des Weges, und durch eine gewisse feinere Ver- wickelung und eine unvermuthete Auflösung der Aufgaben.
Mit dem Witze gehört der Scharfsinn zu ei- ner Klasse. Der Scharfsinn scheint mehr auf der Partey des philosophischen Verstandes zu seyn, so wie der Witz auf der Seite des dichterischen. Denn eben das Unterscheiden und Absondern, mit dem der Scharfsinn zu thun hat, bringt die Ab- straktion hervor, oder ist eine Folge derselben. Um deswillen ist die Subtilität, die eine Wirkung die- ser Ursache ist, so oft für die Eigenschaft der Phi- losophen angesehen worden. -- In der That aber giebt es auch einen Scharfsinn, der sich mit dem Witz vermischt, und unter seinem Namen ver- birgt. Die Begriffe von Aehnlichkeit und Unter- schied sind immer gegenseitig, und wo Ueberein- stimmungen bemerkt werden, da muß man die Verschiedenheiten zugleich mit empfinden, die von jenen abstechen.
Die andere Gattung von Scharfsinn äußert sich nur bey der Erlernung der Wissenschaften.
Ueber die Pruͤfung
des Weges, und durch eine gewiſſe feinere Ver- wickelung und eine unvermuthete Aufloͤſung der Aufgaben.
Mit dem Witze gehoͤrt der Scharfſinn zu ei- ner Klaſſe. Der Scharfſinn ſcheint mehr auf der Partey des philoſophiſchen Verſtandes zu ſeyn, ſo wie der Witz auf der Seite des dichteriſchen. Denn eben das Unterſcheiden und Abſondern, mit dem der Scharfſinn zu thun hat, bringt die Ab- ſtraktion hervor, oder iſt eine Folge derſelben. Um deswillen iſt die Subtilitaͤt, die eine Wirkung die- ſer Urſache iſt, ſo oft fuͤr die Eigenſchaft der Phi- loſophen angeſehen worden. — In der That aber giebt es auch einen Scharfſinn, der ſich mit dem Witz vermiſcht, und unter ſeinem Namen ver- birgt. Die Begriffe von Aehnlichkeit und Unter- ſchied ſind immer gegenſeitig, und wo Ueberein- ſtimmungen bemerkt werden, da muß man die Verſchiedenheiten zugleich mit empfinden, die von jenen abſtechen.
Die andere Gattung von Scharfſinn aͤußert ſich nur bey der Erlernung der Wiſſenſchaften.
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Ueber die Pruͤfung
des Weges, und durch eine gewiſſe feinere Ver-
wickelung und eine unvermuthete Aufloͤſung der
Aufgaben.
Mit dem Witze gehoͤrt der Scharfſinn zu ei-
ner Klaſſe. Der Scharfſinn ſcheint mehr auf der
Partey des philoſophiſchen Verſtandes zu ſeyn,
ſo wie der Witz auf der Seite des dichteriſchen.
Denn eben das Unterſcheiden und Abſondern, mit
dem der Scharfſinn zu thun hat, bringt die Ab-
ſtraktion hervor, oder iſt eine Folge derſelben. Um
deswillen iſt die Subtilitaͤt, die eine Wirkung die-
ſer Urſache iſt, ſo oft fuͤr die Eigenſchaft der Phi-
loſophen angeſehen worden. — In der That
aber giebt es auch einen Scharfſinn, der ſich mit
dem Witz vermiſcht, und unter ſeinem Namen ver-
birgt. Die Begriffe von Aehnlichkeit und Unter-
ſchied ſind immer gegenſeitig, und wo Ueberein-
ſtimmungen bemerkt werden, da muß man die
Verſchiedenheiten zugleich mit empfinden, die von
jenen abſtechen.
Die andere Gattung von Scharfſinn aͤußert
ſich nur bey der Erlernung der Wiſſenſchaften.
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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/100>, abgerufen am 23.11.2024.
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