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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.

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§ 92. Calciumsalze.

1. Kohlensaurer Kalk, Calciumcarbonat, Schlemmkreide,
Ca CO3. Die Kreide findet sich häufig und oft sehr rein in der Natur. Die
für technische Verwendung bestimmte kommt in geschlemmtem Zustande in den
Handel und bildet so mehr oder minder harte, weiße, zerreibliche Massen,
welche fast ganz aus kohlensaurem Kalk bestehen und nur noch einen kleinen
Gehalt an kohlensaurer Magnesia haben. Sie darf in keinem Falle harte
steinige Stücke enthalten, andernfalls muß sie vor dem Gebrauche noch ein-
mal fein gemahlen und gesiebt werden; sie bildet dann ein zartes weißes,
weiches, leicht abfärbendes, im Wasser unlösliches Pulver. -- Anwendung:
Die Kreide dient vornehmlich in Form von Kreidebädern zum Neutra-
lisieren oder Abstumpfen vorhandener Säuren, sowie zur Herstellung anderer
Kalksalze. Zu der von Hummel empfohlenen Verwendung als Fixiermittel
für Thonerde auf Baumwolle dürften sich jedoch lösliche Kalksalze mehr
empfehlen. Bekannt ist die Verwendung von Kalkbädern beim Türkischrot-
färben, weniger bekannt ist die Verwendung der Kreide als eigentlicher Farb-
stoff und zwar zum Weißfärben. Näheres über die "Kreideweißfärberei"
enthält die "Deutsche Färber-Ztg." 1886, Nr. 36.

2. Salpetersaurer Kalk, Calciumnitrat, Ca (NO3)2. Dieses
zuweilen als Mordant gebrauchte Salz stellt man sich am besten selbst in
Lösung dar. Ich empfehle dazu, die rohe Salpetersäure des Handels mit
dem gleichen Gewicht Wasser zu verdünnen, und feingeriebene Schlemmkreide
in kleinen Mengen zuzufügen solange noch Aufbrausen erfolgt. Zuletzt fügt
man noch etwas Kreide überschüssig hinzu, erhitzt langsam bis zum Kochen,
läßt absetzen und gießt am nächsten Morgen klar ab. Man erhält so eine
wasserhelle, klare Flüssigkeit von schwach alkalischer Reaktion.

3. Chlorkalk, Bleichkalk. Dieses vielbenutzte Handelsprodukt wird
in chemischen Fabriken -- oft in Sodafabriken als Nebenprodukt -- herge-
stellt, indem Chlorgas über frisch gelöschten noch etwas wasserhaltigen Kalk
geleitet wird, und zwar bei einer Temperatur von nicht über 20° R. Das
Chlorgas wird vom Kalk einfach absorbiert (verschluckt, aufgenommen); sobald
kein Chlor mehr aufgenommen wird, ist der Chlorkalk fertig. Derselbe wird
von vielen Antoren auch als unterchlorigsaurer Kalk bezeichnet; das ist
jedoch nur zum Teil richtig. Der Chlorkalk ist ein Gemisch aus
wechselnden Mengen von unterchlorigsaurem Kalk, Chlorcalcium
und gelöschtem Kalk
. Das wirksame Prinzip im Chlorkalk aber ist der
unterchlorigsaure Kalk, Calciumhypochlorit [Formel 1]

Eigenschaften: Der Chlorkalk ist ein weißes, bröckliges Pulver, das
an feuchter Luft schmierig wird und einen schwachen chlorähnlichen
Geruch besitzt. Er ist mit Hinterlassung des unlöslichen Kalkhydrats in
15 Teilen Wasser löslich, die filtrierte wässerige Lösung ist farblos, besitzt
einen herben Geschmack und zeigt eine alkalische Reaktion; rotes Lackmus-
papier wird daher anfangs gebläut, dann aber gebleicht. Verdünnte
Säuren
, selbst die schwächsten, entwickeln, im Ueberschuß angewendet,
Chlor
, worauf seine Anwendung in der Bleicherei beruht. Erhitzt man
Chlorkalk oder setzt man ihn dem direkten Sonnenlicht aus, so gibt er teils

§ 92. Calciumſalze.

1. Kohlenſaurer Kalk, Calciumcarbonat, Schlemmkreide,
Ca CO3. Die Kreide findet ſich häufig und oft ſehr rein in der Natur. Die
für techniſche Verwendung beſtimmte kommt in geſchlemmtem Zuſtande in den
Handel und bildet ſo mehr oder minder harte, weiße, zerreibliche Maſſen,
welche faſt ganz aus kohlenſaurem Kalk beſtehen und nur noch einen kleinen
Gehalt an kohlenſaurer Magneſia haben. Sie darf in keinem Falle harte
ſteinige Stücke enthalten, andernfalls muß ſie vor dem Gebrauche noch ein-
mal fein gemahlen und geſiebt werden; ſie bildet dann ein zartes weißes,
weiches, leicht abfärbendes, im Waſſer unlösliches Pulver. — Anwendung:
Die Kreide dient vornehmlich in Form von Kreidebädern zum Neutra-
liſieren oder Abſtumpfen vorhandener Säuren, ſowie zur Herſtellung anderer
Kalkſalze. Zu der von Hummel empfohlenen Verwendung als Fixiermittel
für Thonerde auf Baumwolle dürften ſich jedoch lösliche Kalkſalze mehr
empfehlen. Bekannt iſt die Verwendung von Kalkbädern beim Türkiſchrot-
färben, weniger bekannt iſt die Verwendung der Kreide als eigentlicher Farb-
ſtoff und zwar zum Weißfärben. Näheres über die „Kreideweißfärberei“
enthält die „Deutſche Färber-Ztg.“ 1886, Nr. 36.

2. Salpeterſaurer Kalk, Calciumnitrat, Ca (NO3)2. Dieſes
zuweilen als Mordant gebrauchte Salz ſtellt man ſich am beſten ſelbſt in
Löſung dar. Ich empfehle dazu, die rohe Salpeterſäure des Handels mit
dem gleichen Gewicht Waſſer zu verdünnen, und feingeriebene Schlemmkreide
in kleinen Mengen zuzufügen ſolange noch Aufbrauſen erfolgt. Zuletzt fügt
man noch etwas Kreide überſchüſſig hinzu, erhitzt langſam bis zum Kochen,
läßt abſetzen und gießt am nächſten Morgen klar ab. Man erhält ſo eine
waſſerhelle, klare Flüſſigkeit von ſchwach alkaliſcher Reaktion.

3. Chlorkalk, Bleichkalk. Dieſes vielbenutzte Handelsprodukt wird
in chemiſchen Fabriken — oft in Sodafabriken als Nebenprodukt — herge-
ſtellt, indem Chlorgas über friſch gelöſchten noch etwas waſſerhaltigen Kalk
geleitet wird, und zwar bei einer Temperatur von nicht über 20° R. Das
Chlorgas wird vom Kalk einfach abſorbiert (verſchluckt, aufgenommen); ſobald
kein Chlor mehr aufgenommen wird, iſt der Chlorkalk fertig. Derſelbe wird
von vielen Antoren auch als unterchlorigſaurer Kalk bezeichnet; das iſt
jedoch nur zum Teil richtig. Der Chlorkalk iſt ein Gemiſch aus
wechſelnden Mengen von unterchlorigſaurem Kalk, Chlorcalcium
und gelöſchtem Kalk
. Das wirkſame Prinzip im Chlorkalk aber iſt der
unterchlorigſaure Kalk, Calciumhypochlorit [Formel 1]

Eigenſchaften: Der Chlorkalk iſt ein weißes, bröckliges Pulver, das
an feuchter Luft ſchmierig wird und einen ſchwachen chlorähnlichen
Geruch beſitzt. Er iſt mit Hinterlaſſung des unlöslichen Kalkhydrats in
15 Teilen Waſſer löslich, die filtrierte wäſſerige Löſung iſt farblos, beſitzt
einen herben Geſchmack und zeigt eine alkaliſche Reaktion; rotes Lackmus-
papier wird daher anfangs gebläut, dann aber gebleicht. Verdünnte
Säuren
, ſelbſt die ſchwächſten, entwickeln, im Ueberſchuß angewendet,
Chlor
, worauf ſeine Anwendung in der Bleicherei beruht. Erhitzt man
Chlorkalk oder ſetzt man ihn dem direkten Sonnenlicht aus, ſo gibt er teils

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[256/0282] § 92. Calciumſalze. 1. Kohlenſaurer Kalk, Calciumcarbonat, Schlemmkreide, Ca CO3. Die Kreide findet ſich häufig und oft ſehr rein in der Natur. Die für techniſche Verwendung beſtimmte kommt in geſchlemmtem Zuſtande in den Handel und bildet ſo mehr oder minder harte, weiße, zerreibliche Maſſen, welche faſt ganz aus kohlenſaurem Kalk beſtehen und nur noch einen kleinen Gehalt an kohlenſaurer Magneſia haben. Sie darf in keinem Falle harte ſteinige Stücke enthalten, andernfalls muß ſie vor dem Gebrauche noch ein- mal fein gemahlen und geſiebt werden; ſie bildet dann ein zartes weißes, weiches, leicht abfärbendes, im Waſſer unlösliches Pulver. — Anwendung: Die Kreide dient vornehmlich in Form von Kreidebädern zum Neutra- liſieren oder Abſtumpfen vorhandener Säuren, ſowie zur Herſtellung anderer Kalkſalze. Zu der von Hummel empfohlenen Verwendung als Fixiermittel für Thonerde auf Baumwolle dürften ſich jedoch lösliche Kalkſalze mehr empfehlen. Bekannt iſt die Verwendung von Kalkbädern beim Türkiſchrot- färben, weniger bekannt iſt die Verwendung der Kreide als eigentlicher Farb- ſtoff und zwar zum Weißfärben. Näheres über die „Kreideweißfärberei“ enthält die „Deutſche Färber-Ztg.“ 1886, Nr. 36. 2. Salpeterſaurer Kalk, Calciumnitrat, Ca (NO3)2. Dieſes zuweilen als Mordant gebrauchte Salz ſtellt man ſich am beſten ſelbſt in Löſung dar. Ich empfehle dazu, die rohe Salpeterſäure des Handels mit dem gleichen Gewicht Waſſer zu verdünnen, und feingeriebene Schlemmkreide in kleinen Mengen zuzufügen ſolange noch Aufbrauſen erfolgt. Zuletzt fügt man noch etwas Kreide überſchüſſig hinzu, erhitzt langſam bis zum Kochen, läßt abſetzen und gießt am nächſten Morgen klar ab. Man erhält ſo eine waſſerhelle, klare Flüſſigkeit von ſchwach alkaliſcher Reaktion. 3. Chlorkalk, Bleichkalk. Dieſes vielbenutzte Handelsprodukt wird in chemiſchen Fabriken — oft in Sodafabriken als Nebenprodukt — herge- ſtellt, indem Chlorgas über friſch gelöſchten noch etwas waſſerhaltigen Kalk geleitet wird, und zwar bei einer Temperatur von nicht über 20° R. Das Chlorgas wird vom Kalk einfach abſorbiert (verſchluckt, aufgenommen); ſobald kein Chlor mehr aufgenommen wird, iſt der Chlorkalk fertig. Derſelbe wird von vielen Antoren auch als unterchlorigſaurer Kalk bezeichnet; das iſt jedoch nur zum Teil richtig. Der Chlorkalk iſt ein Gemiſch aus wechſelnden Mengen von unterchlorigſaurem Kalk, Chlorcalcium und gelöſchtem Kalk. Das wirkſame Prinzip im Chlorkalk aber iſt der unterchlorigſaure Kalk, Calciumhypochlorit [FORMEL] Eigenſchaften: Der Chlorkalk iſt ein weißes, bröckliges Pulver, das an feuchter Luft ſchmierig wird und einen ſchwachen chlorähnlichen Geruch beſitzt. Er iſt mit Hinterlaſſung des unlöslichen Kalkhydrats in 15 Teilen Waſſer löslich, die filtrierte wäſſerige Löſung iſt farblos, beſitzt einen herben Geſchmack und zeigt eine alkaliſche Reaktion; rotes Lackmus- papier wird daher anfangs gebläut, dann aber gebleicht. Verdünnte Säuren, ſelbſt die ſchwächſten, entwickeln, im Ueberſchuß angewendet, Chlor, worauf ſeine Anwendung in der Bleicherei beruht. Erhitzt man Chlorkalk oder ſetzt man ihn dem direkten Sonnenlicht aus, ſo gibt er teils

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Zitationshilfe: Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/282>, abgerufen am 23.11.2024.