Zusammensetzung der Rohwolle. Man würde gewaltig fehlgehen, wollte man die Schurwolle (s. S. 16) als zum größten Teile aus Wolle be- stehend ansehen. Der Gehalt an reiner lufttrockner Wolle ist günstigsten Falls 82 bis 83 Prozent, der an absolut reinem Wollhaar 77,5 bis 78 Prozent; dieser Gehalt kann aber auch bedeutend sinken; es kommt Wolle auf den Markt, welche nur 35 bis 36 Prozent lufttrockne Wolle und 28,5 Prozent reines Wollhaar enthält. Die übrigen Bestandteile der Wolle bestehen in
Schmutz (erdige Anhängsel, Kot etc.) bis zu ... 16 Prozent,
Wollschweiß und Wollfett bis zu ....... 45 "
Feuchtigkeit bis zu ........... 12 "
Der Wollschweiß und das Wollfett bilden eine gemeinsame Aus- scheidung entweder der Wolle selbst oder der Cuticularzellen der Tierhaut, welche in der wolligen Behaarung der Tiere einen willkommenen Ablage- rungsplatz findet, sich dabei durch zufällig von außen hinzukommende Stoffe vermehrt, und so den schmutzigen, stückigen, regellosen, ungleichmäßig verteil- ten Ueberzug der Wollfaser bildet, der den Pelz der damit behafteten Tiere so unansehnlich erscheinen läßt. Im allgemeinen nimmt die Menge von Wollschweiß zu, sobald die Wollfaser kürzer und feiner wird, d. h. also, je- mehr sie den eigentlichen Charakter der Wolle zeigt, wogegen diejenigen Wol- len, welche sich mehr dem Haar nähern, weniger von Schweiß behaftet sind; so zeigt z. B. die Mohairwolle fast gar keinen Schweiß. Der Wollschweiß selbst ist je nach der Art des Tieres, nach Alter, Geschlecht, Ursprungsland, Klima, Nahrung etc. in seiner Zusammensetzung sehr verschieden, mehr oder minder reichlich, bald mehr fettig, bald klebrig, bald schwer, bald leicht in Wasser löslich. Der in Wasser lösliche Anteil besteht nach Märcker und Schulze im Durchschnitt aus 60 Prozent organischer Substanz und 40 Pro- zent Mineralstoffen. Der in Wasser unlösliche Anteil ist nach Reich und Ulbricht ein Gemenge von Fettsäure, während der in Wasser lösliche Teil Kalisalze dieser Fettsäuren enthält, also als eine der Schmierseife ähnliche Masse zu betrachten wäre. Häufig enthält der letztere Teil auch Kalium- carbonat gelöst (Pottasche). Bei der großen Wichtigkeit, welche der Woll- schweiß für den Färber hat, kommen wir weiter unten ausführlicher auf denselben zurück.
[Tabelle]
Zuſammenſetzung der Rohwolle. Man würde gewaltig fehlgehen, wollte man die Schurwolle (ſ. S. 16) als zum größten Teile aus Wolle be- ſtehend anſehen. Der Gehalt an reiner lufttrockner Wolle iſt günſtigſten Falls 82 bis 83 Prozent, der an abſolut reinem Wollhaar 77,5 bis 78 Prozent; dieſer Gehalt kann aber auch bedeutend ſinken; es kommt Wolle auf den Markt, welche nur 35 bis 36 Prozent lufttrockne Wolle und 28,5 Prozent reines Wollhaar enthält. Die übrigen Beſtandteile der Wolle beſtehen in
Schmutz (erdige Anhängſel, Kot ꝛc.) bis zu ... 16 Prozent,
Wollſchweiß und Wollfett bis zu ....... 45 „
Feuchtigkeit bis zu ........... 12 „
Der Wollſchweiß und das Wollfett bilden eine gemeinſame Aus- ſcheidung entweder der Wolle ſelbſt oder der Cuticularzellen der Tierhaut, welche in der wolligen Behaarung der Tiere einen willkommenen Ablage- rungsplatz findet, ſich dabei durch zufällig von außen hinzukommende Stoffe vermehrt, und ſo den ſchmutzigen, ſtückigen, regelloſen, ungleichmäßig verteil- ten Ueberzug der Wollfaſer bildet, der den Pelz der damit behafteten Tiere ſo unanſehnlich erſcheinen läßt. Im allgemeinen nimmt die Menge von Wollſchweiß zu, ſobald die Wollfaſer kürzer und feiner wird, d. h. alſo, je- mehr ſie den eigentlichen Charakter der Wolle zeigt, wogegen diejenigen Wol- len, welche ſich mehr dem Haar nähern, weniger von Schweiß behaftet ſind; ſo zeigt z. B. die Mohairwolle faſt gar keinen Schweiß. Der Wollſchweiß ſelbſt iſt je nach der Art des Tieres, nach Alter, Geſchlecht, Urſprungsland, Klima, Nahrung ꝛc. in ſeiner Zuſammenſetzung ſehr verſchieden, mehr oder minder reichlich, bald mehr fettig, bald klebrig, bald ſchwer, bald leicht in Waſſer löslich. Der in Waſſer lösliche Anteil beſteht nach Märcker und Schulze im Durchſchnitt aus 60 Prozent organiſcher Subſtanz und 40 Pro- zent Mineralſtoffen. Der in Waſſer unlösliche Anteil iſt nach Reich und Ulbricht ein Gemenge von Fettſäure, während der in Waſſer lösliche Teil Kaliſalze dieſer Fettſäuren enthält, alſo als eine der Schmierſeife ähnliche Maſſe zu betrachten wäre. Häufig enthält der letztere Teil auch Kalium- carbonat gelöſt (Pottaſche). Bei der großen Wichtigkeit, welche der Woll- ſchweiß für den Färber hat, kommen wir weiter unten ausführlicher auf denſelben zurück.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0041"n="15"/><table><row><cell/></row></table><p><hirendition="#b">Zuſammenſetzung der Rohwolle.</hi> Man würde gewaltig fehlgehen,<lb/>
wollte man die Schurwolle (ſ. S. 16) als zum größten Teile aus Wolle be-<lb/>ſtehend anſehen. Der Gehalt an reiner lufttrockner Wolle iſt günſtigſten Falls<lb/>
82 bis 83 Prozent, der an abſolut reinem Wollhaar 77,5 bis 78 Prozent;<lb/>
dieſer Gehalt kann aber auch bedeutend ſinken; es kommt Wolle auf den<lb/>
Markt, welche nur 35 bis 36 Prozent lufttrockne Wolle und 28,5 Prozent<lb/>
reines Wollhaar enthält. Die übrigen Beſtandteile der Wolle beſtehen in</p><lb/><list><item><hirendition="#g">Schmutz</hi> (erdige Anhängſel, Kot ꝛc.) bis zu ... 16 Prozent,</item><lb/><item>Wollſchweiß und Wollfett bis zu ....... 45 „</item><lb/><item>Feuchtigkeit bis zu ........... 12 „</item></list><lb/><p>Der <hirendition="#g">Wollſchweiß</hi> und das <hirendition="#g">Wollfett</hi> bilden eine gemeinſame Aus-<lb/>ſcheidung entweder der Wolle ſelbſt oder der Cuticularzellen der Tierhaut,<lb/>
welche in der wolligen Behaarung der Tiere einen willkommenen Ablage-<lb/>
rungsplatz findet, ſich dabei durch zufällig von außen hinzukommende Stoffe<lb/>
vermehrt, und ſo den ſchmutzigen, ſtückigen, regelloſen, ungleichmäßig verteil-<lb/>
ten Ueberzug der Wollfaſer bildet, der den Pelz der damit behafteten Tiere<lb/>ſo unanſehnlich erſcheinen läßt. Im allgemeinen nimmt die Menge von<lb/>
Wollſchweiß zu, ſobald die Wollfaſer kürzer und feiner wird, d. h. alſo, je-<lb/>
mehr ſie den eigentlichen Charakter der Wolle zeigt, wogegen diejenigen Wol-<lb/>
len, welche ſich mehr dem Haar nähern, weniger von Schweiß behaftet ſind;<lb/>ſo zeigt z. B. die Mohairwolle faſt gar keinen Schweiß. Der Wollſchweiß<lb/>ſelbſt iſt je nach der Art des Tieres, nach Alter, Geſchlecht, Urſprungsland,<lb/>
Klima, Nahrung ꝛc. in ſeiner Zuſammenſetzung ſehr verſchieden, mehr oder<lb/>
minder reichlich, bald mehr fettig, bald klebrig, bald ſchwer, bald leicht in<lb/>
Waſſer löslich. Der in Waſſer lösliche Anteil beſteht nach <hirendition="#g">Märcker</hi> und<lb/><hirendition="#g">Schulze</hi> im Durchſchnitt aus 60 Prozent organiſcher Subſtanz und 40 Pro-<lb/>
zent Mineralſtoffen. Der in Waſſer unlösliche Anteil iſt nach <hirendition="#g">Reich</hi> und<lb/><hirendition="#g">Ulbricht</hi> ein Gemenge von Fettſäure, während der in Waſſer lösliche Teil<lb/>
Kaliſalze dieſer Fettſäuren enthält, alſo als eine der Schmierſeife ähnliche<lb/>
Maſſe zu betrachten wäre. Häufig enthält der letztere Teil auch Kalium-<lb/>
carbonat gelöſt (Pottaſche). Bei der großen Wichtigkeit, welche der Woll-<lb/>ſchweiß für den Färber hat, kommen wir weiter unten ausführlicher auf<lb/>
denſelben zurück.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[15/0041]
Zuſammenſetzung der Rohwolle. Man würde gewaltig fehlgehen,
wollte man die Schurwolle (ſ. S. 16) als zum größten Teile aus Wolle be-
ſtehend anſehen. Der Gehalt an reiner lufttrockner Wolle iſt günſtigſten Falls
82 bis 83 Prozent, der an abſolut reinem Wollhaar 77,5 bis 78 Prozent;
dieſer Gehalt kann aber auch bedeutend ſinken; es kommt Wolle auf den
Markt, welche nur 35 bis 36 Prozent lufttrockne Wolle und 28,5 Prozent
reines Wollhaar enthält. Die übrigen Beſtandteile der Wolle beſtehen in
Schmutz (erdige Anhängſel, Kot ꝛc.) bis zu ... 16 Prozent,
Wollſchweiß und Wollfett bis zu ....... 45 „
Feuchtigkeit bis zu ........... 12 „
Der Wollſchweiß und das Wollfett bilden eine gemeinſame Aus-
ſcheidung entweder der Wolle ſelbſt oder der Cuticularzellen der Tierhaut,
welche in der wolligen Behaarung der Tiere einen willkommenen Ablage-
rungsplatz findet, ſich dabei durch zufällig von außen hinzukommende Stoffe
vermehrt, und ſo den ſchmutzigen, ſtückigen, regelloſen, ungleichmäßig verteil-
ten Ueberzug der Wollfaſer bildet, der den Pelz der damit behafteten Tiere
ſo unanſehnlich erſcheinen läßt. Im allgemeinen nimmt die Menge von
Wollſchweiß zu, ſobald die Wollfaſer kürzer und feiner wird, d. h. alſo, je-
mehr ſie den eigentlichen Charakter der Wolle zeigt, wogegen diejenigen Wol-
len, welche ſich mehr dem Haar nähern, weniger von Schweiß behaftet ſind;
ſo zeigt z. B. die Mohairwolle faſt gar keinen Schweiß. Der Wollſchweiß
ſelbſt iſt je nach der Art des Tieres, nach Alter, Geſchlecht, Urſprungsland,
Klima, Nahrung ꝛc. in ſeiner Zuſammenſetzung ſehr verſchieden, mehr oder
minder reichlich, bald mehr fettig, bald klebrig, bald ſchwer, bald leicht in
Waſſer löslich. Der in Waſſer lösliche Anteil beſteht nach Märcker und
Schulze im Durchſchnitt aus 60 Prozent organiſcher Subſtanz und 40 Pro-
zent Mineralſtoffen. Der in Waſſer unlösliche Anteil iſt nach Reich und
Ulbricht ein Gemenge von Fettſäure, während der in Waſſer lösliche Teil
Kaliſalze dieſer Fettſäuren enthält, alſo als eine der Schmierſeife ähnliche
Maſſe zu betrachten wäre. Häufig enthält der letztere Teil auch Kalium-
carbonat gelöſt (Pottaſche). Bei der großen Wichtigkeit, welche der Woll-
ſchweiß für den Färber hat, kommen wir weiter unten ausführlicher auf
denſelben zurück.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/41>, abgerufen am 11.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.