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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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berhafte Bewegungen u. s. w. Dieses mag auch
allermeist der Fall seyn. -- Meinen bisherigen Er-
fahrungen aber zu Folge entstehen daher weit öfter,
als man glaubt, ganz besondere, eigne Uebel, die
sich durch ihre eigne Zufälle, und durch die Heilart,
welche sie erfordern, von den übrigen Folgen der
Krankheitsursachen auszeichnen. Es ist unstreitig sehr
wichtig, daß man die Aerzte immer mehr aufmerk-
sam darauf mache, und ich bleibe hier mit meinen
Bemerkungen bey dieser Absicht stehen.

Nr. 1. Eine Frau, deren Mann durch den Ver-
lust seines Dienstes und seines Vermögens wahnsin-
nig im Tollhause starb, und seiner sonst ans Wohlle-
ben gewöhnten und höchst empfindsamen Wittwe sechs
unmündige Kinder hinterließ, fieng an, trost- und kraft-
los zu werden; sie klagte, wenn sie nicht zu verdrüßig
war, über innere Bangigkeiten, über Blödsinnigkeit
und Vergessenheit; sie fröstelte immer, und schlief
nur selten; ihr sanfter Karakter verhüllte alles das
unter der Maske einer gewöhnlichen Gemüthsangele-
genheit. So schleppte sie sich über zwey Monate bey
ihren Hausgeschäften herum. Endlich konnte sie vor
Schwere der Brust und vor Bangigkeit nimmer außer
Bette bleiben. Sie seufzte sehr oft, konnte aber nie
ganz tief einathmen; der Kopf schien etwas betäubt
zu seyn, und sie zeigte sich überhaupt zu gleichgültig;
die Gesichtszüge waren alle hangend, wovon ich ur-
theilte, daß die Entkräftung bey weitem den Schein
übertreffe. Da ich indessen von einer Anhäufung
des Blutes in der Lunge überzeugt war, so ließ ich

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berhafte Bewegungen u. ſ. w. Dieſes mag auch
allermeiſt der Fall ſeyn. — Meinen bisherigen Er-
fahrungen aber zu Folge entſtehen daher weit oͤfter,
als man glaubt, ganz beſondere, eigne Uebel, die
ſich durch ihre eigne Zufaͤlle, und durch die Heilart,
welche ſie erfordern, von den uͤbrigen Folgen der
Krankheitsurſachen auszeichnen. Es iſt unſtreitig ſehr
wichtig, daß man die Aerzte immer mehr aufmerk-
ſam darauf mache, und ich bleibe hier mit meinen
Bemerkungen bey dieſer Abſicht ſtehen.

Nr. 1. Eine Frau, deren Mann durch den Ver-
luſt ſeines Dienſtes und ſeines Vermoͤgens wahnſin-
nig im Tollhauſe ſtarb, und ſeiner ſonſt ans Wohlle-
ben gewoͤhnten und hoͤchſt empfindſamen Wittwe ſechs
unmuͤndige Kinder hinterließ, fieng an, troſt- und kraft-
los zu werden; ſie klagte, wenn ſie nicht zu verdruͤßig
war, uͤber innere Bangigkeiten, uͤber Bloͤdſinnigkeit
und Vergeſſenheit; ſie froͤſtelte immer, und ſchlief
nur ſelten; ihr ſanfter Karakter verhuͤllte alles das
unter der Maske einer gewoͤhnlichen Gemuͤthsangele-
genheit. So ſchleppte ſie ſich uͤber zwey Monate bey
ihren Hausgeſchaͤften herum. Endlich konnte ſie vor
Schwere der Bruſt und vor Bangigkeit nimmer außer
Bette bleiben. Sie ſeufzte ſehr oft, konnte aber nie
ganz tief einathmen; der Kopf ſchien etwas betaͤubt
zu ſeyn, und ſie zeigte ſich uͤberhaupt zu gleichguͤltig;
die Geſichtszuͤge waren alle hangend, wovon ich ur-
theilte, daß die Entkraͤftung bey weitem den Schein
uͤbertreffe. Da ich indeſſen von einer Anhaͤufung
des Blutes in der Lunge uͤberzeugt war, ſo ließ ich

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[576/0595] berhafte Bewegungen u. ſ. w. Dieſes mag auch allermeiſt der Fall ſeyn. — Meinen bisherigen Er- fahrungen aber zu Folge entſtehen daher weit oͤfter, als man glaubt, ganz beſondere, eigne Uebel, die ſich durch ihre eigne Zufaͤlle, und durch die Heilart, welche ſie erfordern, von den uͤbrigen Folgen der Krankheitsurſachen auszeichnen. Es iſt unſtreitig ſehr wichtig, daß man die Aerzte immer mehr aufmerk- ſam darauf mache, und ich bleibe hier mit meinen Bemerkungen bey dieſer Abſicht ſtehen. Nr. 1. Eine Frau, deren Mann durch den Ver- luſt ſeines Dienſtes und ſeines Vermoͤgens wahnſin- nig im Tollhauſe ſtarb, und ſeiner ſonſt ans Wohlle- ben gewoͤhnten und hoͤchſt empfindſamen Wittwe ſechs unmuͤndige Kinder hinterließ, fieng an, troſt- und kraft- los zu werden; ſie klagte, wenn ſie nicht zu verdruͤßig war, uͤber innere Bangigkeiten, uͤber Bloͤdſinnigkeit und Vergeſſenheit; ſie froͤſtelte immer, und ſchlief nur ſelten; ihr ſanfter Karakter verhuͤllte alles das unter der Maske einer gewoͤhnlichen Gemuͤthsangele- genheit. So ſchleppte ſie ſich uͤber zwey Monate bey ihren Hausgeſchaͤften herum. Endlich konnte ſie vor Schwere der Bruſt und vor Bangigkeit nimmer außer Bette bleiben. Sie ſeufzte ſehr oft, konnte aber nie ganz tief einathmen; der Kopf ſchien etwas betaͤubt zu ſeyn, und ſie zeigte ſich uͤberhaupt zu gleichguͤltig; die Geſichtszuͤge waren alle hangend, wovon ich ur- theilte, daß die Entkraͤftung bey weitem den Schein uͤbertreffe. Da ich indeſſen von einer Anhaͤufung des Blutes in der Lunge uͤberzeugt war, ſo ließ ich fuͤnf

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 576. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/595>, abgerufen am 24.11.2024.