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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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laßet gewisse Bewegungen, welche sich weiter verbrei-
ten. Durch diese der Natur des Reizes und der ge-
reizten Theile angemessene Bewegungen wird nicht
selten der reizende Stoff in grösserer Menge erzeugt,
wie z. B. in den ansteckenden Krankheiten, den Ma-
sern, Blattern, der Lustseuche, Kräze, vielleicht auch
bey der Wirkung einiger Gifte, welche, ohne gera-
dezu eingesogen zu werden, theils durch Erzeugung,
theils durch die unordentlichen Bewegungen ihre ge-
wohnten Wirkungen äußern; wie wir am Mohnsaft
ein Beyspiel haben. Am öftesten aber sind gerade
diese Bewegungen das Mittel, dem Reize seine Ge-
walt zu benehmen, ihn abzustumpfen, zu kochen und
zur Ausleerung fähig zu machen. Daher Fieber,
fieberhafte Zufälle, Schmerz, Zuckungen, Krämpfe,
Angst, Frost, Hitze, Erbrechen, Durchfälle u. s. w.
und alles, was dadurch Gutes oder Schlimmes bewirkt
wird. -- -- Wir haben viele und heftige Reize in
unserer Macht, wodurch wir der unthätigen Natur
zu Hilfe kommen können. Es läßt sich aber nichts
Nützliches sagen, ehe man die Gesetze kennt, an wel-
che die Natur bey jedem Reize gebunden ist. Ausser-
dem also, was ich schon bey der Reizbarkeit gesagt
habe, mache ich noch folgende Bemerkungen.

§. 100.

Erstes Gesetz. Auf eine gereizte Stelle über-
haupt, und insbesondere auf die meist gereizte
Stelle wirkt die Natur am stärksten
.


Ein

laßet gewiſſe Bewegungen, welche ſich weiter verbrei-
ten. Durch dieſe der Natur des Reizes und der ge-
reizten Theile angemeſſene Bewegungen wird nicht
ſelten der reizende Stoff in groͤſſerer Menge erzeugt,
wie z. B. in den anſteckenden Krankheiten, den Ma-
ſern, Blattern, der Luſtſeuche, Kraͤze, vielleicht auch
bey der Wirkung einiger Gifte, welche, ohne gera-
dezu eingeſogen zu werden, theils durch Erzeugung,
theils durch die unordentlichen Bewegungen ihre ge-
wohnten Wirkungen aͤußern; wie wir am Mohnſaft
ein Beyſpiel haben. Am oͤfteſten aber ſind gerade
dieſe Bewegungen das Mittel, dem Reize ſeine Ge-
walt zu benehmen, ihn abzuſtumpfen, zu kochen und
zur Ausleerung faͤhig zu machen. Daher Fieber,
fieberhafte Zufaͤlle, Schmerz, Zuckungen, Kraͤmpfe,
Angſt, Froſt, Hitze, Erbrechen, Durchfaͤlle u. ſ. w.
und alles, was dadurch Gutes oder Schlimmes bewirkt
wird. — — Wir haben viele und heftige Reize in
unſerer Macht, wodurch wir der unthaͤtigen Natur
zu Hilfe kommen koͤnnen. Es laͤßt ſich aber nichts
Nuͤtzliches ſagen, ehe man die Geſetze kennt, an wel-
che die Natur bey jedem Reize gebunden iſt. Auſſer-
dem alſo, was ich ſchon bey der Reizbarkeit geſagt
habe, mache ich noch folgende Bemerkungen.

§. 100.

Erſtes Geſetz. Auf eine gereizte Stelle über-
haupt, und insbeſondere auf die meiſt gereizte
Stelle wirkt die Natur am ſtärkſten
.


Ein
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[613/0632] laßet gewiſſe Bewegungen, welche ſich weiter verbrei- ten. Durch dieſe der Natur des Reizes und der ge- reizten Theile angemeſſene Bewegungen wird nicht ſelten der reizende Stoff in groͤſſerer Menge erzeugt, wie z. B. in den anſteckenden Krankheiten, den Ma- ſern, Blattern, der Luſtſeuche, Kraͤze, vielleicht auch bey der Wirkung einiger Gifte, welche, ohne gera- dezu eingeſogen zu werden, theils durch Erzeugung, theils durch die unordentlichen Bewegungen ihre ge- wohnten Wirkungen aͤußern; wie wir am Mohnſaft ein Beyſpiel haben. Am oͤfteſten aber ſind gerade dieſe Bewegungen das Mittel, dem Reize ſeine Ge- walt zu benehmen, ihn abzuſtumpfen, zu kochen und zur Ausleerung faͤhig zu machen. Daher Fieber, fieberhafte Zufaͤlle, Schmerz, Zuckungen, Kraͤmpfe, Angſt, Froſt, Hitze, Erbrechen, Durchfaͤlle u. ſ. w. und alles, was dadurch Gutes oder Schlimmes bewirkt wird. — — Wir haben viele und heftige Reize in unſerer Macht, wodurch wir der unthaͤtigen Natur zu Hilfe kommen koͤnnen. Es laͤßt ſich aber nichts Nuͤtzliches ſagen, ehe man die Geſetze kennt, an wel- che die Natur bey jedem Reize gebunden iſt. Auſſer- dem alſo, was ich ſchon bey der Reizbarkeit geſagt habe, mache ich noch folgende Bemerkungen. §. 100. Erſtes Geſetz. Auf eine gereizte Stelle über- haupt, und insbeſondere auf die meiſt gereizte Stelle wirkt die Natur am ſtärkſten. Ein

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 613. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/632>, abgerufen am 24.11.2024.