgehen wollen, ſo muͤſſen wir uns dieß erſt durch<lb/> gewiſſe Vorzuͤge, die Aufſehen machen, verdient<lb/> haben. Jeder entfernt ſich von denen, die unter<lb/> ihm ſind, und zu denen, die uͤber ihm ſind, darf<lb/> er ſich nicht nahen. Oder wenn auch zuweilen<lb/> der Eigennutz der Geringern, oder die Begierde be-<lb/> luſtigt zu werden bey den Vornehmern, oder end-<lb/> lich eine edlere, minder eingeſchraͤnkte Denkungs-<lb/> art auf beiden Seiten dieſe Graͤnzen uͤberſpringt;;<lb/> ſo bleibt doch der Umgang froſtig, ohne diejenige<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [124/0130]
Verſchiedenheiten in den Werken
Auf einer andern Seite aber ſind wir in der That
mehr von ihnen abgeſondert, als in dem fruͤheſten
Zeitpunkte der Geſellſchaft. Itzo kennt jeder
Menſch nur einige wenige Menſchen ſeines Stan-
des, von ſeiner Denkungsart, von ſeinen Geſin-
nungen. Alle uͤbrigen Klaſſen und Staͤnde der
Menſchen, ſammt ihren Begriffen und ihren Em-
pfindungen bleiben ihm Zeitlebens fremde, wenn
er ſie nicht hoͤchſtens aus Buͤchern lernt. Der Um-
gang mit andern Menſchen iſt ein Recht geworden,
das uns nur gegen die zuſteht, mit welchen wir
gleiches Ranges ſind. Wenn wir mit Hoͤhern
umgehen wollen, ſo muͤſſen wir uns dieß erſt durch
gewiſſe Vorzuͤge, die Aufſehen machen, verdient
haben. Jeder entfernt ſich von denen, die unter
ihm ſind, und zu denen, die uͤber ihm ſind, darf
er ſich nicht nahen. Oder wenn auch zuweilen
der Eigennutz der Geringern, oder die Begierde be-
luſtigt zu werden bey den Vornehmern, oder end-
lich eine edlere, minder eingeſchraͤnkte Denkungs-
art auf beiden Seiten dieſe Graͤnzen uͤberſpringt;;
ſo bleibt doch der Umgang froſtig, ohne diejenige
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