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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.

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wurden im Jahre 1866 500000 Maulbeerbäume aus China für die An-
pflanzung bei Inchön (auf dem Wege von Chemulpo nach Söul) eingeführt.
Die Pflanzung steht unter der Leitung eines deutschen Seidenbauinspektors.
Ob die Seidenkultur mit Erfolg hier eingeführt werden kann, läßt sich bis
jetzt nicht entscheiden. Versuche, welche in einem der alten Palastgründe
im westlichen Teil der Hauptstadt seit einigen Jahren in kleinerem Maß-
stabe angestellt worden sind, dürfen wohl als gelungen betrachtet werden.
Die Bäume stehen vorzüglich, haben saftiges Laub, und sowohl die chinesischen
wie die japanischen und italienischen Seidenraupen sollen gut gedeihen. Die
Seide wird hier nicht abgehaspelt, sondern in den Cocons verkauft. -- Laut
Bericht der Krefelder Handelskammer für das Jahr 1884 treten folgende
Produktionsmengen an Rohseide: aus Spanien 85 t, aus Frankreich 483 t,
aus Oesterreich-Ungarn 142 t, aus Italien 2810 t, aus Griechenland 20 t,
aus Volo, Salonichi und Adrianopel 95 t, aus Anatolien 185 t, aus Syrien
230 t, aus Georgien und Persien 200 t, aus Gesamt-Rußland 656 t,
zusammen 4250 t. Für Bengalen und Ostasien tritt an Stelle der un-
bekannten Produktion die Ausfuhr, welche in jenem Berichte mit nachstehen-
den Zahlen verzeichnet wird: aus Calcutta 208 t, aus Kanton 693 t, aus
Shanghai 2680 t und aus Yokohama 1484 t, zusammen 5065 t. Hier-
aus ergibt sich eine für den Gesamtverbrauch mit Ausnahme Ost- und
Südasiens verfügbare Menge von 9970 t Seide *).

Der preußische landwirtschaftliche Minister hatte dem Seidenzüchter
Buchwald in Reichenbach in Schlesien vierzig Morgen Eichenbestand aus
den Staatsforsten zu Versuchen mit der Züchtung des Eichenseidenspin-
ners
vor fünf Jahren überlassen. Auf Grund seiner seither gemachten Er-
fahrungen hat nun Buchwald auf der Generalversammlung des schlesischen
Forstvereins mitgeteilt, daß der Zucht des chinesischen Eichenspinners elemen-
tare und klimatische Schwierigkeiten nicht entgegenstehen und die Seide von
den in dem Versuchswalde gezüchteten Eichenspinnern, in Krefeld verarbeitet,
sich der besten Mailänder Seide ebenbürtig erwiesen hat. Bei dem Reich-
tum Deutschlands an Eichen glaubt er, daß die Seidenzucht dort sehr ren-
tabel werden wird.

Gewinnung der Rohseide. Um nach dem Töten der Puppe den
Seidenfaden zu gewinnen, sind zwei Operationen nötig: 1. Das Sortie-
ren der Cocons
. Die Cocons sind keineswegs alle gleich, viele sind weiß,
viele gelblich, manche sind schadhaft (hierher gehören die oben geschilderten
Cocons, aus denen der Schmetterling geschlüpft ist, aber auch schimme-
lig gewordene, von Insekten angefressene, durch das Platzen von Puppen
beim Töten in die Cocons fleckig gewordene u. s. w.) und eignen sich nicht
zum Abhaspeln; die Stärke des Gespinnstfadens ist eine sehr verschiedene.
Das Sortieren bezweckt daher das Ausscheiden fehlerhafter Cocons, sowie das
Zusammenordnen gleichartiger, gleichfarbiger und gleich feiner Cocons. Diese
Arbeit darf nur von erfahrenen Leuten und muß mit großer Sorgfalt aus-
geführt werden, weil nur gleichartige Cocons zusammen abgehaspelt und mit
Vorteil verarbeitet werden können. 2. Das Abhaspeln. Wenn wir uns
vergegenwärtigen, daß der Coconfaden eine Länge von 350 bis 1250 m
hat, und dabei nur 1/4 g wiegt, so ergibt sich daraus allein ohne weiteres,

*) 1 t = 1000 kg.

wurden im Jahre 1866 500000 Maulbeerbäume aus China für die An-
pflanzung bei Inchön (auf dem Wege von Chemulpo nach Söul) eingeführt.
Die Pflanzung ſteht unter der Leitung eines deutſchen Seidenbauinſpektors.
Ob die Seidenkultur mit Erfolg hier eingeführt werden kann, läßt ſich bis
jetzt nicht entſcheiden. Verſuche, welche in einem der alten Palaſtgründe
im weſtlichen Teil der Hauptſtadt ſeit einigen Jahren in kleinerem Maß-
ſtabe angeſtellt worden ſind, dürfen wohl als gelungen betrachtet werden.
Die Bäume ſtehen vorzüglich, haben ſaftiges Laub, und ſowohl die chineſiſchen
wie die japaniſchen und italieniſchen Seidenraupen ſollen gut gedeihen. Die
Seide wird hier nicht abgehaſpelt, ſondern in den Cocons verkauft. — Laut
Bericht der Krefelder Handelskammer für das Jahr 1884 treten folgende
Produktionsmengen an Rohſeide: aus Spanien 85 t, aus Frankreich 483 t,
aus Oeſterreich-Ungarn 142 t, aus Italien 2810 t, aus Griechenland 20 t,
aus Volo, Salonichi und Adrianopel 95 t, aus Anatolien 185 t, aus Syrien
230 t, aus Georgien und Perſien 200 t, aus Geſamt-Rußland 656 t,
zuſammen 4250 t. Für Bengalen und Oſtaſien tritt an Stelle der un-
bekannten Produktion die Ausfuhr, welche in jenem Berichte mit nachſtehen-
den Zahlen verzeichnet wird: aus Calcutta 208 t, aus Kanton 693 t, aus
Shanghai 2680 t und aus Yokohama 1484 t, zuſammen 5065 t. Hier-
aus ergibt ſich eine für den Geſamtverbrauch mit Ausnahme Oſt- und
Südaſiens verfügbare Menge von 9970 t Seide *).

Der preußiſche landwirtſchaftliche Miniſter hatte dem Seidenzüchter
Buchwald in Reichenbach in Schleſien vierzig Morgen Eichenbeſtand aus
den Staatsforſten zu Verſuchen mit der Züchtung des Eichenſeidenſpin-
ners
vor fünf Jahren überlaſſen. Auf Grund ſeiner ſeither gemachten Er-
fahrungen hat nun Buchwald auf der Generalverſammlung des ſchleſiſchen
Forſtvereins mitgeteilt, daß der Zucht des chineſiſchen Eichenſpinners elemen-
tare und klimatiſche Schwierigkeiten nicht entgegenſtehen und die Seide von
den in dem Verſuchswalde gezüchteten Eichenſpinnern, in Krefeld verarbeitet,
ſich der beſten Mailänder Seide ebenbürtig erwieſen hat. Bei dem Reich-
tum Deutſchlands an Eichen glaubt er, daß die Seidenzucht dort ſehr ren-
tabel werden wird.

Gewinnung der Rohſeide. Um nach dem Töten der Puppe den
Seidenfaden zu gewinnen, ſind zwei Operationen nötig: 1. Das Sortie-
ren der Cocons
. Die Cocons ſind keineswegs alle gleich, viele ſind weiß,
viele gelblich, manche ſind ſchadhaft (hierher gehören die oben geſchilderten
Cocons, aus denen der Schmetterling geſchlüpft iſt, aber auch ſchimme-
lig gewordene, von Inſekten angefreſſene, durch das Platzen von Puppen
beim Töten in die Cocons fleckig gewordene u. ſ. w.) und eignen ſich nicht
zum Abhaſpeln; die Stärke des Geſpinnſtfadens iſt eine ſehr verſchiedene.
Das Sortieren bezweckt daher das Ausſcheiden fehlerhafter Cocons, ſowie das
Zuſammenordnen gleichartiger, gleichfarbiger und gleich feiner Cocons. Dieſe
Arbeit darf nur von erfahrenen Leuten und muß mit großer Sorgfalt aus-
geführt werden, weil nur gleichartige Cocons zuſammen abgehaſpelt und mit
Vorteil verarbeitet werden können. 2. Das Abhaſpeln. Wenn wir uns
vergegenwärtigen, daß der Coconfaden eine Länge von 350 bis 1250 m
hat, und dabei nur ¼ g wiegt, ſo ergibt ſich daraus allein ohne weiteres,

*) 1 t = 1000 kg.
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[32/0058] wurden im Jahre 1866 500000 Maulbeerbäume aus China für die An- pflanzung bei Inchön (auf dem Wege von Chemulpo nach Söul) eingeführt. Die Pflanzung ſteht unter der Leitung eines deutſchen Seidenbauinſpektors. Ob die Seidenkultur mit Erfolg hier eingeführt werden kann, läßt ſich bis jetzt nicht entſcheiden. Verſuche, welche in einem der alten Palaſtgründe im weſtlichen Teil der Hauptſtadt ſeit einigen Jahren in kleinerem Maß- ſtabe angeſtellt worden ſind, dürfen wohl als gelungen betrachtet werden. Die Bäume ſtehen vorzüglich, haben ſaftiges Laub, und ſowohl die chineſiſchen wie die japaniſchen und italieniſchen Seidenraupen ſollen gut gedeihen. Die Seide wird hier nicht abgehaſpelt, ſondern in den Cocons verkauft. — Laut Bericht der Krefelder Handelskammer für das Jahr 1884 treten folgende Produktionsmengen an Rohſeide: aus Spanien 85 t, aus Frankreich 483 t, aus Oeſterreich-Ungarn 142 t, aus Italien 2810 t, aus Griechenland 20 t, aus Volo, Salonichi und Adrianopel 95 t, aus Anatolien 185 t, aus Syrien 230 t, aus Georgien und Perſien 200 t, aus Geſamt-Rußland 656 t, zuſammen 4250 t. Für Bengalen und Oſtaſien tritt an Stelle der un- bekannten Produktion die Ausfuhr, welche in jenem Berichte mit nachſtehen- den Zahlen verzeichnet wird: aus Calcutta 208 t, aus Kanton 693 t, aus Shanghai 2680 t und aus Yokohama 1484 t, zuſammen 5065 t. Hier- aus ergibt ſich eine für den Geſamtverbrauch mit Ausnahme Oſt- und Südaſiens verfügbare Menge von 9970 t Seide *). Der preußiſche landwirtſchaftliche Miniſter hatte dem Seidenzüchter Buchwald in Reichenbach in Schleſien vierzig Morgen Eichenbeſtand aus den Staatsforſten zu Verſuchen mit der Züchtung des Eichenſeidenſpin- ners vor fünf Jahren überlaſſen. Auf Grund ſeiner ſeither gemachten Er- fahrungen hat nun Buchwald auf der Generalverſammlung des ſchleſiſchen Forſtvereins mitgeteilt, daß der Zucht des chineſiſchen Eichenſpinners elemen- tare und klimatiſche Schwierigkeiten nicht entgegenſtehen und die Seide von den in dem Verſuchswalde gezüchteten Eichenſpinnern, in Krefeld verarbeitet, ſich der beſten Mailänder Seide ebenbürtig erwieſen hat. Bei dem Reich- tum Deutſchlands an Eichen glaubt er, daß die Seidenzucht dort ſehr ren- tabel werden wird. Gewinnung der Rohſeide. Um nach dem Töten der Puppe den Seidenfaden zu gewinnen, ſind zwei Operationen nötig: 1. Das Sortie- ren der Cocons. Die Cocons ſind keineswegs alle gleich, viele ſind weiß, viele gelblich, manche ſind ſchadhaft (hierher gehören die oben geſchilderten Cocons, aus denen der Schmetterling geſchlüpft iſt, aber auch ſchimme- lig gewordene, von Inſekten angefreſſene, durch das Platzen von Puppen beim Töten in die Cocons fleckig gewordene u. ſ. w.) und eignen ſich nicht zum Abhaſpeln; die Stärke des Geſpinnſtfadens iſt eine ſehr verſchiedene. Das Sortieren bezweckt daher das Ausſcheiden fehlerhafter Cocons, ſowie das Zuſammenordnen gleichartiger, gleichfarbiger und gleich feiner Cocons. Dieſe Arbeit darf nur von erfahrenen Leuten und muß mit großer Sorgfalt aus- geführt werden, weil nur gleichartige Cocons zuſammen abgehaſpelt und mit Vorteil verarbeitet werden können. 2. Das Abhaſpeln. Wenn wir uns vergegenwärtigen, daß der Coconfaden eine Länge von 350 bis 1250 m hat, und dabei nur ¼ g wiegt, ſo ergibt ſich daraus allein ohne weiteres, *) 1 t = 1000 kg.

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Zitationshilfe: Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/58>, abgerufen am 24.11.2024.