fühl eines Gewichtes, einer Spannung, etwas Ver- stelltes im Gesichte u. s. w. sind hier die einzigen Er- kenntnißquellen, deren vollständige Erörterung ich eben- falls auf den 2 B. erspare. Bursery verbietet daher in allen Arten von entzündlichen Kopfschmerzen den Gebrauch des Mohnsaftes, aus Furcht, daß die Sinne dadurch betäubt, die Krankheit eingeschläfert, und der Arzt in Rücksicht ihrer Heftigkeit irre geführt werde. Daher gehen zuweilen in stumpfen Körpern die dem Anscheine nach gelindesten Entzündungen in Brand über; da hingegen bey sehr reizbaren, empfind- lichen Leuten die heftigsten entzündlichen Schmerzen nicht allemal so dringende Gefahr anzeigen.
Oft bleibt in einzelnen Theilen eine vollkomme- ne gesunde, zum wenigsten hinlängliche Reitzbarkeit übrig, ohne daß der Kranke das geringste Bewußt- seyn davon haben kann. So hat man Beyspiele, daß Frauenzimmer während einer Betäubung, einem hysterischen Anfalle, einem Scheintode geschwängert worden sind. Bey geschlachteten Thieren zucken die Muskeln des Halses und des innern Beckens noch ei- nige Stunden. Wie lange das Herz bey warmblü- thigen Thieren, und die Muskeln bey kaltblütigen reitzbar bleiben, ist bekannt. Ohne diese örtliche Reitzbarkeit wäre es schlechterdings unmöglich, daß Scheintode entweder von selbst oder durch Kunst wie- der zum Leben kämen. -- Manches hieher Gehörige ist im 1ten Kap. gesagt worden.
§. 91.
fuͤhl eines Gewichtes, einer Spannung, etwas Ver- ſtelltes im Geſichte u. ſ. w. ſind hier die einzigen Er- kenntnißquellen, deren vollſtaͤndige Eroͤrterung ich eben- falls auf den 2 B. erſpare. Burſery verbietet daher in allen Arten von entzuͤndlichen Kopfſchmerzen den Gebrauch des Mohnſaftes, aus Furcht, daß die Sinne dadurch betaͤubt, die Krankheit eingeſchlaͤfert, und der Arzt in Ruͤckſicht ihrer Heftigkeit irre gefuͤhrt werde. Daher gehen zuweilen in ſtumpfen Koͤrpern die dem Anſcheine nach gelindeſten Entzuͤndungen in Brand uͤber; da hingegen bey ſehr reizbaren, empfind- lichen Leuten die heftigſten entzuͤndlichen Schmerzen nicht allemal ſo dringende Gefahr anzeigen.
Oft bleibt in einzelnen Theilen eine vollkomme- ne geſunde, zum wenigſten hinlaͤngliche Reitzbarkeit uͤbrig, ohne daß der Kranke das geringſte Bewußt- ſeyn davon haben kann. So hat man Beyſpiele, daß Frauenzimmer waͤhrend einer Betaͤubung, einem hyſteriſchen Anfalle, einem Scheintode geſchwaͤngert worden ſind. Bey geſchlachteten Thieren zucken die Muskeln des Halſes und des innern Beckens noch ei- nige Stunden. Wie lange das Herz bey warmbluͤ- thigen Thieren, und die Muskeln bey kaltbluͤtigen reitzbar bleiben, iſt bekannt. Ohne dieſe oͤrtliche Reitzbarkeit waͤre es ſchlechterdings unmoͤglich, daß Scheintode entweder von ſelbſt oder durch Kunſt wie- der zum Leben kaͤmen. — Manches hieher Gehoͤrige iſt im 1ten Kap. geſagt worden.
§. 91.
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fuͤhl eines Gewichtes, einer Spannung, etwas Ver-
ſtelltes im Geſichte u. ſ. w. ſind hier die einzigen Er-
kenntnißquellen, deren vollſtaͤndige Eroͤrterung ich eben-
falls auf den 2 B. erſpare. Burſery verbietet daher
in allen Arten von entzuͤndlichen Kopfſchmerzen den
Gebrauch des Mohnſaftes, aus Furcht, daß die
Sinne dadurch betaͤubt, die Krankheit eingeſchlaͤfert,
und der Arzt in Ruͤckſicht ihrer Heftigkeit irre gefuͤhrt
werde. Daher gehen zuweilen in ſtumpfen Koͤrpern
die dem Anſcheine nach gelindeſten Entzuͤndungen in
Brand uͤber; da hingegen bey ſehr reizbaren, empfind-
lichen Leuten die heftigſten entzuͤndlichen Schmerzen
nicht allemal ſo dringende Gefahr anzeigen.
Oft bleibt in einzelnen Theilen eine vollkomme-
ne geſunde, zum wenigſten hinlaͤngliche Reitzbarkeit
uͤbrig, ohne daß der Kranke das geringſte Bewußt-
ſeyn davon haben kann. So hat man Beyſpiele,
daß Frauenzimmer waͤhrend einer Betaͤubung, einem
hyſteriſchen Anfalle, einem Scheintode geſchwaͤngert
worden ſind. Bey geſchlachteten Thieren zucken die
Muskeln des Halſes und des innern Beckens noch ei-
nige Stunden. Wie lange das Herz bey warmbluͤ-
thigen Thieren, und die Muskeln bey kaltbluͤtigen
reitzbar bleiben, iſt bekannt. Ohne dieſe oͤrtliche
Reitzbarkeit waͤre es ſchlechterdings unmoͤglich, daß
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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/578>, abgerufen am 24.11.2024.
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