Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

wegzugleiten pflegt, so aufmerksam sind große Aerzte
zu allen Zeiten darauf gewesen.

Hippokrates setzt alles Vertrauen auf einen
gesunden, kraftvollen Körper; und mißräthet einem
solchen alle Maßregeln der Lebensordnung. Wer ge-
sund und bey Kräften ist, sagt er, mache keinen Un-
terschied, esse und trinke allemal das, was er findet.
Den Kranken aber und Schwächlichen schreibt er Ge-
setze vor.

Galenus hat den Aerzten anempfohlen, zwey
Hauptdinge nie aus den Augen zu lassen, nämlich:
Die Krankheit selbst, und die Kräfte des Kranken.
Er hielt den Mangel an Kräften für das wichtigste
Vorherkündigungszeichen des üblen Ausganges eines
hitzigen Fiebers, besonders wenn die Krankheit sehr
heftig und bösartig war, und schnell verlief.

Friedrich Hoffmann sagt: Wenn je eine Lehre
in der Heilkunde eine vollständige Berichtigung ver-
dient, so ist es gewiß jene von den Kräften und
Grundursachen des menschlichen Körpers; denn alles
Vermögen der Natur, wodurch die Verrichtungen
der Seele und des Körpers erhalten, die Krankhei-
ten abgewendet und geheilet, ja selbst der Tod zurück-
gewiesen werden, gründet sich einzig auf die Kräfte
welche ihre Wirksamkeit durch ein bestimmtes, und je-
desmal dem Zwecke angemessenes Maaß von Bewe-
gungen äußern.*)

Van Swieten begreift unter den Kräften al-
les das, was in einem kranken Menschen von der Ge-

sund-
*) Systema med. ration. T. VII. de Virium lapsu p. 241.

wegzugleiten pflegt, ſo aufmerkſam ſind große Aerzte
zu allen Zeiten darauf geweſen.

Hippokrates ſetzt alles Vertrauen auf einen
geſunden, kraftvollen Koͤrper; und mißraͤthet einem
ſolchen alle Maßregeln der Lebensordnung. Wer ge-
ſund und bey Kraͤften iſt, ſagt er, mache keinen Un-
terſchied, eſſe und trinke allemal das, was er findet.
Den Kranken aber und Schwaͤchlichen ſchreibt er Ge-
ſetze vor.

Galenus hat den Aerzten anempfohlen, zwey
Hauptdinge nie aus den Augen zu laſſen, naͤmlich:
Die Krankheit ſelbſt, und die Kraͤfte des Kranken.
Er hielt den Mangel an Kraͤften fuͤr das wichtigſte
Vorherkuͤndigungszeichen des uͤblen Ausganges eines
hitzigen Fiebers, beſonders wenn die Krankheit ſehr
heftig und boͤsartig war, und ſchnell verlief.

Friedrich Hoffmann ſagt: Wenn je eine Lehre
in der Heilkunde eine vollſtaͤndige Berichtigung ver-
dient, ſo iſt es gewiß jene von den Kraͤften und
Grundurſachen des menſchlichen Koͤrpers; denn alles
Vermoͤgen der Natur, wodurch die Verrichtungen
der Seele und des Koͤrpers erhalten, die Krankhei-
ten abgewendet und geheilet, ja ſelbſt der Tod zuruͤck-
gewieſen werden, gruͤndet ſich einzig auf die Kraͤfte
welche ihre Wirkſamkeit durch ein beſtimmtes, und je-
desmal dem Zwecke angemeſſenes Maaß von Bewe-
gungen aͤußern.*)

Van Swieten begreift unter den Kraͤften al-
les das, was in einem kranken Menſchen von der Ge-

ſund-
*) Syſtema med. ration. T. VII. de Virium lapſu p. 241.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0361" n="342"/>
wegzugleiten pflegt, &#x017F;o aufmerk&#x017F;am &#x017F;ind große Aerzte<lb/>
zu allen Zeiten darauf gewe&#x017F;en.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Hippokrates</hi> &#x017F;etzt alles Vertrauen auf einen<lb/>
ge&#x017F;unden, kraftvollen Ko&#x0364;rper; und mißra&#x0364;thet einem<lb/>
&#x017F;olchen alle Maßregeln der Lebensordnung. Wer ge-<lb/>
&#x017F;und und bey Kra&#x0364;ften i&#x017F;t, &#x017F;agt er, mache keinen Un-<lb/>
ter&#x017F;chied, e&#x017F;&#x017F;e und trinke allemal das, was er findet.<lb/>
Den Kranken aber und Schwa&#x0364;chlichen &#x017F;chreibt er Ge-<lb/>
&#x017F;etze vor.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Galenus</hi> hat den Aerzten anempfohlen, zwey<lb/>
Hauptdinge nie aus den Augen zu la&#x017F;&#x017F;en, na&#x0364;mlich:<lb/>
Die Krankheit &#x017F;elb&#x017F;t, und die Kra&#x0364;fte des Kranken.<lb/>
Er hielt den Mangel an Kra&#x0364;ften fu&#x0364;r das wichtig&#x017F;te<lb/>
Vorherku&#x0364;ndigungszeichen des u&#x0364;blen Ausganges eines<lb/>
hitzigen Fiebers, be&#x017F;onders wenn die Krankheit &#x017F;ehr<lb/>
heftig und bo&#x0364;sartig war, und &#x017F;chnell verlief.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Friedrich Hoffmann</hi> &#x017F;agt: Wenn je eine Lehre<lb/>
in der Heilkunde eine voll&#x017F;ta&#x0364;ndige Berichtigung ver-<lb/>
dient, &#x017F;o i&#x017F;t es gewiß jene von den Kra&#x0364;ften und<lb/>
Grundur&#x017F;achen des men&#x017F;chlichen Ko&#x0364;rpers; denn alles<lb/>
Vermo&#x0364;gen der Natur, wodurch die Verrichtungen<lb/>
der Seele und des Ko&#x0364;rpers erhalten, die Krankhei-<lb/>
ten abgewendet und geheilet, ja &#x017F;elb&#x017F;t der Tod zuru&#x0364;ck-<lb/>
gewie&#x017F;en werden, gru&#x0364;ndet &#x017F;ich einzig auf die Kra&#x0364;fte<lb/>
welche ihre Wirk&#x017F;amkeit durch ein be&#x017F;timmtes, und je-<lb/>
desmal dem Zwecke angeme&#x017F;&#x017F;enes Maaß von Bewe-<lb/>
gungen a&#x0364;ußern.<note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Sy&#x017F;tema med. ration. T. VII. de Virium lap&#x017F;u p.</hi> 241.</note></p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Van Swieten</hi> begreift unter den Kra&#x0364;ften al-<lb/>
les das, was in einem kranken Men&#x017F;chen von der Ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;und-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[342/0361] wegzugleiten pflegt, ſo aufmerkſam ſind große Aerzte zu allen Zeiten darauf geweſen. Hippokrates ſetzt alles Vertrauen auf einen geſunden, kraftvollen Koͤrper; und mißraͤthet einem ſolchen alle Maßregeln der Lebensordnung. Wer ge- ſund und bey Kraͤften iſt, ſagt er, mache keinen Un- terſchied, eſſe und trinke allemal das, was er findet. Den Kranken aber und Schwaͤchlichen ſchreibt er Ge- ſetze vor. Galenus hat den Aerzten anempfohlen, zwey Hauptdinge nie aus den Augen zu laſſen, naͤmlich: Die Krankheit ſelbſt, und die Kraͤfte des Kranken. Er hielt den Mangel an Kraͤften fuͤr das wichtigſte Vorherkuͤndigungszeichen des uͤblen Ausganges eines hitzigen Fiebers, beſonders wenn die Krankheit ſehr heftig und boͤsartig war, und ſchnell verlief. Friedrich Hoffmann ſagt: Wenn je eine Lehre in der Heilkunde eine vollſtaͤndige Berichtigung ver- dient, ſo iſt es gewiß jene von den Kraͤften und Grundurſachen des menſchlichen Koͤrpers; denn alles Vermoͤgen der Natur, wodurch die Verrichtungen der Seele und des Koͤrpers erhalten, die Krankhei- ten abgewendet und geheilet, ja ſelbſt der Tod zuruͤck- gewieſen werden, gruͤndet ſich einzig auf die Kraͤfte welche ihre Wirkſamkeit durch ein beſtimmtes, und je- desmal dem Zwecke angemeſſenes Maaß von Bewe- gungen aͤußern. *) Van Swieten begreift unter den Kraͤften al- les das, was in einem kranken Menſchen von der Ge- ſund- *) Syſtema med. ration. T. VII. de Virium lapſu p. 241.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Band von Franz Joseph Galls "Philosophi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/361
Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/361>, abgerufen am 24.11.2024.