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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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Seele erregt werden, setzt er einen vorbestimmten
Mechanismus voraus, welcher durch den sinnlichen
Reiz und die blinde Willkühr in den Gang gebracht
wird. "So, sagt er, werden manche Insekten durch
die widrige Empfindung von andern Thieren aufge-
bracht, daß sie ihren Stachel hervorschieben, und
damit stechen; oder durch den Geruch und das Ge-
sicht gereizt, daß sie ihren Rüssel zur Speise auslas-
sen, und damit saugen; oder durch Erkenntniß des
andern Geschlechts entzündet, daß sie ihre Zeugungs-
glieder hervorstrecken zur Parung; oder im Streite
mit andern getrieben, daß sie ihre Wehr- und Fang-
werkzeuge zum Schutze oder zur Haschung der Beute
anwenden." Diesen vorbestimmten Mechanismus
wird kein Naturkenner leugnen.

§. 17.

In wiefern die Seele in allen diesen Fällen mit-
telst einer dunklen, wahren, täuschenden, nahen oder
entfernten Vorhersehung wirksam werde, ist der Mü-
he werth, genauer zu untersuchen; und, was an der
Sache ist, nicht durch Metaphisische Machtsprüche,
sondern durch physische Thatsachen zu bestimmen.

"Wenn die Thiere, sagt der nämliche Reimarus,
durch eine innere Empfindung getrieben werden, etwas
zu thun, welches ihnen oder ihrer Brut künftig nützlich
seyn wird, so folgt nicht, daß sie deßwegen eine Ein-
sicht ins Zukünftige haben. Wenn man sagt, daß
das blinde innere Gefühl des Hungers und der Brunst
die Thiere zum Essen und zur Begattung treibe; schreibt

man

Seele erregt werden, ſetzt er einen vorbeſtimmten
Mechanismus voraus, welcher durch den ſinnlichen
Reiz und die blinde Willkuͤhr in den Gang gebracht
wird. „So, ſagt er, werden manche Inſekten durch
die widrige Empfindung von andern Thieren aufge-
bracht, daß ſie ihren Stachel hervorſchieben, und
damit ſtechen; oder durch den Geruch und das Ge-
ſicht gereizt, daß ſie ihren Ruͤſſel zur Speiſe auslaſ-
ſen, und damit ſaugen; oder durch Erkenntniß des
andern Geſchlechts entzuͤndet, daß ſie ihre Zeugungs-
glieder hervorſtrecken zur Parung; oder im Streite
mit andern getrieben, daß ſie ihre Wehr- und Fang-
werkzeuge zum Schutze oder zur Haſchung der Beute
anwenden.“ Dieſen vorbeſtimmten Mechanismus
wird kein Naturkenner leugnen.

§. 17.

In wiefern die Seele in allen dieſen Faͤllen mit-
telſt einer dunklen, wahren, taͤuſchenden, nahen oder
entfernten Vorherſehung wirkſam werde, iſt der Muͤ-
he werth, genauer zu unterſuchen; und, was an der
Sache iſt, nicht durch Metaphiſiſche Machtſpruͤche,
ſondern durch phyſiſche Thatſachen zu beſtimmen.

„Wenn die Thiere, ſagt der naͤmliche Reimarus,
durch eine innere Empfindung getrieben werden, etwas
zu thun, welches ihnen oder ihrer Brut kuͤnftig nuͤtzlich
ſeyn wird, ſo folgt nicht, daß ſie deßwegen eine Ein-
ſicht ins Zukuͤnftige haben. Wenn man ſagt, daß
das blinde innere Gefuͤhl des Hungers und der Brunſt
die Thiere zum Eſſen und zur Begattung treibe; ſchreibt

man
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[45/0064] Seele erregt werden, ſetzt er einen vorbeſtimmten Mechanismus voraus, welcher durch den ſinnlichen Reiz und die blinde Willkuͤhr in den Gang gebracht wird. „So, ſagt er, werden manche Inſekten durch die widrige Empfindung von andern Thieren aufge- bracht, daß ſie ihren Stachel hervorſchieben, und damit ſtechen; oder durch den Geruch und das Ge- ſicht gereizt, daß ſie ihren Ruͤſſel zur Speiſe auslaſ- ſen, und damit ſaugen; oder durch Erkenntniß des andern Geſchlechts entzuͤndet, daß ſie ihre Zeugungs- glieder hervorſtrecken zur Parung; oder im Streite mit andern getrieben, daß ſie ihre Wehr- und Fang- werkzeuge zum Schutze oder zur Haſchung der Beute anwenden.“ Dieſen vorbeſtimmten Mechanismus wird kein Naturkenner leugnen. §. 17. In wiefern die Seele in allen dieſen Faͤllen mit- telſt einer dunklen, wahren, taͤuſchenden, nahen oder entfernten Vorherſehung wirkſam werde, iſt der Muͤ- he werth, genauer zu unterſuchen; und, was an der Sache iſt, nicht durch Metaphiſiſche Machtſpruͤche, ſondern durch phyſiſche Thatſachen zu beſtimmen. „Wenn die Thiere, ſagt der naͤmliche Reimarus, durch eine innere Empfindung getrieben werden, etwas zu thun, welches ihnen oder ihrer Brut kuͤnftig nuͤtzlich ſeyn wird, ſo folgt nicht, daß ſie deßwegen eine Ein- ſicht ins Zukuͤnftige haben. Wenn man ſagt, daß das blinde innere Gefuͤhl des Hungers und der Brunſt die Thiere zum Eſſen und zur Begattung treibe; ſchreibt man

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/64>, abgerufen am 22.11.2024.