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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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Vielleicht sehen sie entweder ganz allein, vermöge der
ausserordentlichen Feinheit ihrer Empfindung, diesel-
ben gegenwärtig: oder ihr ganz entfeselter Geist ver-
mag die Männer, mit denen er in jenen seligen Ge-
silden bald Umgang pflegen wird, zu erkennen, und
sich schon im Voraus mit ihnen zu unterhalten. Die-
ses vermochten sie freylich nicht, als ihr Geist noch
mit dicken Säften und mitternächtlichen Schatten um-
hüllt war: aber nun, da durch die Krankheit jene
aufgelöset und diese zerstreut worden sind, erhebet sich
ihr Geist mit ungewöhnlicher Kraft, dringt durch
den dichten Schleier der Zukunft, und verkündigt mit
Gewißheit, was den Augen der übrigen Sterblichen
verborgen ist. Allein, die, deren Säfte und Geistes-
kräfte, auf einen so hohen Grad verfeinert sind, pfle-
gen nicht mehr lange zu leben, indem ihre Lebenskraft
schon in die Luft verflogen ist." -- Diese durch Krank-
heit bewerkstelligte Desorganisation ist ein Beweis, daß
es zu allen Zeiten Schwärmer in diesem Fache gegeben
habe, und daß die Schwärmereyen der heutigen Adep-
ten nichts anders sind, als Ausflüsse der ehemaligen
mangelhaften Kenntniß von den Eigenschaften der Kör-
perwelt. "Wenigstens, fährt nun Kloeckhof fort, sind
hier viele Ursachen vorhanden, welche die Fäßerchen
des Gehirnmarkes schwächen, und überaus reitzbar ma-
chen. Dann sind auch Veranlassungen zu den ange-
führten Folgen vorhanden; und diese Veranlassungen
bestehen in den erhabnen Betrachtungen, mit welchen
Sterbende immer beschäftigt zu seyn pflegen. Es wird
aber unsere Meinung dadurch noch wahrscheinlicher,

daß

Vielleicht ſehen ſie entweder ganz allein, vermoͤge der
auſſerordentlichen Feinheit ihrer Empfindung, dieſel-
ben gegenwaͤrtig: oder ihr ganz entfeſelter Geiſt ver-
mag die Maͤnner, mit denen er in jenen ſeligen Ge-
ſilden bald Umgang pflegen wird, zu erkennen, und
ſich ſchon im Voraus mit ihnen zu unterhalten. Die-
ſes vermochten ſie freylich nicht, als ihr Geiſt noch
mit dicken Saͤften und mitternaͤchtlichen Schatten um-
huͤllt war: aber nun, da durch die Krankheit jene
aufgeloͤſet und dieſe zerſtreut worden ſind, erhebet ſich
ihr Geiſt mit ungewoͤhnlicher Kraft, dringt durch
den dichten Schleier der Zukunft, und verkuͤndigt mit
Gewißheit, was den Augen der uͤbrigen Sterblichen
verborgen iſt. Allein, die, deren Saͤfte und Geiſtes-
kraͤfte, auf einen ſo hohen Grad verfeinert ſind, pfle-
gen nicht mehr lange zu leben, indem ihre Lebenskraft
ſchon in die Luft verflogen iſt.〟 — Dieſe durch Krank-
heit bewerkſtelligte Deſorganiſation iſt ein Beweis, daß
es zu allen Zeiten Schwaͤrmer in dieſem Fache gegeben
habe, und daß die Schwaͤrmereyen der heutigen Adep-
ten nichts anders ſind, als Ausfluͤſſe der ehemaligen
mangelhaften Kenntniß von den Eigenſchaften der Koͤr-
perwelt. 〟Wenigſtens, faͤhrt nun Kloeckhof fort, ſind
hier viele Urſachen vorhanden, welche die Faͤßerchen
des Gehirnmarkes ſchwaͤchen, und uͤberaus reitzbar ma-
chen. Dann ſind auch Veranlaſſungen zu den ange-
fuͤhrten Folgen vorhanden; und dieſe Veranlaſſungen
beſtehen in den erhabnen Betrachtungen, mit welchen
Sterbende immer beſchaͤftigt zu ſeyn pflegen. Es wird
aber unſere Meinung dadurch noch wahrſcheinlicher,

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[60/0079] Vielleicht ſehen ſie entweder ganz allein, vermoͤge der auſſerordentlichen Feinheit ihrer Empfindung, dieſel- ben gegenwaͤrtig: oder ihr ganz entfeſelter Geiſt ver- mag die Maͤnner, mit denen er in jenen ſeligen Ge- ſilden bald Umgang pflegen wird, zu erkennen, und ſich ſchon im Voraus mit ihnen zu unterhalten. Die- ſes vermochten ſie freylich nicht, als ihr Geiſt noch mit dicken Saͤften und mitternaͤchtlichen Schatten um- huͤllt war: aber nun, da durch die Krankheit jene aufgeloͤſet und dieſe zerſtreut worden ſind, erhebet ſich ihr Geiſt mit ungewoͤhnlicher Kraft, dringt durch den dichten Schleier der Zukunft, und verkuͤndigt mit Gewißheit, was den Augen der uͤbrigen Sterblichen verborgen iſt. Allein, die, deren Saͤfte und Geiſtes- kraͤfte, auf einen ſo hohen Grad verfeinert ſind, pfle- gen nicht mehr lange zu leben, indem ihre Lebenskraft ſchon in die Luft verflogen iſt.〟 — Dieſe durch Krank- heit bewerkſtelligte Deſorganiſation iſt ein Beweis, daß es zu allen Zeiten Schwaͤrmer in dieſem Fache gegeben habe, und daß die Schwaͤrmereyen der heutigen Adep- ten nichts anders ſind, als Ausfluͤſſe der ehemaligen mangelhaften Kenntniß von den Eigenſchaften der Koͤr- perwelt. 〟Wenigſtens, faͤhrt nun Kloeckhof fort, ſind hier viele Urſachen vorhanden, welche die Faͤßerchen des Gehirnmarkes ſchwaͤchen, und uͤberaus reitzbar ma- chen. Dann ſind auch Veranlaſſungen zu den ange- fuͤhrten Folgen vorhanden; und dieſe Veranlaſſungen beſtehen in den erhabnen Betrachtungen, mit welchen Sterbende immer beſchaͤftigt zu ſeyn pflegen. Es wird aber unſere Meinung dadurch noch wahrſcheinlicher, daß

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/79>, abgerufen am 22.11.2024.