erschöpfen, den Verlauf unordentlich und den Tod unvermeidlich zu machen.
Ein vernünftigeres Verfahren unterdrückt nicht nur manchmal die Krankheit schon in ihrem Entstehen, wie ich seitdem öfters erfahren habe, wenn ich mich gleich blos an beruhigende, und wo es nöthig war, an stärkende Mittel hielt; sondern bewirkt auch den na- türlichsten Verlauf, macht die kritische Stöhrung unschädlich, und befördert die verschiedenen Ent- scheidungen; und alles dieses, wenn auch wirlich zu- weilen die Leibesbeschaffenheit sehr fehlerhaft ist, wie es bey Herz in dem Manne S. 50., dem Jünglinge S. 94. der Mutter und den zwey Kindern S. 100. u. s. w. der Fall war.
Alles, was bisher einzeln vorgekommen ist, wird durch folgende Krankengeschichte bestättigt. Si- mon Schneider, Maurergesell, ein 52 jähriger, star- ker, wohlgenährter, vollblütiger Mann, der jährlich zwey- drey Mal Ader zu lassen pflegte, dieses aber schon zum zweyren Male, obschon er schon einige Zeit beängstigt war, übergangen hatte, erzürnte sich (1791. den 16ten März) heftig, nachdem er seine gewöhnliche Portion Wein ge- trunken hatte. Er empfand alsogleich heftige Bangigkei- ten, und schickte um den Wundarzt, der ihm 12 Unzen Blut abzapfte, worauf ihm wie gewöhnlich übel wur- de. Nach einer halben Stunde war er irre, wollte entlaufen, kannte Niemand, weinte und sang, setzte sich im Bette auf, seufzte tief und fiel kraftlos auf den Rücken. So fand ich ihn nebst einem geschnürten, harten Pulse, der aber in Rücksicht der Geschwindig-
keit,
erſchoͤpfen, den Verlauf unordentlich und den Tod unvermeidlich zu machen.
Ein vernuͤnftigeres Verfahren unterdruͤckt nicht nur manchmal die Krankheit ſchon in ihrem Entſtehen, wie ich ſeitdem oͤfters erfahren habe, wenn ich mich gleich blos an beruhigende, und wo es noͤthig war, an ſtaͤrkende Mittel hielt; ſondern bewirkt auch den na- tuͤrlichſten Verlauf, macht die kritiſche Stoͤhrung unſchaͤdlich, und befoͤrdert die verſchiedenen Ent- ſcheidungen; und alles dieſes, wenn auch wirlich zu- weilen die Leibesbeſchaffenheit ſehr fehlerhaft iſt, wie es bey Herz in dem Manne S. 50., dem Juͤnglinge S. 94. der Mutter und den zwey Kindern S. 100. u. ſ. w. der Fall war.
Alles, was bisher einzeln vorgekommen iſt, wird durch folgende Krankengeſchichte beſtaͤttigt. Si- mon Schneider, Maurergeſell, ein 52 jaͤhriger, ſtar- ker, wohlgenaͤhrter, vollbluͤtiger Mann, der jaͤhrlich zwey- drey Mal Ader zu laſſen pflegte, dieſes aber ſchon zum zweyren Male, obſchon er ſchon einige Zeit beaͤngſtigt war, uͤbergangen hatte, erzuͤrnte ſich (1791. den 16ten Maͤrz) heftig, nachdem er ſeine gewoͤhnliche Portion Wein ge- trunken hatte. Er empfand alſogleich heftige Bangigkei- ten, und ſchickte um den Wundarzt, der ihm 12 Unzen Blut abzapfte, worauf ihm wie gewoͤhnlich uͤbel wur- de. Nach einer halben Stunde war er irre, wollte entlaufen, kannte Niemand, weinte und ſang, ſetzte ſich im Bette auf, ſeufzte tief und fiel kraftlos auf den Ruͤcken. So fand ich ihn nebſt einem geſchnuͤrten, harten Pulſe, der aber in Ruͤckſicht der Geſchwindig-
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erſchoͤpfen, den Verlauf unordentlich und den Tod
unvermeidlich zu machen.
Ein vernuͤnftigeres Verfahren unterdruͤckt nicht
nur manchmal die Krankheit ſchon in ihrem Entſtehen,
wie ich ſeitdem oͤfters erfahren habe, wenn ich mich
gleich blos an beruhigende, und wo es noͤthig war, an
ſtaͤrkende Mittel hielt; ſondern bewirkt auch den na-
tuͤrlichſten Verlauf, macht die kritiſche Stoͤhrung
unſchaͤdlich, und befoͤrdert die verſchiedenen Ent-
ſcheidungen; und alles dieſes, wenn auch wirlich zu-
weilen die Leibesbeſchaffenheit ſehr fehlerhaft iſt, wie
es bey Herz in dem Manne S. 50., dem Juͤnglinge
S. 94. der Mutter und den zwey Kindern S. 100.
u. ſ. w. der Fall war.
Alles, was bisher einzeln vorgekommen iſt,
wird durch folgende Krankengeſchichte beſtaͤttigt. Si-
mon Schneider, Maurergeſell, ein 52 jaͤhriger, ſtar-
ker, wohlgenaͤhrter, vollbluͤtiger Mann, der jaͤhrlich zwey-
drey Mal Ader zu laſſen pflegte, dieſes aber ſchon zum
zweyren Male, obſchon er ſchon einige Zeit beaͤngſtigt war,
uͤbergangen hatte, erzuͤrnte ſich (1791. den 16ten Maͤrz)
heftig, nachdem er ſeine gewoͤhnliche Portion Wein ge-
trunken hatte. Er empfand alſogleich heftige Bangigkei-
ten, und ſchickte um den Wundarzt, der ihm 12 Unzen
Blut abzapfte, worauf ihm wie gewoͤhnlich uͤbel wur-
de. Nach einer halben Stunde war er irre, wollte
entlaufen, kannte Niemand, weinte und ſang, ſetzte
ſich im Bette auf, ſeufzte tief und fiel kraftlos auf den
Ruͤcken. So fand ich ihn nebſt einem geſchnuͤrten,
harten Pulſe, der aber in Ruͤckſicht der Geſchwindig-
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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 600. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/619>, abgerufen am 24.11.2024.
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