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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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richtete die Kranke wieder ihre gewöhnlichen Hausge-
schäfte.

Jakob Mühlbauer, ein gesunder, starker
Mann von 25 Jahren aß auf die Nacht viel Schwei-
nenfleisch. Den andern Tag zu Ende des Hornung
1791 in der Frühe um halb neun Uhr überfiel ihn
in der Kirche ein heftiger Schauer. Er konnte sei-
ne Wohnung nimmer erreichen, und blieb bey seinem
Schwager, der in der nähe wohnte. Er fieng also-
gleich an, sich heftig zu erbrechen, wobey er eine grü-
ne Galle in grosser Menge ausbrach. Alles was er
nahm, brach er heraus. Dabey klagte er über hefti-
ge Schmerzen im Kreuze und in der Herzgrube. Der
Puls war voll und weich; die Zunge unrein, weiß-
licht. Ich hielt mich an erweichende, verdünnende
Arzneyen, weil ich zweifelte, ob diese Zufälle blos
Folge der Unverdaulichkeit, oder etwan mit unter
die Vorläufer der jezt hie und da vorkommenden ka-
tharrhalischen Lungenentzündung wären.

Den zweyten Tag in der Frühe hatte er noch
heftigere Schmerzen ober der Magengegend gegen die
rechte Seite unter dem Brustbein, nebst einem sehr
lästigen Drücken. Jetzt war die Zunge ganz weiß,
der Puls hart. Ich ließ acht Unzen Blut weg, wel-
ches nur in einer Schaale eine entzündliche Haut hat-
te. Erleichterung. Gegen Abend schien mir der Schmerz
noch zu heftig, deßwegen ließ ich noch zehn Unzen
Blut ab. Mehr Erleichterung, mit völligem Aufhö-
ren des Erbrechens, und besserm Athmen; der Puls
noch stark, voll, aber minder hart. Die Nacht er-

träg-

richtete die Kranke wieder ihre gewoͤhnlichen Hausge-
ſchaͤfte.

Jakob Mühlbauer, ein geſunder, ſtarker
Mann von 25 Jahren aß auf die Nacht viel Schwei-
nenfleiſch. Den andern Tag zu Ende des Hornung
1791 in der Fruͤhe um halb neun Uhr uͤberfiel ihn
in der Kirche ein heftiger Schauer. Er konnte ſei-
ne Wohnung nimmer erreichen, und blieb bey ſeinem
Schwager, der in der naͤhe wohnte. Er fieng alſo-
gleich an, ſich heftig zu erbrechen, wobey er eine gruͤ-
ne Galle in groſſer Menge ausbrach. Alles was er
nahm, brach er heraus. Dabey klagte er uͤber hefti-
ge Schmerzen im Kreuze und in der Herzgrube. Der
Puls war voll und weich; die Zunge unrein, weiß-
licht. Ich hielt mich an erweichende, verduͤnnende
Arzneyen, weil ich zweifelte, ob dieſe Zufaͤlle blos
Folge der Unverdaulichkeit, oder etwan mit unter
die Vorlaͤufer der jezt hie und da vorkommenden ka-
tharrhaliſchen Lungenentzuͤndung waͤren.

Den zweyten Tag in der Fruͤhe hatte er noch
heftigere Schmerzen ober der Magengegend gegen die
rechte Seite unter dem Bruſtbein, nebſt einem ſehr
laͤſtigen Druͤcken. Jetzt war die Zunge ganz weiß,
der Puls hart. Ich ließ acht Unzen Blut weg, wel-
ches nur in einer Schaale eine entzuͤndliche Haut hat-
te. Erleichterung. Gegen Abend ſchien mir der Schmerz
noch zu heftig, deßwegen ließ ich noch zehn Unzen
Blut ab. Mehr Erleichterung, mit voͤlligem Aufhoͤ-
ren des Erbrechens, und beſſerm Athmen; der Puls
noch ſtark, voll, aber minder hart. Die Nacht er-

traͤg-
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[373/0392] richtete die Kranke wieder ihre gewoͤhnlichen Hausge- ſchaͤfte. Jakob Mühlbauer, ein geſunder, ſtarker Mann von 25 Jahren aß auf die Nacht viel Schwei- nenfleiſch. Den andern Tag zu Ende des Hornung 1791 in der Fruͤhe um halb neun Uhr uͤberfiel ihn in der Kirche ein heftiger Schauer. Er konnte ſei- ne Wohnung nimmer erreichen, und blieb bey ſeinem Schwager, der in der naͤhe wohnte. Er fieng alſo- gleich an, ſich heftig zu erbrechen, wobey er eine gruͤ- ne Galle in groſſer Menge ausbrach. Alles was er nahm, brach er heraus. Dabey klagte er uͤber hefti- ge Schmerzen im Kreuze und in der Herzgrube. Der Puls war voll und weich; die Zunge unrein, weiß- licht. Ich hielt mich an erweichende, verduͤnnende Arzneyen, weil ich zweifelte, ob dieſe Zufaͤlle blos Folge der Unverdaulichkeit, oder etwan mit unter die Vorlaͤufer der jezt hie und da vorkommenden ka- tharrhaliſchen Lungenentzuͤndung waͤren. Den zweyten Tag in der Fruͤhe hatte er noch heftigere Schmerzen ober der Magengegend gegen die rechte Seite unter dem Bruſtbein, nebſt einem ſehr laͤſtigen Druͤcken. Jetzt war die Zunge ganz weiß, der Puls hart. Ich ließ acht Unzen Blut weg, wel- ches nur in einer Schaale eine entzuͤndliche Haut hat- te. Erleichterung. Gegen Abend ſchien mir der Schmerz noch zu heftig, deßwegen ließ ich noch zehn Unzen Blut ab. Mehr Erleichterung, mit voͤlligem Aufhoͤ- ren des Erbrechens, und beſſerm Athmen; der Puls noch ſtark, voll, aber minder hart. Die Nacht er- traͤg-

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/392>, abgerufen am 23.11.2024.