de häufig auf dem Bauche und der Brust zum Vor- schein kömmt? Freylich, lauter höchst schlimme Vor- deutungen, in sofern sie als Zeichen der wichtigsten Uebel betrachtet werden; aber dennoch Fingerzeige einer zu ohnmächtigen Natur!
Denn dieses ist der Weeg, auf welchem die Natur die schwersten Krankheiten zu heilen pflegt. Beyspiele, wo durch zufällige Geschwüre, Krätze, Po- cken, Verwundungen, sie seyen nun das Werk der Natur, der Kunst, oder eines Zufalls gewesen, unheil- bar geschienene Krankheiten, Wahnsinn, eiterhafte Lungensuchten, Hyppochondrie, Wassersuchten, tödlich Ablagerungen etc. geheilt worden sind, habe ich im ersten Abschnitte theils genug angeführt, theils kom- men sie so häufig bey den Schriftstellern vor, daß nichts übrig bleibt, als die Ursache davon zu erfor- schen, und die Anwendung auf das Betragen der Aerzte zu machen.
Vorausgesetzt also, daß die Bedingniße, ohne welche keine Wirksamkeit der Natur statt hat, erfüllt sind; so kömmt alles darauf an: daß der Reitz in demjenigen Theile, auf welchen man das Bestreben der Natur richten will, stärker seyn müße, als in jenem, wovon man es entfernen will. Denn so lan- ge irgendwo ein stärkerer Reitz obwaltet, sind die Ver- richtungen der andern Theile entweder geschwächt, oder sie hören gar auf; daher wird die Kochung der Gicht- materie so lange gehindert, als die Gicht mit einer rohen Entzündung verbunden ist; daher die Verstär- kung der Lebensverrichtungen bey Wundfiebern, bey
Ent-
de haͤufig auf dem Bauche und der Bruſt zum Vor- ſchein koͤmmt? Freylich, lauter hoͤchſt ſchlimme Vor- deutungen, in ſofern ſie als Zeichen der wichtigſten Uebel betrachtet werden; aber dennoch Fingerzeige einer zu ohnmaͤchtigen Natur!
Denn dieſes iſt der Weeg, auf welchem die Natur die ſchwerſten Krankheiten zu heilen pflegt. Beyſpiele, wo durch zufaͤllige Geſchwuͤre, Kraͤtze, Po- cken, Verwundungen, ſie ſeyen nun das Werk der Natur, der Kunſt, oder eines Zufalls geweſen, unheil- bar geſchienene Krankheiten, Wahnſinn, eiterhafte Lungenſuchten, Hyppochondrie, Waſſerſuchten, toͤdlich Ablagerungen ꝛc. geheilt worden ſind, habe ich im erſten Abſchnitte theils genug angefuͤhrt, theils kom- men ſie ſo haͤufig bey den Schriftſtellern vor, daß nichts uͤbrig bleibt, als die Urſache davon zu erfor- ſchen, und die Anwendung auf das Betragen der Aerzte zu machen.
Vorausgeſetzt alſo, daß die Bedingniße, ohne welche keine Wirkſamkeit der Natur ſtatt hat, erfuͤllt ſind; ſo koͤmmt alles darauf an: daß der Reitz in demjenigen Theile, auf welchen man das Beſtreben der Natur richten will, ſtaͤrker ſeyn muͤße, als in jenem, wovon man es entfernen will. Denn ſo lan- ge irgendwo ein ſtaͤrkerer Reitz obwaltet, ſind die Ver- richtungen der andern Theile entweder geſchwaͤcht, oder ſie hoͤren gar auf; daher wird die Kochung der Gicht- materie ſo lange gehindert, als die Gicht mit einer rohen Entzuͤndung verbunden iſt; daher die Verſtaͤr- kung der Lebensverrichtungen bey Wundfiebern, bey
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de haͤufig auf dem Bauche und der Bruſt zum Vor-
ſchein koͤmmt? Freylich, lauter hoͤchſt ſchlimme Vor-
deutungen, in ſofern ſie als Zeichen der wichtigſten
Uebel betrachtet werden; aber dennoch Fingerzeige
einer zu ohnmaͤchtigen Natur!
Denn dieſes iſt der Weeg, auf welchem die
Natur die ſchwerſten Krankheiten zu heilen pflegt.
Beyſpiele, wo durch zufaͤllige Geſchwuͤre, Kraͤtze, Po-
cken, Verwundungen, ſie ſeyen nun das Werk der
Natur, der Kunſt, oder eines Zufalls geweſen, unheil-
bar geſchienene Krankheiten, Wahnſinn, eiterhafte
Lungenſuchten, Hyppochondrie, Waſſerſuchten, toͤdlich
Ablagerungen ꝛc. geheilt worden ſind, habe ich im
erſten Abſchnitte theils genug angefuͤhrt, theils kom-
men ſie ſo haͤufig bey den Schriftſtellern vor, daß
nichts uͤbrig bleibt, als die Urſache davon zu erfor-
ſchen, und die Anwendung auf das Betragen der
Aerzte zu machen.
Vorausgeſetzt alſo, daß die Bedingniße, ohne
welche keine Wirkſamkeit der Natur ſtatt hat, erfuͤllt
ſind; ſo koͤmmt alles darauf an: daß der Reitz in
demjenigen Theile, auf welchen man das Beſtreben
der Natur richten will, ſtaͤrker ſeyn muͤße, als in
jenem, wovon man es entfernen will. Denn ſo lan-
ge irgendwo ein ſtaͤrkerer Reitz obwaltet, ſind die Ver-
richtungen der andern Theile entweder geſchwaͤcht, oder
ſie hoͤren gar auf; daher wird die Kochung der Gicht-
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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 616. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/635>, abgerufen am 24.11.2024.
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