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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.

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Ueber die Prüfung
nisse geübt hat; eine Gabe, die Gedanken andrer
zu fassen, und in den Sinn dessen, was man liest
oder hört, einzudringen; ein Gedächtniß, wel-
ches, wenigstens bey einer hinlänglichen Wieder-
holung, die alten Gedanken erneuert, und uns in
den Stand sezt, immer das wieder von neuem zu
lernen, was wir von Zeit zu Zeit vergessen: das
ist für diese Aemter und für die Klasse von Gelehr-
ten, die sie besorgen, und also ohne Zweifel für
den größten Theil, hinlänglich. Wenn zu diesen
Fähigkeiten des Verstandes noch gewisse Eigen-
schaften des Charakters hinzukommen; erstlich
die Beharrlichkeit, welche Schwierigkeiten über-
windet, und auch einen langsamen Fortgang un-
unterbrochen verfolgt; zweytens eine Sorgfalt,
keine Begriffe eher für erlernt anzusehen, bis sie
sie andern wieder beybringen können: so können
recht gute Lehrer auf Akademien und Schulen dar-
aus werden, sie können gute Köpfe zubereiten,
und mittelmäßigen ihre Bildung geben. Man
würde also durch die Strenge, die alle mittel-
mäßigen Köpfe von der Gelehrsamkeit ausschließt,

Ueber die Pruͤfung
niſſe geuͤbt hat; eine Gabe, die Gedanken andrer
zu faſſen, und in den Sinn deſſen, was man lieſt
oder hoͤrt, einzudringen; ein Gedaͤchtniß, wel-
ches, wenigſtens bey einer hinlaͤnglichen Wieder-
holung, die alten Gedanken erneuert, und uns in
den Stand ſezt, immer das wieder von neuem zu
lernen, was wir von Zeit zu Zeit vergeſſen: das
iſt fuͤr dieſe Aemter und fuͤr die Klaſſe von Gelehr-
ten, die ſie beſorgen, und alſo ohne Zweifel fuͤr
den groͤßten Theil, hinlaͤnglich. Wenn zu dieſen
Faͤhigkeiten des Verſtandes noch gewiſſe Eigen-
ſchaften des Charakters hinzukommen; erſtlich
die Beharrlichkeit, welche Schwierigkeiten uͤber-
windet, und auch einen langſamen Fortgang un-
unterbrochen verfolgt; zweytens eine Sorgfalt,
keine Begriffe eher fuͤr erlernt anzuſehen, bis ſie
ſie andern wieder beybringen koͤnnen: ſo koͤnnen
recht gute Lehrer auf Akademien und Schulen dar-
aus werden, ſie koͤnnen gute Koͤpfe zubereiten,
und mittelmaͤßigen ihre Bildung geben. Man
wuͤrde alſo durch die Strenge, die alle mittel-
maͤßigen Koͤpfe von der Gelehrſamkeit ausſchließt,

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[106/0112] Ueber die Pruͤfung niſſe geuͤbt hat; eine Gabe, die Gedanken andrer zu faſſen, und in den Sinn deſſen, was man lieſt oder hoͤrt, einzudringen; ein Gedaͤchtniß, wel- ches, wenigſtens bey einer hinlaͤnglichen Wieder- holung, die alten Gedanken erneuert, und uns in den Stand ſezt, immer das wieder von neuem zu lernen, was wir von Zeit zu Zeit vergeſſen: das iſt fuͤr dieſe Aemter und fuͤr die Klaſſe von Gelehr- ten, die ſie beſorgen, und alſo ohne Zweifel fuͤr den groͤßten Theil, hinlaͤnglich. Wenn zu dieſen Faͤhigkeiten des Verſtandes noch gewiſſe Eigen- ſchaften des Charakters hinzukommen; erſtlich die Beharrlichkeit, welche Schwierigkeiten uͤber- windet, und auch einen langſamen Fortgang un- unterbrochen verfolgt; zweytens eine Sorgfalt, keine Begriffe eher fuͤr erlernt anzuſehen, bis ſie ſie andern wieder beybringen koͤnnen: ſo koͤnnen recht gute Lehrer auf Akademien und Schulen dar- aus werden, ſie koͤnnen gute Koͤpfe zubereiten, und mittelmaͤßigen ihre Bildung geben. Man wuͤrde alſo durch die Strenge, die alle mittel- maͤßigen Koͤpfe von der Gelehrſamkeit ausſchließt,

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Zitationshilfe: Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/112>, abgerufen am 23.11.2024.