Natur vollkommen gesieget hat, durch die vom Mit- telpunkt der Lebenskraft entferntesten und zu den Aus- würfen ohnehin bestimmten Theile: durch den After, die Harnwege, die Speicheldrüsen, die Ausdünstungs- gefäße der Haut u. s. w.
Nach diesen heftigen Bewegungen und Auslee- rungen wird das Gleichgewicht unter den verschiedenen Kräften wieder hergestellt; anfänglich waren die Le- bensverrichtungen, und nachher die natürlichen ver- stärkt; nun aber sind sie über ihre gewöhnliche Thä- tigkeit herabgesetzt, mittlerweilen gehen die Ausleerun- gen in der gehörigen Ordnung fort, und die Wieder- genesung nimmt ihren Anfang.
Bey guten Umständen ist dieser Gang der Na- tur beynahe in allen Krankheiten ziemlich beständig und einförmig. Die unreinen Entzündungsfieber, die Gall- und Faulfieber, die bößartigen Fieber, die pestilentialischen Fieber, Nervenfieber und die Pest selbst haben ihre Entscheidungen. Man mag sagen, was man will, so kömmt es blos auf eine genaue Beobachtung der Zeitpunkte und der Ausleerungen an, um sich in allen davon zu überzeugen. Aber es kann keine Entscheidung ohne vorhergehende, der Natur der Krankheit eigne Bewegungen geschehen; und auf jede wird ebenfalls ein der Krankheit eigner Zustand von Ruhe und Entkräftung folgen. Beyde sind natürliche Zustände, die uns noch nicht genug bekannt sind; und doch lassen wir uns, durch unser Urtheil über dieselben, bestimmen, zu wirken, oder nicht zu wirken, und so oder anderst zu wirken.
Weil-
Natur vollkommen geſieget hat, durch die vom Mit- telpunkt der Lebenskraft entfernteſten und zu den Aus- wuͤrfen ohnehin beſtimmten Theile: durch den After, die Harnwege, die Speicheldruͤſen, die Ausduͤnſtungs- gefaͤße der Haut u. ſ. w.
Nach dieſen heftigen Bewegungen und Auslee- rungen wird das Gleichgewicht unter den verſchiedenen Kraͤften wieder hergeſtellt; anfaͤnglich waren die Le- bensverrichtungen, und nachher die natuͤrlichen ver- ſtaͤrkt; nun aber ſind ſie uͤber ihre gewoͤhnliche Thaͤ- tigkeit herabgeſetzt, mittlerweilen gehen die Ausleerun- gen in der gehoͤrigen Ordnung fort, und die Wieder- geneſung nimmt ihren Anfang.
Bey guten Umſtaͤnden iſt dieſer Gang der Na- tur beynahe in allen Krankheiten ziemlich beſtaͤndig und einfoͤrmig. Die unreinen Entzuͤndungsfieber, die Gall- und Faulfieber, die boͤßartigen Fieber, die peſtilentialiſchen Fieber, Nervenfieber und die Peſt ſelbſt haben ihre Entſcheidungen. Man mag ſagen, was man will, ſo koͤmmt es blos auf eine genaue Beobachtung der Zeitpunkte und der Ausleerungen an, um ſich in allen davon zu uͤberzeugen. Aber es kann keine Entſcheidung ohne vorhergehende, der Natur der Krankheit eigne Bewegungen geſchehen; und auf jede wird ebenfalls ein der Krankheit eigner Zuſtand von Ruhe und Entkraͤftung folgen. Beyde ſind natuͤrliche Zuſtaͤnde, die uns noch nicht genug bekannt ſind; und doch laſſen wir uns, durch unſer Urtheil uͤber dieſelben, beſtimmen, zu wirken, oder nicht zu wirken, und ſo oder anderſt zu wirken.
Weil-
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Natur vollkommen geſieget hat, durch die vom Mit-
telpunkt der Lebenskraft entfernteſten und zu den Aus-
wuͤrfen ohnehin beſtimmten Theile: durch den After,
die Harnwege, die Speicheldruͤſen, die Ausduͤnſtungs-
gefaͤße der Haut u. ſ. w.
Nach dieſen heftigen Bewegungen und Auslee-
rungen wird das Gleichgewicht unter den verſchiedenen
Kraͤften wieder hergeſtellt; anfaͤnglich waren die Le-
bensverrichtungen, und nachher die natuͤrlichen ver-
ſtaͤrkt; nun aber ſind ſie uͤber ihre gewoͤhnliche Thaͤ-
tigkeit herabgeſetzt, mittlerweilen gehen die Ausleerun-
gen in der gehoͤrigen Ordnung fort, und die Wieder-
geneſung nimmt ihren Anfang.
Bey guten Umſtaͤnden iſt dieſer Gang der Na-
tur beynahe in allen Krankheiten ziemlich beſtaͤndig
und einfoͤrmig. Die unreinen Entzuͤndungsfieber, die
Gall- und Faulfieber, die boͤßartigen Fieber, die
peſtilentialiſchen Fieber, Nervenfieber und die Peſt
ſelbſt haben ihre Entſcheidungen. Man mag ſagen,
was man will, ſo koͤmmt es blos auf eine genaue
Beobachtung der Zeitpunkte und der Ausleerungen an,
um ſich in allen davon zu uͤberzeugen. Aber es kann
keine Entſcheidung ohne vorhergehende, der Natur der
Krankheit eigne Bewegungen geſchehen; und auf jede
wird ebenfalls ein der Krankheit eigner Zuſtand von
Ruhe und Entkraͤftung folgen. Beyde ſind natuͤrliche
Zuſtaͤnde, die uns noch nicht genug bekannt ſind; und
doch laſſen wir uns, durch unſer Urtheil uͤber dieſelben,
beſtimmen, zu wirken, oder nicht zu wirken, und ſo
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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/458>, abgerufen am 22.11.2024.
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