derten, verstärkte ich; zu den Klystiren setzte ich wie- der Brechweinstein, und weil nichts wirkte, Extrac- tum Catholicum; allein der Bauch wurde nur aufge- trieben, gespannt; sie redete irre während einem un- ruhigen Schlummer; und erwartete zu allen Zeiten be- gierig den eilften Tag als die Zeit ihres Ablebens; sie dankte mir mit Entschlossenheit für meine Besorg- nissen; rieth mir alle fernere Mühe ab, weil sie ge- wiß wüßte, daß alles umsonst wäre, und versprach, jenseits für mich zu beten. Ich ließ ihr eiskalte Um- schläge auf den Bauch machen, die ihr anfänglich ei- ne höchst angenehme Empfindung erregten; nach dem 16ten Umschlag überfiel sie eine große Kälte. In der Nacht faselte sie, und zuckte mit den Armen und Fingern.
Den achten gegen zwölf Uhr bekam sie zwey geringe, gelbe, gelieferte, kleyenartige Stühle, die sie ins Bett ließ; Gegenwart des Geistes ohne Erin- nerung an das Vergangene. Sie verlangte saure Kir- schen, die sie mit Begierde aß, und trank etwas Wein. In der Nacht schlief sie anderthalb Stunden; faselte übrigens anhaltend, sprang aus dem Bette, und wollte in Garten.
Den 9ten Tag in der Frühe klagte sie über hef- tige Magenschmerzen, die sie zu öfterm Erbrechen reitzten; ihr Blick war trotzig, drohend, mit senkrech- ten Falten über der Nase zwischen den Augenbraunen; die Zunge trocken, unrein; hie und da machte sie die sonderbarsten Gebehrden mit den Lippen, klagte über Schmerzen im Halse, und knirschte inzwischen fürch-
terlich
derten, verſtaͤrkte ich; zu den Klyſtiren ſetzte ich wie- der Brechweinſtein, und weil nichts wirkte, Extrac- tum Catholicum; allein der Bauch wurde nur aufge- trieben, geſpannt; ſie redete irre waͤhrend einem un- ruhigen Schlummer; und erwartete zu allen Zeiten be- gierig den eilften Tag als die Zeit ihres Ablebens; ſie dankte mir mit Entſchloſſenheit fuͤr meine Beſorg- niſſen; rieth mir alle fernere Muͤhe ab, weil ſie ge- wiß wuͤßte, daß alles umſonſt waͤre, und verſprach, jenſeits fuͤr mich zu beten. Ich ließ ihr eiskalte Um- ſchlaͤge auf den Bauch machen, die ihr anfaͤnglich ei- ne hoͤchſt angenehme Empfindung erregten; nach dem 16ten Umſchlag uͤberfiel ſie eine große Kaͤlte. In der Nacht faſelte ſie, und zuckte mit den Armen und Fingern.
Den achten gegen zwoͤlf Uhr bekam ſie zwey geringe, gelbe, gelieferte, kleyenartige Stuͤhle, die ſie ins Bett ließ; Gegenwart des Geiſtes ohne Erin- nerung an das Vergangene. Sie verlangte ſaure Kir- ſchen, die ſie mit Begierde aß, und trank etwas Wein. In der Nacht ſchlief ſie anderthalb Stunden; faſelte uͤbrigens anhaltend, ſprang aus dem Bette, und wollte in Garten.
Den 9ten Tag in der Fruͤhe klagte ſie uͤber hef- tige Magenſchmerzen, die ſie zu oͤfterm Erbrechen reitzten; ihr Blick war trotzig, drohend, mit ſenkrech- ten Falten uͤber der Naſe zwiſchen den Augenbraunen; die Zunge trocken, unrein; hie und da machte ſie die ſonderbarſten Gebehrden mit den Lippen, klagte uͤber Schmerzen im Halſe, und knirſchte inzwiſchen fuͤrch-
terlich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0606"n="587"/>
derten, verſtaͤrkte ich; zu den Klyſtiren ſetzte ich wie-<lb/>
der Brechweinſtein, und weil nichts wirkte, <hirendition="#aq">Extrac-<lb/>
tum Catholicum;</hi> allein der Bauch wurde nur aufge-<lb/>
trieben, geſpannt; ſie redete irre waͤhrend einem un-<lb/>
ruhigen Schlummer; und erwartete zu allen Zeiten be-<lb/>
gierig den eilften Tag als die Zeit ihres Ablebens;<lb/>ſie dankte mir mit Entſchloſſenheit fuͤr meine Beſorg-<lb/>
niſſen; rieth mir alle fernere Muͤhe ab, weil ſie ge-<lb/>
wiß wuͤßte, daß alles umſonſt waͤre, und verſprach,<lb/>
jenſeits fuͤr mich zu beten. Ich ließ ihr eiskalte Um-<lb/>ſchlaͤge auf den Bauch machen, die ihr anfaͤnglich ei-<lb/>
ne hoͤchſt angenehme Empfindung erregten; nach dem<lb/>
16ten Umſchlag uͤberfiel ſie eine große Kaͤlte. In der<lb/>
Nacht faſelte ſie, und zuckte mit den Armen und<lb/>
Fingern.</p><lb/><p>Den achten gegen zwoͤlf Uhr bekam ſie zwey<lb/>
geringe, gelbe, gelieferte, kleyenartige Stuͤhle, die<lb/>ſie ins Bett ließ; Gegenwart des Geiſtes ohne Erin-<lb/>
nerung an das Vergangene. Sie verlangte ſaure Kir-<lb/>ſchen, die ſie mit Begierde aß, und trank etwas<lb/>
Wein. In der Nacht ſchlief ſie anderthalb Stunden;<lb/>
faſelte uͤbrigens anhaltend, ſprang aus dem Bette,<lb/>
und wollte in Garten.</p><lb/><p>Den 9ten Tag in der Fruͤhe klagte ſie uͤber hef-<lb/>
tige Magenſchmerzen, die ſie zu oͤfterm Erbrechen<lb/>
reitzten; ihr Blick war trotzig, drohend, mit ſenkrech-<lb/>
ten Falten uͤber der Naſe zwiſchen den Augenbraunen;<lb/>
die Zunge trocken, unrein; hie und da machte ſie die<lb/>ſonderbarſten Gebehrden mit den Lippen, klagte uͤber<lb/>
Schmerzen im Halſe, und knirſchte inzwiſchen fuͤrch-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">terlich</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[587/0606]
derten, verſtaͤrkte ich; zu den Klyſtiren ſetzte ich wie-
der Brechweinſtein, und weil nichts wirkte, Extrac-
tum Catholicum; allein der Bauch wurde nur aufge-
trieben, geſpannt; ſie redete irre waͤhrend einem un-
ruhigen Schlummer; und erwartete zu allen Zeiten be-
gierig den eilften Tag als die Zeit ihres Ablebens;
ſie dankte mir mit Entſchloſſenheit fuͤr meine Beſorg-
niſſen; rieth mir alle fernere Muͤhe ab, weil ſie ge-
wiß wuͤßte, daß alles umſonſt waͤre, und verſprach,
jenſeits fuͤr mich zu beten. Ich ließ ihr eiskalte Um-
ſchlaͤge auf den Bauch machen, die ihr anfaͤnglich ei-
ne hoͤchſt angenehme Empfindung erregten; nach dem
16ten Umſchlag uͤberfiel ſie eine große Kaͤlte. In der
Nacht faſelte ſie, und zuckte mit den Armen und
Fingern.
Den achten gegen zwoͤlf Uhr bekam ſie zwey
geringe, gelbe, gelieferte, kleyenartige Stuͤhle, die
ſie ins Bett ließ; Gegenwart des Geiſtes ohne Erin-
nerung an das Vergangene. Sie verlangte ſaure Kir-
ſchen, die ſie mit Begierde aß, und trank etwas
Wein. In der Nacht ſchlief ſie anderthalb Stunden;
faſelte uͤbrigens anhaltend, ſprang aus dem Bette,
und wollte in Garten.
Den 9ten Tag in der Fruͤhe klagte ſie uͤber hef-
tige Magenſchmerzen, die ſie zu oͤfterm Erbrechen
reitzten; ihr Blick war trotzig, drohend, mit ſenkrech-
ten Falten uͤber der Naſe zwiſchen den Augenbraunen;
die Zunge trocken, unrein; hie und da machte ſie die
ſonderbarſten Gebehrden mit den Lippen, klagte uͤber
Schmerzen im Halſe, und knirſchte inzwiſchen fuͤrch-
terlich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 587. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/606>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.