Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

herrschenden bösartigen Fiebern war die Erscheinung
eines solchen Brandes so gut, daß er allzeit ein gutes
Ende vorhersagen konnte. In dem 1775 zu Cuneo
herrschenden Fieber wurden die von Fliegenpflastern
gereizten Stellen öfters brandig, und dieses war all-
zeit heilsam. Burseri will daher mit Recht, daß
man die Zugpflaster gleich im Anfange auflege, und
sie so lange offen erhalte, bis das Fieber ganz und
gar vorüber ist. Je mehr die Geschwüre entzündet
und schmerzhaft werden, je häufigern und bessern Ei-
ter sie geben, desto mehr Gutes hat man zu hoffen.
Dem Franz Jestel, der bey seinem Nervenfieber ei-
ne schadhafte Lunge hatte, ließ ich aus Vorsicht gleich
im Anfange der Krankheit durch die schärfsten Sauer-
teige Löcher in die Füße beitzen. Ich sorgte bis zur
Entscheidung bloß, daß sie offen blieben. Gleich nach
der Entscheidung floß alle Tage eine grosse Menge
Eiter aus ihnen; und ohne sie wäre mirs vielleicht
nicht gelungen, die Ablagerung nach den Lungen zu
verhüten, indem, bey all der Vorsorge, der Kran-
ke dennoch erst nach dem acht und zwanzigsten Tage
Blut und Eiter auswarf, dem ungeachtet aber
glücklich entkam. -- Ist ein Ausschlag zurückgetret-
ten, und man bewirkt nicht durch erweichende und
reizende äußerliche Mittel einen sehr empfindlichen
Schmerz, so wird man nur selten das Glück haben,
ihn wieder hervor zu locken.

Nur ist wohl zu merken, daß zu diesem Zwecke
nicht jeder äusserliche Reiz hinreichend seye. Lanzisi
erzählt von dem Arzte eines Krankenhauses auf der

Insel

herrſchenden boͤsartigen Fiebern war die Erſcheinung
eines ſolchen Brandes ſo gut, daß er allzeit ein gutes
Ende vorherſagen konnte. In dem 1775 zu Cuneo
herrſchenden Fieber wurden die von Fliegenpflaſtern
gereizten Stellen oͤfters brandig, und dieſes war all-
zeit heilſam. Burſeri will daher mit Recht, daß
man die Zugpflaſter gleich im Anfange auflege, und
ſie ſo lange offen erhalte, bis das Fieber ganz und
gar voruͤber iſt. Je mehr die Geſchwuͤre entzuͤndet
und ſchmerzhaft werden, je haͤufigern und beſſern Ei-
ter ſie geben, deſto mehr Gutes hat man zu hoffen.
Dem Franz Jeſtel, der bey ſeinem Nervenfieber ei-
ne ſchadhafte Lunge hatte, ließ ich aus Vorſicht gleich
im Anfange der Krankheit durch die ſchaͤrfſten Sauer-
teige Loͤcher in die Fuͤße beitzen. Ich ſorgte bis zur
Entſcheidung bloß, daß ſie offen blieben. Gleich nach
der Entſcheidung floß alle Tage eine groſſe Menge
Eiter aus ihnen; und ohne ſie waͤre mirs vielleicht
nicht gelungen, die Ablagerung nach den Lungen zu
verhuͤten, indem, bey all der Vorſorge, der Kran-
ke dennoch erſt nach dem acht und zwanzigſten Tage
Blut und Eiter auswarf, dem ungeachtet aber
gluͤcklich entkam. — Iſt ein Ausſchlag zuruͤckgetret-
ten, und man bewirkt nicht durch erweichende und
reizende aͤußerliche Mittel einen ſehr empfindlichen
Schmerz, ſo wird man nur ſelten das Gluͤck haben,
ihn wieder hervor zu locken.

Nur iſt wohl zu merken, daß zu dieſem Zwecke
nicht jeder aͤuſſerliche Reiz hinreichend ſeye. Lanziſi
erzaͤhlt von dem Arzte eines Krankenhauſes auf der

Inſel
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0645" n="626"/>
herr&#x017F;chenden bo&#x0364;sartigen Fiebern war die Er&#x017F;cheinung<lb/>
eines &#x017F;olchen Brandes &#x017F;o gut, daß er allzeit ein gutes<lb/>
Ende vorher&#x017F;agen konnte. In dem 1775 zu Cuneo<lb/>
herr&#x017F;chenden Fieber wurden die von Fliegenpfla&#x017F;tern<lb/>
gereizten Stellen o&#x0364;fters brandig, und die&#x017F;es war all-<lb/>
zeit heil&#x017F;am. <hi rendition="#fr">Bur&#x017F;eri</hi> will daher mit Recht, daß<lb/>
man die Zugpfla&#x017F;ter gleich im Anfange auflege, und<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;o lange offen erhalte, bis das Fieber ganz und<lb/>
gar voru&#x0364;ber i&#x017F;t. Je mehr die Ge&#x017F;chwu&#x0364;re entzu&#x0364;ndet<lb/>
und &#x017F;chmerzhaft werden, je ha&#x0364;ufigern und be&#x017F;&#x017F;ern Ei-<lb/>
ter &#x017F;ie geben, de&#x017F;to mehr Gutes hat man zu hoffen.<lb/>
Dem <hi rendition="#fr">Franz Je&#x017F;tel</hi>, der bey &#x017F;einem Nervenfieber ei-<lb/>
ne &#x017F;chadhafte Lunge hatte, ließ ich aus Vor&#x017F;icht gleich<lb/>
im Anfange der Krankheit durch die &#x017F;cha&#x0364;rf&#x017F;ten Sauer-<lb/>
teige Lo&#x0364;cher in die Fu&#x0364;ße beitzen. Ich &#x017F;orgte bis zur<lb/>
Ent&#x017F;cheidung bloß, daß &#x017F;ie offen blieben. Gleich nach<lb/>
der Ent&#x017F;cheidung floß alle Tage eine gro&#x017F;&#x017F;e Menge<lb/>
Eiter aus ihnen; und ohne &#x017F;ie wa&#x0364;re mirs vielleicht<lb/>
nicht gelungen, die Ablagerung nach den Lungen zu<lb/>
verhu&#x0364;ten, indem, bey all der Vor&#x017F;orge, der Kran-<lb/>
ke dennoch er&#x017F;t nach dem acht und zwanzig&#x017F;ten Tage<lb/>
Blut und Eiter auswarf, dem ungeachtet aber<lb/>
glu&#x0364;cklich entkam. &#x2014; I&#x017F;t ein Aus&#x017F;chlag zuru&#x0364;ckgetret-<lb/>
ten, und man bewirkt nicht durch erweichende und<lb/>
reizende a&#x0364;ußerliche Mittel einen &#x017F;ehr empfindlichen<lb/>
Schmerz, &#x017F;o wird man nur &#x017F;elten das Glu&#x0364;ck haben,<lb/>
ihn wieder hervor zu locken.</p><lb/>
              <p>Nur i&#x017F;t wohl zu merken, daß zu die&#x017F;em Zwecke<lb/>
nicht jeder a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliche Reiz hinreichend &#x017F;eye. <hi rendition="#fr">Lanzi&#x017F;i</hi><lb/>
erza&#x0364;hlt von dem Arzte eines Krankenhau&#x017F;es auf der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">In&#x017F;el</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[626/0645] herrſchenden boͤsartigen Fiebern war die Erſcheinung eines ſolchen Brandes ſo gut, daß er allzeit ein gutes Ende vorherſagen konnte. In dem 1775 zu Cuneo herrſchenden Fieber wurden die von Fliegenpflaſtern gereizten Stellen oͤfters brandig, und dieſes war all- zeit heilſam. Burſeri will daher mit Recht, daß man die Zugpflaſter gleich im Anfange auflege, und ſie ſo lange offen erhalte, bis das Fieber ganz und gar voruͤber iſt. Je mehr die Geſchwuͤre entzuͤndet und ſchmerzhaft werden, je haͤufigern und beſſern Ei- ter ſie geben, deſto mehr Gutes hat man zu hoffen. Dem Franz Jeſtel, der bey ſeinem Nervenfieber ei- ne ſchadhafte Lunge hatte, ließ ich aus Vorſicht gleich im Anfange der Krankheit durch die ſchaͤrfſten Sauer- teige Loͤcher in die Fuͤße beitzen. Ich ſorgte bis zur Entſcheidung bloß, daß ſie offen blieben. Gleich nach der Entſcheidung floß alle Tage eine groſſe Menge Eiter aus ihnen; und ohne ſie waͤre mirs vielleicht nicht gelungen, die Ablagerung nach den Lungen zu verhuͤten, indem, bey all der Vorſorge, der Kran- ke dennoch erſt nach dem acht und zwanzigſten Tage Blut und Eiter auswarf, dem ungeachtet aber gluͤcklich entkam. — Iſt ein Ausſchlag zuruͤckgetret- ten, und man bewirkt nicht durch erweichende und reizende aͤußerliche Mittel einen ſehr empfindlichen Schmerz, ſo wird man nur ſelten das Gluͤck haben, ihn wieder hervor zu locken. Nur iſt wohl zu merken, daß zu dieſem Zwecke nicht jeder aͤuſſerliche Reiz hinreichend ſeye. Lanziſi erzaͤhlt von dem Arzte eines Krankenhauſes auf der Inſel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Band von Franz Joseph Galls "Philosophi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/645
Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/645>, abgerufen am 25.11.2024.