Aus diesen Bemerkungen wird es begreiflich, warum erschöpfte Männer und Wiedergenesende hie und da gerade in einer Handlung den Tod finden, welche die Natur zur Erquickung und Belebung be- stimmt hat; warum die gewaltsame Selbstbefleckung, auch ohne daß deßwegen die Ergießungen öfter wie- derholt werden, den Körper mehr zerrütten, als der Beyschlaf; warum heftige Umarmungen, auch ohne erfolgenden Verlust des Saamens, nicht selten eine eben so große Entkräftung verursachen; warum ge- wiße, widernatürliche, muthwillige Stellungen die Hinfälligkeit so sehr beschleunigen, u. s. w.
§. 69.
Der Arzt kann sich aber auch die Ermüdung der Kräfte als ein vortreffliches Hilfsmittel zu Nutzen machen: -- In allen Fallen nämlich, wo die Na- tur zu wirksam ist, und aus Uebermaaß der Lebens- kräfte nachtheilig werden könnte. So hat Sydenham beobachtet, daß in der Hirnwuth das Fieber nicht ehe aufhörte, bis man die Kranken den Tag durch au- ßer Bette hielt, obschon man sie im Bette noch so leicht zugedeckt hatte. -- Bey einem vollblütigen Jüng- ling, der sich schon durch schweißtreibende Mittel und geistige Getränke erhitzet hatte, und bey dem Jugend, Vollsaftigkeit, vorhergegangene Erhitzung, häufiges Erbrechen, grosse Mattigkeit und starke Schmerzen zusammenfließende Blattern vermuthen ließen, rieth er alsogleich den Aufenthalt ausser dem Bette, um das Fieber zu vermindern. Weil die aufrechte oder
sitzende
Aus dieſen Bemerkungen wird es begreiflich, warum erſchoͤpfte Maͤnner und Wiedergeneſende hie und da gerade in einer Handlung den Tod finden, welche die Natur zur Erquickung und Belebung be- ſtimmt hat; warum die gewaltſame Selbſtbefleckung, auch ohne daß deßwegen die Ergießungen oͤfter wie- derholt werden, den Koͤrper mehr zerruͤtten, als der Beyſchlaf; warum heftige Umarmungen, auch ohne erfolgenden Verluſt des Saamens, nicht ſelten eine eben ſo große Entkraͤftung verurſachen; warum ge- wiße, widernatuͤrliche, muthwillige Stellungen die Hinfaͤlligkeit ſo ſehr beſchleunigen, u. ſ. w.
§. 69.
Der Arzt kann ſich aber auch die Ermuͤdung der Kraͤfte als ein vortreffliches Hilfsmittel zu Nutzen machen: — In allen Fallen naͤmlich, wo die Na- tur zu wirkſam iſt, und aus Uebermaaß der Lebens- kraͤfte nachtheilig werden koͤnnte. So hat Sydenham beobachtet, daß in der Hirnwuth das Fieber nicht ehe aufhoͤrte, bis man die Kranken den Tag durch au- ßer Bette hielt, obſchon man ſie im Bette noch ſo leicht zugedeckt hatte. — Bey einem vollbluͤtigen Juͤng- ling, der ſich ſchon durch ſchweißtreibende Mittel und geiſtige Getraͤnke erhitzet hatte, und bey dem Jugend, Vollſaftigkeit, vorhergegangene Erhitzung, haͤufiges Erbrechen, groſſe Mattigkeit und ſtarke Schmerzen zuſammenfließende Blattern vermuthen ließen, rieth er alſogleich den Aufenthalt auſſer dem Bette, um das Fieber zu vermindern. Weil die aufrechte oder
ſitzende
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0489"n="470"/><p>Aus dieſen Bemerkungen wird es begreiflich,<lb/>
warum erſchoͤpfte Maͤnner und Wiedergeneſende hie<lb/>
und da gerade in einer Handlung den Tod finden,<lb/>
welche die Natur zur Erquickung und Belebung be-<lb/>ſtimmt hat; warum die gewaltſame Selbſtbefleckung,<lb/>
auch ohne daß deßwegen die Ergießungen oͤfter wie-<lb/>
derholt werden, den Koͤrper mehr zerruͤtten, als der<lb/>
Beyſchlaf; warum heftige Umarmungen, auch ohne<lb/>
erfolgenden Verluſt des Saamens, nicht ſelten eine<lb/>
eben ſo große Entkraͤftung verurſachen; warum ge-<lb/>
wiße, widernatuͤrliche, muthwillige Stellungen die<lb/>
Hinfaͤlligkeit ſo ſehr beſchleunigen, u. ſ. w.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 69.</head><lb/><p>Der Arzt kann ſich aber auch die Ermuͤdung<lb/>
der Kraͤfte als ein vortreffliches Hilfsmittel zu Nutzen<lb/>
machen: — In allen Fallen naͤmlich, wo die Na-<lb/>
tur zu wirkſam iſt, und aus Uebermaaß der Lebens-<lb/>
kraͤfte nachtheilig werden koͤnnte. So hat <hirendition="#fr">Sydenham</hi><lb/>
beobachtet, daß in der Hirnwuth das Fieber nicht ehe<lb/>
aufhoͤrte, bis man die Kranken den Tag durch au-<lb/>
ßer Bette hielt, obſchon man ſie im Bette noch ſo<lb/>
leicht zugedeckt hatte. — Bey einem vollbluͤtigen Juͤng-<lb/>
ling, der ſich ſchon durch ſchweißtreibende Mittel und<lb/>
geiſtige Getraͤnke erhitzet hatte, und bey dem Jugend,<lb/>
Vollſaftigkeit, vorhergegangene Erhitzung, haͤufiges<lb/>
Erbrechen, groſſe Mattigkeit und ſtarke Schmerzen<lb/>
zuſammenfließende Blattern vermuthen ließen, rieth<lb/>
er alſogleich den Aufenthalt auſſer dem Bette, um<lb/>
das Fieber zu vermindern. Weil die aufrechte oder<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſitzende</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[470/0489]
Aus dieſen Bemerkungen wird es begreiflich,
warum erſchoͤpfte Maͤnner und Wiedergeneſende hie
und da gerade in einer Handlung den Tod finden,
welche die Natur zur Erquickung und Belebung be-
ſtimmt hat; warum die gewaltſame Selbſtbefleckung,
auch ohne daß deßwegen die Ergießungen oͤfter wie-
derholt werden, den Koͤrper mehr zerruͤtten, als der
Beyſchlaf; warum heftige Umarmungen, auch ohne
erfolgenden Verluſt des Saamens, nicht ſelten eine
eben ſo große Entkraͤftung verurſachen; warum ge-
wiße, widernatuͤrliche, muthwillige Stellungen die
Hinfaͤlligkeit ſo ſehr beſchleunigen, u. ſ. w.
§. 69.
Der Arzt kann ſich aber auch die Ermuͤdung
der Kraͤfte als ein vortreffliches Hilfsmittel zu Nutzen
machen: — In allen Fallen naͤmlich, wo die Na-
tur zu wirkſam iſt, und aus Uebermaaß der Lebens-
kraͤfte nachtheilig werden koͤnnte. So hat Sydenham
beobachtet, daß in der Hirnwuth das Fieber nicht ehe
aufhoͤrte, bis man die Kranken den Tag durch au-
ßer Bette hielt, obſchon man ſie im Bette noch ſo
leicht zugedeckt hatte. — Bey einem vollbluͤtigen Juͤng-
ling, der ſich ſchon durch ſchweißtreibende Mittel und
geiſtige Getraͤnke erhitzet hatte, und bey dem Jugend,
Vollſaftigkeit, vorhergegangene Erhitzung, haͤufiges
Erbrechen, groſſe Mattigkeit und ſtarke Schmerzen
zuſammenfließende Blattern vermuthen ließen, rieth
er alſogleich den Aufenthalt auſſer dem Bette, um
das Fieber zu vermindern. Weil die aufrechte oder
ſitzende
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/489>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.