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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.

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auf der Oberfläche des Gewebes erscheint; man haspelt hierzu den Seiden-
faden von 3 bis 8 Cocons und gibt demselben eine starke Drehung (d. h.
Drehung in sich selbst, Eigendrehung) und zwirnt dann zwei solche gedrehte
Rohseidenfäden zusammen. Die geringere Rohseide wird zu Trameseide,
Tramseide oder Tramaseide verarbeitet und bei der Weberei als Schuß,
sowie zu Seidenschnüren verwendet; man haspelt hierzu den Rohseidenfaden
von 3 bis 12 Cocons; bei der Trameseide wird entweder ein einzelner Roh-
seidenfaden an sich gedreht (einfädige Trame) oder es werden zwei oder
drei nicht gedrehte Rohseidenfäden links gezwirnt (zwei- oder dreifädige Trama).
Trameseide ist nicht so scharf gezwirnt, als Organsinseide, sie ist daher wei-
cher. -- Maraboutseide wird aus drei nicht gedrehten ganz weißen Roh-
seidenfäden gezwirnt, dann, ohne entschält zu werden, gefärbt, und nach
dem Färben nochmals gezwirnt; sie erhält dadurch eine noch schärfere Zwir-
nung als die Organsinseide, gleichzeitig aber auch ziemliche Steifheit und
Härte. -- Poilseide (auch Peloseide genannt) ist ein einfacher Rohseiden-
faden, der aus mehreren gedrehten Coconfäden besteht; dient als Unterlage
für Gold- und Silberfäden, Tressen etc. -- Nähseide wird aus Rohseiden-
fäden aus 3 bis 22 Cocons auf verschiedene Weise gedreht. -- Stick-
und Häkelseide
wird in gleicher Weise hergestellt, ist aber stärker. --
Ecruseide ist Rohseide, welche höchstens dem Waschen mit oder ohne Seife
und nachherigem Bleichen ausgesetzt gewesen ist.

Das Entschälen der Seide bezweckt die Entfernung des Seidenleims
und zerfällt in zwei Operationen, das Degummieren und das Abkochen.
Das Degummieren wird in großen mit Kupferblech ausgelegten Holz-
trögen oder in Holzkufen, auch in kupfernen Kesseln vorgenommen. In die-
sen bereitet man sich eine Seifenlösung aus venetianischer Seife und rechnet
dabei auf das Kilogramm Rohseide 300 bis 500 g Seife. Diese Seife
löst man in weichem Wasser und erhitzt das Bad mittels Dampfschlange
oder durch direkt eingeleiteten Dampf auf 90 bis 90° C. (72 bis 76° R.). --
Die zu entschälende Seide wird auf glatten Holzstangen in das Seifenbad
gehängt und darin so lange umgezogen, bis sich der Ueberzug des Seiden-
leims von der Faser abgelöst hat. Anfangs quillt die Rohseide auf und
erscheint klebrig; dann aber löst sich der firnisartige Ueberzug von Seiden-
leim verhältnismäßig schnell und die weiche, biegsame, glänzende Seidenfaser
bleibt zurück. Gemeinhin geht man in der Praxis von diesem ersten Seifen-
bad auf ein zweites schwächeres, aber gleichfalls auf circa 75° R. erhitztes
Seifenbad. Es ist von Wichtigkeit, daß die Seifenlösung nicht bis zum
Kochen
erhitzt wird, da sonst der dem Sericin eigene gelbliche Farbstoff
an die Seide geht. Die Auflösung des Seidenleims im Seifenbade geht
bei fleißigem Umziehen auch unter der Siedetemperatur vollkommen
vor sich. Diese Seifenbäder sind aufzubewahren: sie bilden den unter dem Na-
men Bastseife bekannten wertvollen Zusatz in der Seidenbuntfärberei. Die
aus dem zweiten Seifenbade herausgenommene Seide wird schließlich in
einem dritten 60° warmen, ganz schwachen Seifen- oder Sodabade gespült,
abgewunden und getrocknet. Das gesamte Degummieren erfordert 1 bis
2 Stunden. Degummierte Seiden sind zum Färben mit dunkeln Farben
ohne weiteres zu gebrauchen.

Wie oben bei der Zusammensetzung der Rohseide auseinandergesetzt
wurde, löst sich der Seidenleim auch in Wasser und zwar lassen sich bei
Anwendung von überhitztem Wasserdampf 28 bis 30 Prozent ausziehen.

auf der Oberfläche des Gewebes erſcheint; man haſpelt hierzu den Seiden-
faden von 3 bis 8 Cocons und gibt demſelben eine ſtarke Drehung (d. h.
Drehung in ſich ſelbſt, Eigendrehung) und zwirnt dann zwei ſolche gedrehte
Rohſeidenfäden zuſammen. Die geringere Rohſeide wird zu Trameſeide,
Tramſeide oder Tramaſeide verarbeitet und bei der Weberei als Schuß,
ſowie zu Seidenſchnüren verwendet; man haſpelt hierzu den Rohſeidenfaden
von 3 bis 12 Cocons; bei der Trameſeide wird entweder ein einzelner Roh-
ſeidenfaden an ſich gedreht (einfädige Trame) oder es werden zwei oder
drei nicht gedrehte Rohſeidenfäden links gezwirnt (zwei- oder dreifädige Trama).
Trameſeide iſt nicht ſo ſcharf gezwirnt, als Organſinſeide, ſie iſt daher wei-
cher. — Maraboutſeide wird aus drei nicht gedrehten ganz weißen Roh-
ſeidenfäden gezwirnt, dann, ohne entſchält zu werden, gefärbt, und nach
dem Färben nochmals gezwirnt; ſie erhält dadurch eine noch ſchärfere Zwir-
nung als die Organſinſeide, gleichzeitig aber auch ziemliche Steifheit und
Härte. — Poilſeide (auch Peloſeide genannt) iſt ein einfacher Rohſeiden-
faden, der aus mehreren gedrehten Coconfäden beſteht; dient als Unterlage
für Gold- und Silberfäden, Treſſen ꝛc. — Nähſeide wird aus Rohſeiden-
fäden aus 3 bis 22 Cocons auf verſchiedene Weiſe gedreht. — Stick-
und Häkelſeide
wird in gleicher Weiſe hergeſtellt, iſt aber ſtärker. —
Ecruſeide iſt Rohſeide, welche höchſtens dem Waſchen mit oder ohne Seife
und nachherigem Bleichen ausgeſetzt geweſen iſt.

Das Entſchälen der Seide bezweckt die Entfernung des Seidenleims
und zerfällt in zwei Operationen, das Degummieren und das Abkochen.
Das Degummieren wird in großen mit Kupferblech ausgelegten Holz-
trögen oder in Holzkufen, auch in kupfernen Keſſeln vorgenommen. In die-
ſen bereitet man ſich eine Seifenlöſung aus venetianiſcher Seife und rechnet
dabei auf das Kilogramm Rohſeide 300 bis 500 g Seife. Dieſe Seife
löſt man in weichem Waſſer und erhitzt das Bad mittels Dampfſchlange
oder durch direkt eingeleiteten Dampf auf 90 bis 90° C. (72 bis 76° R.). —
Die zu entſchälende Seide wird auf glatten Holzſtangen in das Seifenbad
gehängt und darin ſo lange umgezogen, bis ſich der Ueberzug des Seiden-
leims von der Faſer abgelöſt hat. Anfangs quillt die Rohſeide auf und
erſcheint klebrig; dann aber löſt ſich der firnisartige Ueberzug von Seiden-
leim verhältnismäßig ſchnell und die weiche, biegſame, glänzende Seidenfaſer
bleibt zurück. Gemeinhin geht man in der Praxis von dieſem erſten Seifen-
bad auf ein zweites ſchwächeres, aber gleichfalls auf circa 75° R. erhitztes
Seifenbad. Es iſt von Wichtigkeit, daß die Seifenlöſung nicht bis zum
Kochen
erhitzt wird, da ſonſt der dem Sericin eigene gelbliche Farbſtoff
an die Seide geht. Die Auflöſung des Seidenleims im Seifenbade geht
bei fleißigem Umziehen auch unter der Siedetemperatur vollkommen
vor ſich. Dieſe Seifenbäder ſind aufzubewahren: ſie bilden den unter dem Na-
men Baſtſeife bekannten wertvollen Zuſatz in der Seidenbuntfärberei. Die
aus dem zweiten Seifenbade herausgenommene Seide wird ſchließlich in
einem dritten 60° warmen, ganz ſchwachen Seifen- oder Sodabade geſpült,
abgewunden und getrocknet. Das geſamte Degummieren erfordert 1 bis
2 Stunden. Degummierte Seiden ſind zum Färben mit dunkeln Farben
ohne weiteres zu gebrauchen.

Wie oben bei der Zuſammenſetzung der Rohſeide auseinandergeſetzt
wurde, löſt ſich der Seidenleim auch in Waſſer und zwar laſſen ſich bei
Anwendung von überhitztem Waſſerdampf 28 bis 30 Prozent ausziehen.

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[36/0062] auf der Oberfläche des Gewebes erſcheint; man haſpelt hierzu den Seiden- faden von 3 bis 8 Cocons und gibt demſelben eine ſtarke Drehung (d. h. Drehung in ſich ſelbſt, Eigendrehung) und zwirnt dann zwei ſolche gedrehte Rohſeidenfäden zuſammen. Die geringere Rohſeide wird zu Trameſeide, Tramſeide oder Tramaſeide verarbeitet und bei der Weberei als Schuß, ſowie zu Seidenſchnüren verwendet; man haſpelt hierzu den Rohſeidenfaden von 3 bis 12 Cocons; bei der Trameſeide wird entweder ein einzelner Roh- ſeidenfaden an ſich gedreht (einfädige Trame) oder es werden zwei oder drei nicht gedrehte Rohſeidenfäden links gezwirnt (zwei- oder dreifädige Trama). Trameſeide iſt nicht ſo ſcharf gezwirnt, als Organſinſeide, ſie iſt daher wei- cher. — Maraboutſeide wird aus drei nicht gedrehten ganz weißen Roh- ſeidenfäden gezwirnt, dann, ohne entſchält zu werden, gefärbt, und nach dem Färben nochmals gezwirnt; ſie erhält dadurch eine noch ſchärfere Zwir- nung als die Organſinſeide, gleichzeitig aber auch ziemliche Steifheit und Härte. — Poilſeide (auch Peloſeide genannt) iſt ein einfacher Rohſeiden- faden, der aus mehreren gedrehten Coconfäden beſteht; dient als Unterlage für Gold- und Silberfäden, Treſſen ꝛc. — Nähſeide wird aus Rohſeiden- fäden aus 3 bis 22 Cocons auf verſchiedene Weiſe gedreht. — Stick- und Häkelſeide wird in gleicher Weiſe hergeſtellt, iſt aber ſtärker. — Ecruſeide iſt Rohſeide, welche höchſtens dem Waſchen mit oder ohne Seife und nachherigem Bleichen ausgeſetzt geweſen iſt. Das Entſchälen der Seide bezweckt die Entfernung des Seidenleims und zerfällt in zwei Operationen, das Degummieren und das Abkochen. Das Degummieren wird in großen mit Kupferblech ausgelegten Holz- trögen oder in Holzkufen, auch in kupfernen Keſſeln vorgenommen. In die- ſen bereitet man ſich eine Seifenlöſung aus venetianiſcher Seife und rechnet dabei auf das Kilogramm Rohſeide 300 bis 500 g Seife. Dieſe Seife löſt man in weichem Waſſer und erhitzt das Bad mittels Dampfſchlange oder durch direkt eingeleiteten Dampf auf 90 bis 90° C. (72 bis 76° R.). — Die zu entſchälende Seide wird auf glatten Holzſtangen in das Seifenbad gehängt und darin ſo lange umgezogen, bis ſich der Ueberzug des Seiden- leims von der Faſer abgelöſt hat. Anfangs quillt die Rohſeide auf und erſcheint klebrig; dann aber löſt ſich der firnisartige Ueberzug von Seiden- leim verhältnismäßig ſchnell und die weiche, biegſame, glänzende Seidenfaſer bleibt zurück. Gemeinhin geht man in der Praxis von dieſem erſten Seifen- bad auf ein zweites ſchwächeres, aber gleichfalls auf circa 75° R. erhitztes Seifenbad. Es iſt von Wichtigkeit, daß die Seifenlöſung nicht bis zum Kochen erhitzt wird, da ſonſt der dem Sericin eigene gelbliche Farbſtoff an die Seide geht. Die Auflöſung des Seidenleims im Seifenbade geht bei fleißigem Umziehen auch unter der Siedetemperatur vollkommen vor ſich. Dieſe Seifenbäder ſind aufzubewahren: ſie bilden den unter dem Na- men Baſtſeife bekannten wertvollen Zuſatz in der Seidenbuntfärberei. Die aus dem zweiten Seifenbade herausgenommene Seide wird ſchließlich in einem dritten 60° warmen, ganz ſchwachen Seifen- oder Sodabade geſpült, abgewunden und getrocknet. Das geſamte Degummieren erfordert 1 bis 2 Stunden. Degummierte Seiden ſind zum Färben mit dunkeln Farben ohne weiteres zu gebrauchen. Wie oben bei der Zuſammenſetzung der Rohſeide auseinandergeſetzt wurde, löſt ſich der Seidenleim auch in Waſſer und zwar laſſen ſich bei Anwendung von überhitztem Waſſerdampf 28 bis 30 Prozent ausziehen.

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Zitationshilfe: Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/62>, abgerufen am 24.11.2024.