sezt er hinzu, messen sie niemals in ihren Gedan- ken ab, wie viel sie schon gethan haben; da hin- gegen bey den Erwachsenen die Ermüdung bey- nahe öfter aus dem Ueberdenken und der Erinne- rung der Arbeit, als aus dem Gefühle der Kraft- losigkeit entsteht. -- Anmerkungen von der Art, welche dieser Schriftsteller oft macht, wenn er für sich selbst denkt, erregen den Wunsch, daß er weniger Fleiß auf die Wiederholung und Berich- tigung der Ideen seiner Vorgänger gewandt hätte.
Die Erfahrung, welche in dieser Anmerkung ausgedrückt ist, stimmt mit einer andern vollkom- men überein, die der erwachsene Mann bey sich selbst, und eben deswegen vielleicht mit mehr Zu- verläßigkeit machen kann. Welche Arbeiten des Geistes gerathen wohl in irgend einer Art besser, als diejenigen, bey welchen man sich am wenig- sten ängstlich bemüht, sie vortreflich zu machen? Welche unserer Begriffe sind wohl die reichsten, lebhaftesten, in der Entwickelung am fruchtbar- sten? Die, welche ein freywilliges Nachdenken
H 3
der aͤlteſten und neuern Schriftſteller.
ſezt er hinzu, meſſen ſie niemals in ihren Gedan- ken ab, wie viel ſie ſchon gethan haben; da hin- gegen bey den Erwachſenen die Ermuͤdung bey- nahe oͤfter aus dem Ueberdenken und der Erinne- rung der Arbeit, als aus dem Gefuͤhle der Kraft- loſigkeit entſteht. — Anmerkungen von der Art, welche dieſer Schriftſteller oft macht, wenn er fuͤr ſich ſelbſt denkt, erregen den Wunſch, daß er weniger Fleiß auf die Wiederholung und Berich- tigung der Ideen ſeiner Vorgaͤnger gewandt haͤtte.
Die Erfahrung, welche in dieſer Anmerkung ausgedruͤckt iſt, ſtimmt mit einer andern vollkom- men uͤberein, die der erwachſene Mann bey ſich ſelbſt, und eben deswegen vielleicht mit mehr Zu- verlaͤßigkeit machen kann. Welche Arbeiten des Geiſtes gerathen wohl in irgend einer Art beſſer, als diejenigen, bey welchen man ſich am wenig- ſten aͤngſtlich bemuͤht, ſie vortreflich zu machen? Welche unſerer Begriffe ſind wohl die reichſten, lebhafteſten, in der Entwickelung am fruchtbar- ſten? Die, welche ein freywilliges Nachdenken
H 3
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0123"n="117"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">der aͤlteſten und neuern Schriftſteller.</hi></fw><lb/>ſezt er hinzu, meſſen ſie niemals in ihren Gedan-<lb/>
ken ab, wie viel ſie ſchon gethan haben; da hin-<lb/>
gegen bey den Erwachſenen die Ermuͤdung bey-<lb/>
nahe oͤfter aus dem Ueberdenken und der Erinne-<lb/>
rung der Arbeit, als aus dem Gefuͤhle der Kraft-<lb/>
loſigkeit entſteht. — Anmerkungen von der Art,<lb/>
welche dieſer Schriftſteller oft macht, wenn er<lb/>
fuͤr ſich ſelbſt denkt, erregen den Wunſch, daß er<lb/>
weniger Fleiß auf die Wiederholung und Berich-<lb/>
tigung der Ideen ſeiner Vorgaͤnger gewandt<lb/>
haͤtte.</p><lb/><p>Die Erfahrung, welche in dieſer Anmerkung<lb/>
ausgedruͤckt iſt, ſtimmt mit einer andern vollkom-<lb/>
men uͤberein, die der erwachſene Mann bey ſich<lb/>ſelbſt, und eben deswegen vielleicht mit mehr Zu-<lb/>
verlaͤßigkeit machen kann. Welche Arbeiten des<lb/>
Geiſtes gerathen wohl in irgend einer Art beſſer,<lb/>
als diejenigen, bey welchen man ſich am wenig-<lb/>ſten aͤngſtlich bemuͤht, ſie vortreflich zu machen?<lb/>
Welche unſerer Begriffe ſind wohl die reichſten,<lb/>
lebhafteſten, in der Entwickelung am fruchtbar-<lb/>ſten? Die, welche ein freywilliges Nachdenken<lb/><fwplace="bottom"type="sig">H 3</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[117/0123]
der aͤlteſten und neuern Schriftſteller.
ſezt er hinzu, meſſen ſie niemals in ihren Gedan-
ken ab, wie viel ſie ſchon gethan haben; da hin-
gegen bey den Erwachſenen die Ermuͤdung bey-
nahe oͤfter aus dem Ueberdenken und der Erinne-
rung der Arbeit, als aus dem Gefuͤhle der Kraft-
loſigkeit entſteht. — Anmerkungen von der Art,
welche dieſer Schriftſteller oft macht, wenn er
fuͤr ſich ſelbſt denkt, erregen den Wunſch, daß er
weniger Fleiß auf die Wiederholung und Berich-
tigung der Ideen ſeiner Vorgaͤnger gewandt
haͤtte.
Die Erfahrung, welche in dieſer Anmerkung
ausgedruͤckt iſt, ſtimmt mit einer andern vollkom-
men uͤberein, die der erwachſene Mann bey ſich
ſelbſt, und eben deswegen vielleicht mit mehr Zu-
verlaͤßigkeit machen kann. Welche Arbeiten des
Geiſtes gerathen wohl in irgend einer Art beſſer,
als diejenigen, bey welchen man ſich am wenig-
ſten aͤngſtlich bemuͤht, ſie vortreflich zu machen?
Welche unſerer Begriffe ſind wohl die reichſten,
lebhafteſten, in der Entwickelung am fruchtbar-
ſten? Die, welche ein freywilliges Nachdenken
H 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/123>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.