terlich mit den Zähnen; dieß hielt einige Minuten an; dabey waren die Augen starr, und das eine ge- schwollen, der Puls immer regelmäßig, und sie war sich aller dieser Dinge, während sie vorgiengen, genau bewußt. Sie bat wieder um Kirschen, die sie mit Lust verzehrte. Weil ich die Magenschmerzen von der Wohlverley herleitete, so verminderte ich die Ga- be bis auf einen Skrupel, und gab Kampfer und Bisam. Sie konnte nichts nehmen.
Den zehnten Tag verfiel sie von Stunde zu Stunde in heftigere Schmerzen, in heftigere und öf- tere Krämpfe; alles, was sie schlücken sollte, brach- te sie nur bis in den Hals, wo es stecken blieb; im- merwährend stieg ihr etwas vom Bauche gegen den Hals, wornach sie mit den Händen griff; sie be- kam drey Blasenpflaster; die Schmerzen in der Herzgru- be wurden von Zeit zu Zeit so heftig, daß sie rasete, den Mund wie einen Schweinrüßel hervorstreckte, und um eiligste Hilfe schrie; sie riß sich das Hemd von der Brust; verlangte sehnlichst ein Messer, um sich die schmerzhafte Stelle aufzureißen; die Füße schwollen an; das Irreseyn dauerte fort; endlich kam sie zu sich; konnte aber die Zunge nicht hervorstrecken, und gab ihr Unvermögen durch Zeichen zu erkennen; sie lag aus- gestreckt, unbeweglich mit kleinem Pulse; der Bauch schwoll öfters auf, sank aber jedesmal auf kalte Um- schläge. -- Bey diesen Umständen fragte ich den Freyherrn Störk um Rath; Er schlug mir Kly- stiren aus Bilsenkrautöl mit Kampfer vor, die ich alsogleich geben ließ. In der Nacht wurde sie äus-
serst
terlich mit den Zaͤhnen; dieß hielt einige Minuten an; dabey waren die Augen ſtarr, und das eine ge- ſchwollen, der Puls immer regelmaͤßig, und ſie war ſich aller dieſer Dinge, waͤhrend ſie vorgiengen, genau bewußt. Sie bat wieder um Kirſchen, die ſie mit Luſt verzehrte. Weil ich die Magenſchmerzen von der Wohlverley herleitete, ſo verminderte ich die Ga- be bis auf einen Skrupel, und gab Kampfer und Biſam. Sie konnte nichts nehmen.
Den zehnten Tag verfiel ſie von Stunde zu Stunde in heftigere Schmerzen, in heftigere und oͤf- tere Kraͤmpfe; alles, was ſie ſchluͤcken ſollte, brach- te ſie nur bis in den Hals, wo es ſtecken blieb; im- merwaͤhrend ſtieg ihr etwas vom Bauche gegen den Hals, wornach ſie mit den Haͤnden griff; ſie be- kam drey Blaſenpflaſter; die Schmerzen in der Herzgru- be wurden von Zeit zu Zeit ſo heftig, daß ſie raſete, den Mund wie einen Schweinruͤßel hervorſtreckte, und um eiligſte Hilfe ſchrie; ſie riß ſich das Hemd von der Bruſt; verlangte ſehnlichſt ein Meſſer, um ſich die ſchmerzhafte Stelle aufzureißen; die Fuͤße ſchwollen an; das Irreſeyn dauerte fort; endlich kam ſie zu ſich; konnte aber die Zunge nicht hervorſtrecken, und gab ihr Unvermoͤgen durch Zeichen zu erkennen; ſie lag aus- geſtreckt, unbeweglich mit kleinem Pulſe; der Bauch ſchwoll oͤfters auf, ſank aber jedesmal auf kalte Um- ſchlaͤge. — Bey dieſen Umſtaͤnden fragte ich den Freyherrn Störk um Rath; Er ſchlug mir Kly- ſtiren aus Bilſenkrautoͤl mit Kampfer vor, die ich alſogleich geben ließ. In der Nacht wurde ſie aͤuſ-
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terlich mit den Zaͤhnen; dieß hielt einige Minuten
an; dabey waren die Augen ſtarr, und das eine ge-
ſchwollen, der Puls immer regelmaͤßig, und ſie war
ſich aller dieſer Dinge, waͤhrend ſie vorgiengen, genau
bewußt. Sie bat wieder um Kirſchen, die ſie mit
Luſt verzehrte. Weil ich die Magenſchmerzen von
der Wohlverley herleitete, ſo verminderte ich die Ga-
be bis auf einen Skrupel, und gab Kampfer und
Biſam. Sie konnte nichts nehmen.
Den zehnten Tag verfiel ſie von Stunde zu
Stunde in heftigere Schmerzen, in heftigere und oͤf-
tere Kraͤmpfe; alles, was ſie ſchluͤcken ſollte, brach-
te ſie nur bis in den Hals, wo es ſtecken blieb; im-
merwaͤhrend ſtieg ihr etwas vom Bauche gegen den
Hals, wornach ſie mit den Haͤnden griff; ſie be-
kam drey Blaſenpflaſter; die Schmerzen in der Herzgru-
be wurden von Zeit zu Zeit ſo heftig, daß ſie raſete,
den Mund wie einen Schweinruͤßel hervorſtreckte, und
um eiligſte Hilfe ſchrie; ſie riß ſich das Hemd von der
Bruſt; verlangte ſehnlichſt ein Meſſer, um ſich die
ſchmerzhafte Stelle aufzureißen; die Fuͤße ſchwollen
an; das Irreſeyn dauerte fort; endlich kam ſie zu ſich;
konnte aber die Zunge nicht hervorſtrecken, und gab ihr
Unvermoͤgen durch Zeichen zu erkennen; ſie lag aus-
geſtreckt, unbeweglich mit kleinem Pulſe; der Bauch
ſchwoll oͤfters auf, ſank aber jedesmal auf kalte Um-
ſchlaͤge. — Bey dieſen Umſtaͤnden fragte ich den
Freyherrn Störk um Rath; Er ſchlug mir Kly-
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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 588. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/607>, abgerufen am 24.11.2024.
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