verwerten, denn es ist ein Nitrokörper, der gegebenen Falls zu Explosionen Anlaß geben kann.
Kosmosfaser, auch Kunstwolle, Laine artificielle genannt, ist ein in neuerer Zeit in den Handel gebrachtes wollähnliches Produkt, welches zur Bereitung ordinären Tuches verwendet wird; es wird aus den Abfällen des Flachses, des Hanfes und der Jute dargestellt.
§ 20. Geflechtmaterialien.
Als Geflechtmaterialien bezeichne ich alle diejenigen Stoffe, welche weni- ger für sich versponnen, sondern nur in gewissen Fällen verwebt werden können, oder, falls sie hierzu nicht fein oder nicht weich genug sind, sich auch zu Geflechten verbinden lassen. Zu den Geflechtmaterialien der ersten Sorte rechne ich Gold- und Silberfäden, welche für besonders kostbare Ge- webe bisweilen verwendet werden; ferner Glasfäden und Asbestfäden.
Als Flechtmaterial im vollsten Sinne aber ist das Stroh aufzufassen, welches in Form von Strohgeflecht (China- oder Mottledgeflecht) das Material für den weit ausgedehnten Zweig der Strohgeflechtfärberei bildet, deren Hauptsitz Dresden ist. Das Rohmaterial für die Strohflechterei ist das Weizenstroh von Triticum vulgare L. Die Strohflechterei wird in aus- gedehntem Maßstabe im sächsischen Erzgebirge betrieben. Nach beendeter Weizenernte, wobei das Getreide sorgfältig vor Nässe zu schützen ist, wer- den die Aehren abgeschnitten und die Halme so zerschnitten, daß die Knoten herausfallen. Alsdann wird das Stroh geschwefelt und zum Mürbewerden in Wasser gelegt. Nunmehr werden die erweichten Halme mittels eines schar- fen Instrumentes in schmale Streifen gespalten. Dann beginnt das Flech- ten, eine mühselige Arbeit, zu der vielfach Kinder herangezogen werden.
Die Panamageflechte, welche gemeinhin nicht gefärbt werden, stammen von Carludovica palmata ab.
§ 21. Gewebeprüfung*).
Sobald man die Art der Gespinnstfaser kennt, bietet das Färben der- selben durchschnittlich keine Schwierigkeit. Wesentlich anders aber gestaltet sich der Fall, wenn die Natur des Fasermaterials nicht bekannt ist, oder wenn das daraus gefertigte Garn oder Gewebe die Entscheidung zweifelhaft macht; noch schwieriger wird der Fall, wenn mehrere Gespinnstfasern in einem Gewebe verwebt sind; meist thut auch die Appretur der Schärfe ein- zelner Reaktionen Eintrag, so daß eine Gewebeprüfung selbst für den Fach- mann eine schwierige Sache bleibt. Die Gewebeprüfung hat zum Zweck die Feststellung der Gespinnstfasern, aus welchen das zu untersuchende Gewebe hergestellt ist. Eine derartige Untersuchung setzt ein solches Maß chemischer
*) Der vorstehende Paragraph ist nur ein Auszug aus einer größeren Arbeit über das gleiche Thema, welches ich in der "Real-Encyklopädie der gesamten Phar- mazie", Bd. IV, veröffentlicht habe. Dieser Auszug macht auf Vollständigkeit kei- nen Anspruch; er behandelt lediglich die in der Färberei wirklich vorkommenden Gespinnstfasern und soll nur die Wege weisen, auf welchen eine Untersuchung von Gespinnsten oder Geweben überhaupt zu erfolgen hat. Der Verf.
verwerten, denn es iſt ein Nitrokörper, der gegebenen Falls zu Exploſionen Anlaß geben kann.
Kosmosfaſer, auch Kunſtwolle, Laine artificielle genannt, iſt ein in neuerer Zeit in den Handel gebrachtes wollähnliches Produkt, welches zur Bereitung ordinären Tuches verwendet wird; es wird aus den Abfällen des Flachſes, des Hanfes und der Jute dargeſtellt.
§ 20. Geflechtmaterialien.
Als Geflechtmaterialien bezeichne ich alle diejenigen Stoffe, welche weni- ger für ſich verſponnen, ſondern nur in gewiſſen Fällen verwebt werden können, oder, falls ſie hierzu nicht fein oder nicht weich genug ſind, ſich auch zu Geflechten verbinden laſſen. Zu den Geflechtmaterialien der erſten Sorte rechne ich Gold- und Silberfäden, welche für beſonders koſtbare Ge- webe bisweilen verwendet werden; ferner Glasfäden und Asbeſtfäden.
Als Flechtmaterial im vollſten Sinne aber iſt das Stroh aufzufaſſen, welches in Form von Strohgeflecht (China- oder Mottledgeflecht) das Material für den weit ausgedehnten Zweig der Strohgeflechtfärberei bildet, deren Hauptſitz Dresden iſt. Das Rohmaterial für die Strohflechterei iſt das Weizenſtroh von Triticum vulgare L. Die Strohflechterei wird in aus- gedehntem Maßſtabe im ſächſiſchen Erzgebirge betrieben. Nach beendeter Weizenernte, wobei das Getreide ſorgfältig vor Näſſe zu ſchützen iſt, wer- den die Aehren abgeſchnitten und die Halme ſo zerſchnitten, daß die Knoten herausfallen. Alsdann wird das Stroh geſchwefelt und zum Mürbewerden in Waſſer gelegt. Nunmehr werden die erweichten Halme mittels eines ſchar- fen Inſtrumentes in ſchmale Streifen geſpalten. Dann beginnt das Flech- ten, eine mühſelige Arbeit, zu der vielfach Kinder herangezogen werden.
Die Panamageflechte, welche gemeinhin nicht gefärbt werden, ſtammen von Carludovica palmata ab.
§ 21. Gewebeprüfung*).
Sobald man die Art der Geſpinnſtfaſer kennt, bietet das Färben der- ſelben durchſchnittlich keine Schwierigkeit. Weſentlich anders aber geſtaltet ſich der Fall, wenn die Natur des Faſermaterials nicht bekannt iſt, oder wenn das daraus gefertigte Garn oder Gewebe die Entſcheidung zweifelhaft macht; noch ſchwieriger wird der Fall, wenn mehrere Geſpinnſtfaſern in einem Gewebe verwebt ſind; meiſt thut auch die Appretur der Schärfe ein- zelner Reaktionen Eintrag, ſo daß eine Gewebeprüfung ſelbſt für den Fach- mann eine ſchwierige Sache bleibt. Die Gewebeprüfung hat zum Zweck die Feſtſtellung der Geſpinnſtfaſern, aus welchen das zu unterſuchende Gewebe hergeſtellt iſt. Eine derartige Unterſuchung ſetzt ein ſolches Maß chemiſcher
*) Der vorſtehende Paragraph iſt nur ein Auszug aus einer größeren Arbeit über das gleiche Thema, welches ich in der „Real-Encyklopädie der geſamten Phar- mazie“, Bd. IV, veröffentlicht habe. Dieſer Auszug macht auf Vollſtändigkeit kei- nen Anſpruch; er behandelt lediglich die in der Färberei wirklich vorkommenden Geſpinnſtfaſern und ſoll nur die Wege weiſen, auf welchen eine Unterſuchung von Geſpinnſten oder Geweben überhaupt zu erfolgen hat. Der Verf.
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[85/0111]
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Anlaß geben kann.
Kosmosfaſer, auch Kunſtwolle, Laine artificielle genannt, iſt ein
in neuerer Zeit in den Handel gebrachtes wollähnliches Produkt, welches
zur Bereitung ordinären Tuches verwendet wird; es wird aus den Abfällen
des Flachſes, des Hanfes und der Jute dargeſtellt.
§ 20. Geflechtmaterialien.
Als Geflechtmaterialien bezeichne ich alle diejenigen Stoffe, welche weni-
ger für ſich verſponnen, ſondern nur in gewiſſen Fällen verwebt werden
können, oder, falls ſie hierzu nicht fein oder nicht weich genug ſind, ſich
auch zu Geflechten verbinden laſſen. Zu den Geflechtmaterialien der erſten
Sorte rechne ich Gold- und Silberfäden, welche für beſonders koſtbare Ge-
webe bisweilen verwendet werden; ferner Glasfäden und Asbeſtfäden.
Als Flechtmaterial im vollſten Sinne aber iſt das Stroh aufzufaſſen,
welches in Form von Strohgeflecht (China- oder Mottledgeflecht) das
Material für den weit ausgedehnten Zweig der Strohgeflechtfärberei bildet,
deren Hauptſitz Dresden iſt. Das Rohmaterial für die Strohflechterei iſt das
Weizenſtroh von Triticum vulgare L. Die Strohflechterei wird in aus-
gedehntem Maßſtabe im ſächſiſchen Erzgebirge betrieben. Nach beendeter
Weizenernte, wobei das Getreide ſorgfältig vor Näſſe zu ſchützen iſt, wer-
den die Aehren abgeſchnitten und die Halme ſo zerſchnitten, daß die Knoten
herausfallen. Alsdann wird das Stroh geſchwefelt und zum Mürbewerden
in Waſſer gelegt. Nunmehr werden die erweichten Halme mittels eines ſchar-
fen Inſtrumentes in ſchmale Streifen geſpalten. Dann beginnt das Flech-
ten, eine mühſelige Arbeit, zu der vielfach Kinder herangezogen werden.
Die Panamageflechte, welche gemeinhin nicht gefärbt werden, ſtammen
von Carludovica palmata ab.
§ 21. Gewebeprüfung *).
Sobald man die Art der Geſpinnſtfaſer kennt, bietet das Färben der-
ſelben durchſchnittlich keine Schwierigkeit. Weſentlich anders aber geſtaltet
ſich der Fall, wenn die Natur des Faſermaterials nicht bekannt iſt, oder
wenn das daraus gefertigte Garn oder Gewebe die Entſcheidung zweifelhaft
macht; noch ſchwieriger wird der Fall, wenn mehrere Geſpinnſtfaſern in
einem Gewebe verwebt ſind; meiſt thut auch die Appretur der Schärfe ein-
zelner Reaktionen Eintrag, ſo daß eine Gewebeprüfung ſelbſt für den Fach-
mann eine ſchwierige Sache bleibt. Die Gewebeprüfung hat zum Zweck die
Feſtſtellung der Geſpinnſtfaſern, aus welchen das zu unterſuchende Gewebe
hergeſtellt iſt. Eine derartige Unterſuchung ſetzt ein ſolches Maß chemiſcher
*) Der vorſtehende Paragraph iſt nur ein Auszug aus einer größeren Arbeit
über das gleiche Thema, welches ich in der „Real-Encyklopädie der geſamten Phar-
mazie“, Bd. IV, veröffentlicht habe. Dieſer Auszug macht auf Vollſtändigkeit kei-
nen Anſpruch; er behandelt lediglich die in der Färberei wirklich vorkommenden
Geſpinnſtfaſern und ſoll nur die Wege weiſen, auf welchen eine Unterſuchung von
Geſpinnſten oder Geweben überhaupt zu erfolgen hat. Der Verf.
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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/111>, abgerufen am 23.07.2024.
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