des von dem Drucke oder der Unterbindung eines Nerven, von gehindertem Umlaufe der Säfte, sind ebenfalls Beyspiele einer sinnlichen Unterdrückung der Kräfte in einzelnen Theilen.
Mit dieser Art von Unterdrückung der Kräfte hat jene, welche von Ueberfüllung herkömmt, die nächste Aehnlichkeit. Diese Ueberfüllung möge nun in gutem oder verdorbenem Blute, oder in andern rei- nen und unreinen Flüßigkeiten bestehen, so ist der Arzt bey ihrer richtigen Beurtheilung sehr gefährlichen Täuschungen unterworfen, wovon ich einige der wich- tigsten hier anzeigen will.
§. 71.
Die wahre Vollblütigkeit (Plethora vera, ad molem) hat ihre Stufen, wovon gerade die höchste ganz von allem Ueberfluße an Blut entfernt zu seyn scheint. Begiebt sich ein sonst sehr thätiger, gesun- der Mann, der in den besten Jahren ist, zur Ruhe, nährt er sich mit guten Speisen u. s. w. so werden alle seine Theile einigermaßen gespannt und roth, be- sonders an hautlosen Stellen, als: in den Winkeln der Augen, an den Lippen, dem Munde, dem Gaumen, dem Zahnfleisch; die ganze Oberfläche bekömmt einen röthlichten Glanz, so daß sie durchscheinend zu seyn scheint. Weiche Körper sehen wohlgenährt roth, und dick aus, der Bauch ist glatt, voll, fett; in gespann- ten aber sind die größern Gefäße mehr ausgedehnt, die Blutadern schlaffer, als die Schlagadern, äußer- lich mehr sichtbar, übermäßig, strozend voll, besonders
in
des von dem Drucke oder der Unterbindung eines Nerven, von gehindertem Umlaufe der Saͤfte, ſind ebenfalls Beyſpiele einer ſinnlichen Unterdruͤckung der Kraͤfte in einzelnen Theilen.
Mit dieſer Art von Unterdruͤckung der Kraͤfte hat jene, welche von Ueberfuͤllung herkoͤmmt, die naͤchſte Aehnlichkeit. Dieſe Ueberfuͤllung moͤge nun in gutem oder verdorbenem Blute, oder in andern rei- nen und unreinen Fluͤßigkeiten beſtehen, ſo iſt der Arzt bey ihrer richtigen Beurtheilung ſehr gefaͤhrlichen Taͤuſchungen unterworfen, wovon ich einige der wich- tigſten hier anzeigen will.
§. 71.
Die wahre Vollbluͤtigkeit (Plethora vera, ad molem) hat ihre Stufen, wovon gerade die hoͤchſte ganz von allem Ueberfluße an Blut entfernt zu ſeyn ſcheint. Begiebt ſich ein ſonſt ſehr thaͤtiger, geſun- der Mann, der in den beſten Jahren iſt, zur Ruhe, naͤhrt er ſich mit guten Speiſen u. ſ. w. ſo werden alle ſeine Theile einigermaßen geſpannt und roth, be- ſonders an hautloſen Stellen, als: in den Winkeln der Augen, an den Lippen, dem Munde, dem Gaumen, dem Zahnfleiſch; die ganze Oberflaͤche bekoͤmmt einen roͤthlichten Glanz, ſo daß ſie durchſcheinend zu ſeyn ſcheint. Weiche Koͤrper ſehen wohlgenaͤhrt roth, und dick aus, der Bauch iſt glatt, voll, fett; in geſpann- ten aber ſind die groͤßern Gefaͤße mehr ausgedehnt, die Blutadern ſchlaffer, als die Schlagadern, aͤußer- lich mehr ſichtbar, uͤbermaͤßig, ſtrozend voll, beſonders
in
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0492"n="473"/>
des von dem Drucke oder der Unterbindung eines<lb/>
Nerven, von gehindertem Umlaufe der Saͤfte, ſind<lb/>
ebenfalls Beyſpiele einer ſinnlichen Unterdruͤckung der<lb/>
Kraͤfte in einzelnen Theilen.</p><lb/><p>Mit dieſer Art von Unterdruͤckung der Kraͤfte<lb/>
hat jene, welche von Ueberfuͤllung herkoͤmmt, die<lb/>
naͤchſte Aehnlichkeit. Dieſe Ueberfuͤllung moͤge nun<lb/>
in gutem oder verdorbenem Blute, oder in andern rei-<lb/>
nen und unreinen Fluͤßigkeiten beſtehen, ſo iſt der<lb/>
Arzt bey ihrer richtigen Beurtheilung ſehr gefaͤhrlichen<lb/>
Taͤuſchungen unterworfen, wovon ich einige der wich-<lb/>
tigſten hier anzeigen will.</p><lb/><divn="4"><head>§. 71.</head><lb/><p>Die wahre Vollbluͤtigkeit (<hirendition="#aq">Plethora vera, ad<lb/>
molem</hi>) hat ihre Stufen, wovon gerade die hoͤchſte<lb/>
ganz von allem Ueberfluße an Blut entfernt zu ſeyn<lb/>ſcheint. Begiebt ſich ein ſonſt ſehr thaͤtiger, geſun-<lb/>
der Mann, der in den beſten Jahren iſt, zur Ruhe,<lb/>
naͤhrt er ſich mit guten Speiſen u. ſ. w. ſo werden<lb/>
alle ſeine Theile einigermaßen geſpannt und roth, be-<lb/>ſonders an hautloſen Stellen, als: in den Winkeln der<lb/>
Augen, an den Lippen, dem Munde, dem Gaumen,<lb/>
dem Zahnfleiſch; die ganze Oberflaͤche bekoͤmmt einen<lb/>
roͤthlichten Glanz, ſo daß ſie durchſcheinend zu ſeyn<lb/>ſcheint. Weiche Koͤrper ſehen wohlgenaͤhrt roth, und<lb/>
dick aus, der Bauch iſt glatt, voll, fett; in geſpann-<lb/>
ten aber ſind die groͤßern Gefaͤße mehr ausgedehnt,<lb/>
die Blutadern ſchlaffer, als die Schlagadern, aͤußer-<lb/>
lich mehr ſichtbar, uͤbermaͤßig, ſtrozend voll, beſonders<lb/><fwplace="bottom"type="catch">in</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[473/0492]
des von dem Drucke oder der Unterbindung eines
Nerven, von gehindertem Umlaufe der Saͤfte, ſind
ebenfalls Beyſpiele einer ſinnlichen Unterdruͤckung der
Kraͤfte in einzelnen Theilen.
Mit dieſer Art von Unterdruͤckung der Kraͤfte
hat jene, welche von Ueberfuͤllung herkoͤmmt, die
naͤchſte Aehnlichkeit. Dieſe Ueberfuͤllung moͤge nun
in gutem oder verdorbenem Blute, oder in andern rei-
nen und unreinen Fluͤßigkeiten beſtehen, ſo iſt der
Arzt bey ihrer richtigen Beurtheilung ſehr gefaͤhrlichen
Taͤuſchungen unterworfen, wovon ich einige der wich-
tigſten hier anzeigen will.
§. 71.
Die wahre Vollbluͤtigkeit (Plethora vera, ad
molem) hat ihre Stufen, wovon gerade die hoͤchſte
ganz von allem Ueberfluße an Blut entfernt zu ſeyn
ſcheint. Begiebt ſich ein ſonſt ſehr thaͤtiger, geſun-
der Mann, der in den beſten Jahren iſt, zur Ruhe,
naͤhrt er ſich mit guten Speiſen u. ſ. w. ſo werden
alle ſeine Theile einigermaßen geſpannt und roth, be-
ſonders an hautloſen Stellen, als: in den Winkeln der
Augen, an den Lippen, dem Munde, dem Gaumen,
dem Zahnfleiſch; die ganze Oberflaͤche bekoͤmmt einen
roͤthlichten Glanz, ſo daß ſie durchſcheinend zu ſeyn
ſcheint. Weiche Koͤrper ſehen wohlgenaͤhrt roth, und
dick aus, der Bauch iſt glatt, voll, fett; in geſpann-
ten aber ſind die groͤßern Gefaͤße mehr ausgedehnt,
die Blutadern ſchlaffer, als die Schlagadern, aͤußer-
lich mehr ſichtbar, uͤbermaͤßig, ſtrozend voll, beſonders
in
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/492>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.