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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.

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§ 102. Zinnsalze.

Die Zinnsalze zählen in der Färberei zu den vorzüglichsten und belieb-
testen Beizen, da sie mit den schwach sauren Farbstoffen besonders lebhafte
und schöne Farblacke bilden. Das Zinn bildet zwei Reihen von Salzen,
Oxydulsalze und Oxydsalze; beide Klassen von Salzen kommen in der Färberei
zur Verwendung; bei der ersten Reihe ist zu bemerken, daß die betreffenden
Salze starke Reduktionsmittel sind, so daß ihre Verwendung da, wo sie eine
Reduktion bewirken könnten, von vornherein ausgeschlossen erscheint, ausge-
nommen der Fall, wo das direkt beabsichtigt wird.

1. Chlorzinn, Zinnchlorür, Zinnsalz, Sn Cl2 + 2 H2 O. Das
Zinnchlorür wird ziemlich viel gebraucht und deshalb fabrikmäßig dargestellt.
Es kommt nicht stets in genügender Reinheit in den Handel. Da es durch
Auflösen von Zinn in Salzsäure dargestellt wird, so enthält es gemeinhin
die Verunreinigungen der Salzsäure: Arsen, Eisen, Kupfer, Blei, Zink.
Man erhält jedoch auch nahezu chemisch reines Zinnsalz im Handel; man
erkennt solches an der rein weißen Farbe der großen, klaren Krystalle, welche
in ihrer Form (monoklinoedrische Prismen) an Magnesiumsulfat und Zink-
vitriol erinnern. Solch große, klare Krystalle können unbedingt ohne weiteres
verwendet werden; Krystallgrus oder ein halbfeuchtes krystallinisches Pulver
ist mit Mißtrauen zu betrachten und muß auf seine Reinheit und seinen Zinn-
gehalt geprüft werden. Ein gutes Zinnsalz muß 52 Prozent Zinn enthalten.
Es kommt auch eine Lösung des Zinnchlorürs unter dem Namen "Einfach-
chlorzinn" in den Handel; ein solches ist stets von sehr wechselnder Stärke
und bietet willkommene Gelegenheit zu Verfälschungen. Der Färber wird
stets wohl thun, seinen Bedarf an Zinnsalz in wohl ausgebildeten Krystallen
zu kaufen, und sich seine Lösung selber zu bereiten. Das Zinnsalz löst sich
in wenig Wasser klar, in viel Wasser mit schwach milchiger Trübung, welche
auf Zusatz einer kleinen Menge Salzsäure oder Salmiak sofort verschwindet.

Die Prüfung des Salzes auf seinen Zinngehalt wird am besten einem
Chemiker übergeben. Grobe Verfälschungen, wie mit den gleichgestaltigen
Krystallen von Bittersalz und Zinkvitriol, kann man auch selbst auf folgende
Weise entdecken: man löst ein wenig des zu untersuchenden Zinnsalzes in
Wasser, setzt chemisch reine Salzsäure bis zur völligen Klärung hinzu,
und dann eine Lösung von Chlorbaryum: ein weißer Niederschlag verrät
eine absichtliche Verfälschung mit Bittersalz oder Zinkvitriol. Gibt in der
angesäuerten Zinnsalzlösung rotes Blutlaugensalz eine blaue Färbung oder
Fällung, so muß es gleichfalls zurückgewiesen werden.

Anwendung: Seine Verwendung ist eine vielseitige. In der Wollen-
färberei dient das Zinnchlorür als Beize, nicht selten als direkter Zusatz zum
Farbbade, sowie zum Beleben der Farben; in der Seidenfärberei zur Er-
zeugung von Catechu- und Soupleschwarz und im Baumwollendruck neben
Thonerdebeizen als Mordant, hauptsächlich zur Erzielung roter Farben mit
Cochenille, sowie in der Krapp- und Türkischrotfärberei; ferner als Aetzbeize
auf Grundfarben, welche aus Mangan und Eisenoxyd dargestellt sind; als
Aetzweiß auf Indigogrund u. s. w.

2. Doppeltchlorzinn, Zinnchlorid, "salpetersalzsaures Zinn",
Sn Cl4 + 5 H2 O. Diese Beize wird man sich mit Vorteil selbst bereiten.
Es gibt mehrere Methoden, welche sämtlich auf der Oxydation des Zinn-

§ 102. Zinnſalze.

Die Zinnſalze zählen in der Färberei zu den vorzüglichſten und belieb-
teſten Beizen, da ſie mit den ſchwach ſauren Farbſtoffen beſonders lebhafte
und ſchöne Farblacke bilden. Das Zinn bildet zwei Reihen von Salzen,
Oxydulſalze und Oxydſalze; beide Klaſſen von Salzen kommen in der Färberei
zur Verwendung; bei der erſten Reihe iſt zu bemerken, daß die betreffenden
Salze ſtarke Reduktionsmittel ſind, ſo daß ihre Verwendung da, wo ſie eine
Reduktion bewirken könnten, von vornherein ausgeſchloſſen erſcheint, ausge-
nommen der Fall, wo das direkt beabſichtigt wird.

1. Chlorzinn, Zinnchlorür, Zinnſalz, Sn Cl2 + 2 H2 O. Das
Zinnchlorür wird ziemlich viel gebraucht und deshalb fabrikmäßig dargeſtellt.
Es kommt nicht ſtets in genügender Reinheit in den Handel. Da es durch
Auflöſen von Zinn in Salzſäure dargeſtellt wird, ſo enthält es gemeinhin
die Verunreinigungen der Salzſäure: Arſen, Eiſen, Kupfer, Blei, Zink.
Man erhält jedoch auch nahezu chemiſch reines Zinnſalz im Handel; man
erkennt ſolches an der rein weißen Farbe der großen, klaren Kryſtalle, welche
in ihrer Form (monoklinoëdriſche Prismen) an Magneſiumſulfat und Zink-
vitriol erinnern. Solch große, klare Kryſtalle können unbedingt ohne weiteres
verwendet werden; Kryſtallgrus oder ein halbfeuchtes kryſtalliniſches Pulver
iſt mit Mißtrauen zu betrachten und muß auf ſeine Reinheit und ſeinen Zinn-
gehalt geprüft werden. Ein gutes Zinnſalz muß 52 Prozent Zinn enthalten.
Es kommt auch eine Löſung des Zinnchlorürs unter dem Namen „Einfach-
chlorzinn“ in den Handel; ein ſolches iſt ſtets von ſehr wechſelnder Stärke
und bietet willkommene Gelegenheit zu Verfälſchungen. Der Färber wird
ſtets wohl thun, ſeinen Bedarf an Zinnſalz in wohl ausgebildeten Kryſtallen
zu kaufen, und ſich ſeine Löſung ſelber zu bereiten. Das Zinnſalz löſt ſich
in wenig Waſſer klar, in viel Waſſer mit ſchwach milchiger Trübung, welche
auf Zuſatz einer kleinen Menge Salzſäure oder Salmiak ſofort verſchwindet.

Die Prüfung des Salzes auf ſeinen Zinngehalt wird am beſten einem
Chemiker übergeben. Grobe Verfälſchungen, wie mit den gleichgeſtaltigen
Kryſtallen von Bitterſalz und Zinkvitriol, kann man auch ſelbſt auf folgende
Weiſe entdecken: man löſt ein wenig des zu unterſuchenden Zinnſalzes in
Waſſer, ſetzt chemiſch reine Salzſäure bis zur völligen Klärung hinzu,
und dann eine Löſung von Chlorbaryum: ein weißer Niederſchlag verrät
eine abſichtliche Verfälſchung mit Bitterſalz oder Zinkvitriol. Gibt in der
angeſäuerten Zinnſalzlöſung rotes Blutlaugenſalz eine blaue Färbung oder
Fällung, ſo muß es gleichfalls zurückgewieſen werden.

Anwendung: Seine Verwendung iſt eine vielſeitige. In der Wollen-
färberei dient das Zinnchlorür als Beize, nicht ſelten als direkter Zuſatz zum
Farbbade, ſowie zum Beleben der Farben; in der Seidenfärberei zur Er-
zeugung von Catechu- und Soupleſchwarz und im Baumwollendruck neben
Thonerdebeizen als Mordant, hauptſächlich zur Erzielung roter Farben mit
Cochenille, ſowie in der Krapp- und Türkiſchrotfärberei; ferner als Aetzbeize
auf Grundfarben, welche aus Mangan und Eiſenoxyd dargeſtellt ſind; als
Aetzweiß auf Indigogrund u. ſ. w.

2. Doppeltchlorzinn, Zinnchlorid, „ſalpeterſalzſaures Zinn“,
Sn Cl4 + 5 H2 O. Dieſe Beize wird man ſich mit Vorteil ſelbſt bereiten.
Es gibt mehrere Methoden, welche ſämtlich auf der Oxydation des Zinn-

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[288/0314] § 102. Zinnſalze. Die Zinnſalze zählen in der Färberei zu den vorzüglichſten und belieb- teſten Beizen, da ſie mit den ſchwach ſauren Farbſtoffen beſonders lebhafte und ſchöne Farblacke bilden. Das Zinn bildet zwei Reihen von Salzen, Oxydulſalze und Oxydſalze; beide Klaſſen von Salzen kommen in der Färberei zur Verwendung; bei der erſten Reihe iſt zu bemerken, daß die betreffenden Salze ſtarke Reduktionsmittel ſind, ſo daß ihre Verwendung da, wo ſie eine Reduktion bewirken könnten, von vornherein ausgeſchloſſen erſcheint, ausge- nommen der Fall, wo das direkt beabſichtigt wird. 1. Chlorzinn, Zinnchlorür, Zinnſalz, Sn Cl2 + 2 H2 O. Das Zinnchlorür wird ziemlich viel gebraucht und deshalb fabrikmäßig dargeſtellt. Es kommt nicht ſtets in genügender Reinheit in den Handel. Da es durch Auflöſen von Zinn in Salzſäure dargeſtellt wird, ſo enthält es gemeinhin die Verunreinigungen der Salzſäure: Arſen, Eiſen, Kupfer, Blei, Zink. Man erhält jedoch auch nahezu chemiſch reines Zinnſalz im Handel; man erkennt ſolches an der rein weißen Farbe der großen, klaren Kryſtalle, welche in ihrer Form (monoklinoëdriſche Prismen) an Magneſiumſulfat und Zink- vitriol erinnern. Solch große, klare Kryſtalle können unbedingt ohne weiteres verwendet werden; Kryſtallgrus oder ein halbfeuchtes kryſtalliniſches Pulver iſt mit Mißtrauen zu betrachten und muß auf ſeine Reinheit und ſeinen Zinn- gehalt geprüft werden. Ein gutes Zinnſalz muß 52 Prozent Zinn enthalten. Es kommt auch eine Löſung des Zinnchlorürs unter dem Namen „Einfach- chlorzinn“ in den Handel; ein ſolches iſt ſtets von ſehr wechſelnder Stärke und bietet willkommene Gelegenheit zu Verfälſchungen. Der Färber wird ſtets wohl thun, ſeinen Bedarf an Zinnſalz in wohl ausgebildeten Kryſtallen zu kaufen, und ſich ſeine Löſung ſelber zu bereiten. Das Zinnſalz löſt ſich in wenig Waſſer klar, in viel Waſſer mit ſchwach milchiger Trübung, welche auf Zuſatz einer kleinen Menge Salzſäure oder Salmiak ſofort verſchwindet. Die Prüfung des Salzes auf ſeinen Zinngehalt wird am beſten einem Chemiker übergeben. Grobe Verfälſchungen, wie mit den gleichgeſtaltigen Kryſtallen von Bitterſalz und Zinkvitriol, kann man auch ſelbſt auf folgende Weiſe entdecken: man löſt ein wenig des zu unterſuchenden Zinnſalzes in Waſſer, ſetzt chemiſch reine Salzſäure bis zur völligen Klärung hinzu, und dann eine Löſung von Chlorbaryum: ein weißer Niederſchlag verrät eine abſichtliche Verfälſchung mit Bitterſalz oder Zinkvitriol. Gibt in der angeſäuerten Zinnſalzlöſung rotes Blutlaugenſalz eine blaue Färbung oder Fällung, ſo muß es gleichfalls zurückgewieſen werden. Anwendung: Seine Verwendung iſt eine vielſeitige. In der Wollen- färberei dient das Zinnchlorür als Beize, nicht ſelten als direkter Zuſatz zum Farbbade, ſowie zum Beleben der Farben; in der Seidenfärberei zur Er- zeugung von Catechu- und Soupleſchwarz und im Baumwollendruck neben Thonerdebeizen als Mordant, hauptſächlich zur Erzielung roter Farben mit Cochenille, ſowie in der Krapp- und Türkiſchrotfärberei; ferner als Aetzbeize auf Grundfarben, welche aus Mangan und Eiſenoxyd dargeſtellt ſind; als Aetzweiß auf Indigogrund u. ſ. w. 2. Doppeltchlorzinn, Zinnchlorid, „ſalpeterſalzſaures Zinn“, Sn Cl4 + 5 H2 O. Dieſe Beize wird man ſich mit Vorteil ſelbſt bereiten. Es gibt mehrere Methoden, welche ſämtlich auf der Oxydation des Zinn-

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Zitationshilfe: Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/314>, abgerufen am 22.11.2024.